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6. Die englische Ärztin

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Bei mir zeigte sich die „Präzession“ (siehe oben) so:

Kurz nach der denkwürdigen Begegnung mit Tulip in Melbourne bekam ich meinen Traumjob. (Tulip sei Dank!) Das war ein Arbeitsplatz, für den man – so sagt man bei uns – seinen linken Arm opfern würde. (Oder, falls Sie Linkshänder sind, … ach, vergessen Sie’s!)

Künstlerischer Direktor für Grafik bei GTV9, Australiens bedeutendstem privaten Fernsehsender.

Das waren noch Zeiten … Schwarz-Weiß-Tage in mehrfacher Hinsicht. Alles war neu. Das war lange, bevor der alles verschlingende Kommerz überall maßgebend wurde. Wir hatten im Wesentlichen völlige Freiheit und machten, was uns gerade einfiel.

Wir schürften in unserer eigenen Diamantenmine und schöpften aus dem Vollen.

Ich kann das sogar an einem genauen Datum festmachen, denn ich war an der Sendung zur ersten Mondlandung mit Neil Armstrongs Mondspaziergang beteiligt. Unsere Abteilung war, ebenso wie die Techniker, monatelang mit den Vorbereitungen beschäftigt.

Wegen der Position des Mondes zum Zeitpunkt der historischen Mondbegehung wurde – was kaum bekannt ist – die gesamte Mondübertragung von GTV9 in Melbourne aufgenommen und von dort nach Houston/Texas und in die ganze Welt übermittelt.

Sie können sicher sein, dass ich im Kontrollraum war, als dieses Ereignis geschah. Damit gehörte ich für ein paar Mikrosekunden lang zu den allerersten vier Menschen weltweit, die den Mann auf dem Mond sahen!!

Beim Fernsehen zu sein gab mir mehr, als ich mir je hätte träumen lassen. Es bot mir die Gelegenheit, eine ungewöhnliche englische Ärztin kennenzulernen, die ein Kollege damals interviewte.

Dr. Nell Holmes war nicht irgendeine Ärztin. Sie hatte im Vereinigten Königreich durch ihre natürliche Fähigkeit, Menschen zu heilen, und durch ihre Erfolge bei hartnäckigen Patienten Neid und Misstrauen ihrer Kollegen auf sich gezogen. Es blieb ihr kaum etwas anderes übrig, als zur Rechtfertigung eine Ausbildung in geistigem Heilen (in Verbindung mit Numerologie) anzugehen; und das wiederum stellte ihre eigene Welt im wahrsten Sinn des Wortes auf den Kopf, als sie einen Ruf nach Tasmanien annahm und dort Vorlesungen über ihre Arbeit hielt.

Der Empfang war, glaube ich, überwältigend. Jedenfalls beschloss sie, sich in Melbourne anzusiedeln, und wohnte in einer gepflegten Nachbarschaft, umgeben von Wildblumen und gebildeten Menschen.

Mit meiner Frau Dinah und meinen beiden Kindern machten wir gerne Ausflüge zu ihrer „Ranch“ und verbrachten gemeinsam einen netten Sonntagnachmittag.

Doch kein einziges Mal erwähnten wir, dass mein sechsjähriger Sohn Craig seit seiner Geburt auf dem linken Auge blind war. Verschiedene Ärzte hatten uns gesagt, dass diese Fehlsichtigkeit aufgrund fehlender Nervenenden nie korrigiert werden könne.

Es war ja nicht so, dass wir gar nicht daran dachten, doch um im Alltag zu bestehen, muss man eine solche Diagnose zu einem gewissen Grad verdrängen. Aus irgendeinem Grund, der mir nie ganz klar war, fragte ich an einem sonnigen Tag, nachdem Nell Plätzchen und englischen Tee serviert hatte: „Kannst du dir mal Craigs Auge anschauen?“

Noch während ich dies schreibe, habe ich ihr seltsames leises Lächeln vor Augen. Als hätte sie uns die ganze Zeit die Schokolade vorenthalten. „Ich kann nur helfen, wenn jemand um Hilfe bittet“, erklärte sie.

Draußen zirpten die Zikaden und ein paar Kängurus hüpften am offenen Fenster vorbei, während Nell mit zwei Fingern irgendeine Stelle an Craigs Hinterkopf rieb. „Ah“, meinte sie, „da ist es ja.“

Einen Augenblick war Pause, dann wandten wir uns wieder unserer Unterhaltung, dem Tee und den Keksen zu.

Am nächsten Morgen kam Craig zu uns ins Bett geklettert. „Mama, Papa“, sagte er, „ich sehe mit diesem Auge!“

Ist das etwa ein Wunder oder was sonst?

Er konnte nun mit seinem „blinden“ Auge Umrisse und Farben sehen. Wir waren überwältigt und überglücklich. Das einzig Beunruhigende an der Sache war, dass Nell, nachdem sie Craig geholfen hatte, sich zu mir wandte und sagte: „Du kannst das auch. Irgendwann wirst du so etwas machen.“

Ich möchte in aller Deutlichkeit klarstellen, dass ich mir das absolut nicht hätte vorstellen können; unter keinen Umständen.

Es war in Ordnung, dass eine fertige Ärztin mit jahrelanger Ausbildung und Erfahrung in Medizin und geistigem Heilen das machte. Aber ich? Ausgerechnet ich! Ich hatte niemals mit jemand zu tun, der sich auch nur den Knöchel verstaucht hatte, geschweige denn ernstlich krank war.

Damals galt es schon als sehr fortschrittlich, wenn man diese Art des Heilens auch nur in Erwägung zog. Für uns waren die Besuche bei Nell so ziemlich das Äußerste, wozu wir bereit waren. Rückblickend hat mich das Universum bei manchen Gelegenheiten mit manchem Rückwärtssalto verblüfft, aber es hatte mich nie so unmittelbar mit einer so ungeheuerlichen Idee konfrontiert.

Nun war es geschehen.

Heute, dreißig Jahre danach, sitze ich hier in Deutschland und schreibe dieses Buch (die erste Fassung); dabei bin ich mir sehr wohl bewusst, welche Auswirkungen Nell in meinem Leben anstieß. Sie wusste einfach, dass jede und jeder so etwas kann! Dafür ist kein Guru-Trip notwendig! Nicht nötig, ein Aussteiger zu werden! Es braucht nichts weiter als eine gute Tasse Tee, ein sonniges Zimmer und die Bereitschaft, anderen zu dienen.

Danke, Nell, … wo immer du bist …, hier ist ein „Schüler“, der dir auf ewig dankbar ist.

Loslassen ... und heilen

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