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§ 8. Die Untersuchung über die Umarmungen.

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Oder hat jemand erwartet, dass es gleich zur Sache geht? Umarmungen sind auch Vorspiel.

Einen Bestandteil der geschlechtlichen Vereinigung nennt man die vierundsechzig Dinge, indem sie in vierundsechzig Paragraphen abgehandelt werden.

Dieses Lehrbuch eben sind die vierundsechzig, sagen die Lehrer.

Da die Künste an Zahl vierundsechzig betragen und einen Teil der geschlechtlichen Vereinigung bilden, heiß die Summe der Künste »die Vierundsechzig«, indem die in zehn Abschnitte zerfallenden Gesänge des Ṛgveda auch danach genannt sind und hier auch ein Zusammenhang mit diesem Worte stattfindet. Wegen des Zusammenhanges mit Pāñcāla ist jene Bezeichnung ehrenhalber von den Kennern des Ṛgveda angewendet worden. So sagen einige.

So viel Text für die 64 … wird wieder eine spannende Rechnung. Die stammte offenbar von Yaśodhara, der eine Affinität zu 64 zu haben schien, dazu kommen wir noch in - nein, nicht §64, sondern - §59.

Infolge der achtfachen Verschiedenheit der Kombination der acht Umarmungen, Küsse, Nägelmale, Bißwunden, Beilager, sīt-Machen, umgekehrter Liebesgenuß und Mund-Koitus ergeben sich acht Achter, also vierundsechzig, sagen die Bābhravyās.

Da es sich zeigt, daß von den acht verschiedenen Gruppen die einen zu wenig und die anderen zu viel Teile haben und hier noch andere Gruppen, wie Schläge, Ausrufungen, Liebesgenuß nach Art des Mannes, merkwürdiger Koitus usw. vorgebracht werden, so ist das nur eine sprichwörtliche Redensart, wie man z.B. von dem Baume Siebenblatt und von der fünffarbigen Spende spricht. So Vātsyāyana.

Also doch nicht 64, das ist wie bei den 'crazy 88' in Kill Bill - oder dem Tausendfüßler ...

Da gibt es für zwei, die noch nicht vereint sind, um die Zeichen der Liebe auszudrücken, eine Vierzahl der Umarmungen: die berührende, die durchbohrende, die reibende und die pressende.

Überall wird schon durch das Eigenschaftswort die Art der Ausführung angedeutet.

Na, zumindest für die durchbohrende ist doch zu hoffen, dass das Adjektiv nicht wörtlich zu nehmen ist.

Wenn die zu Umwerbende in die Nähe gekommen ist und er, unter einem anderen Vorwande, herantritt, so daß ein Leib den anderen berührt, so ist das die berührende Umarmung.

Den zu Umwerbenden, am einsamen Orte Stehenden oder Sitzenden, soll sie mit dem Busen stoßen, indem sie etwas holt; und der Liebhaber soll sie unter Drücken festhalten: das ist die durchbohrende Umarmung.

Puh, Glück gehabt, der Kerl soll nur ihre Nippel spüren - man sollte erwähnen, dass das beengende Korsett um 1500 und der unterdrückende BH erst Ende des 19. Jahrhunderts erfunden wurde.

Das Beides findet statt, wenn die Liebenden noch nicht recht haben zusammen reden können.

Wenn beide in der Dunkelheit, in einem Menschengedränge oder in der Einsamkeit langsam dahinschreiten und ihre Körper nicht allzu kurze Zeit aneinander reiben, so ist das die reibende Umarmung.

Eben diese wird zur pressenden Umarmung, wenn man dabei außerordentlich mit der Klammer einer Mauer oder einer Säule gepreßt wird.

Diese beiden (finden statt) bei (Liebenden), die ihre beiderseitigen Gedanken schon kennen.

Das Lianenumschlingen, das Baumbesteigen, Sesam und Reis und Milch und Wasser: das sind die vier (Umarmungen) zur Zeit der fleischlichen Vereinigung.

Hats also schon geschnackelt bei den Beiden. Aber geredet haben sie noch nicht miteinander.


Wie eine Liane den Sāla-Baum (umschlingt, so) soll (die Frau den Mann) umschlingen und das Gesicht herabbeugen, um ihn zu küssen; oder, nachdem sie es unter leisem sīt-Machen emporgerichtet hat, soll sie, bei ihm ruhend, ihn eine Weile hold ansehen. – Das ist (die Umarmung) »Lianenumschlingen«.

Das sīt-Machen wird noch öfter vorkommen. Es meint ein Seuzfen. Vielmehr fragt man sich, wenn die Frau kleiner als der Mann ist, wie sie ihn mit gebeugtem Kopf küssen soll. Gemeint ist eher, den Kopf zur Seite zu neigen, damit sie sich mit ihren Lippen seinen nähern kann - man beachte, dass sie ihn küsst, wer hätte das gedacht.

Wenn sie den einen Fuß auf den Fuß (des Liebhabers) und den zweiten auf die Schenkelgegend desselben setzt oder ihn damit umschlingt, wobei sie den einen Arm auf seinen Rücken legt und mit dem andern seine Schulter herunterbeugt und unter ein wenig leisem sīt-Machen und Girren hinaufzuklettern wünscht, um einen Kuß zu holen, so ist das (die Umarmung) »Baumbesteigen«.

Das Beides ist eine Tätigkeit im Stehen.

Hier haben wir die erste Stellung - und das ist nur eine Umarmung, die noch dazu von der Frau initiiert wird.

Auf dem Lager befindlich sollen beide sich fest umschlingen unter Abwechslung der Beine und Arme, gleichsam im Wettstreit. Das ist die Umarmung »Sesam und Reis«.

Nummer Zwei, hier steckt schon deutlich mehr Pfeffer drin - oder Sesam.

Blind vor Leidenschaft und Schmerzen mißachtend wollen sie gleichsam ineinander hineindringen, indem, die Frau auf seinem Schoße sitzt, Auge in Auge mit ihm ruhend oder auf dem Lager; das ist die Umarmung »Milch und Wasser«.

Eben standen sie noch knutschend an einer Hauswand, und schon lümmeln sie sich auf dem Lager.

Dies Beides zur Zeit der Leidenschaft.

Das ist die Praxis der Umarmungen nach Bābhravya.

Suvarṇanābha aber hat außerdem noch vier Eingliedumarmungen.

Wenn man da einen Schenkel oder alle beide mit der Schenkelklammer aus Leibeskräften preßt, so ist das die Schenkelumarmung.

Wir nähern uns dem Thema Lust und Schmerz.

Mit der Schamgegend die Schamgegend drückend und den Haarschopf schüttelnd besteige sie ihn, um Nägel- und Zahnwunden, Schläge und Küsse anzubringen: das ist die Schamumarmung.

Also, man kann Beißen und Kratzen, muss man aber hier noch nicht. Wo man beißen darf, kommt natürlich auch noch, es soll ja nichts dem Zufall überlassen sein.

Mit beiden Brüsten auf die Brust eindringend lade sie die Last darauf; das ist die Brüsteumarmung.

Mund an Mund und Auge an Auge heftend, stoße sie Stirn mit Stirn; das ist die Stirnschmuckumarmung.

Einige meinen, auch das Frottieren sei eine Umarmung, da dabei Berührung stattfindet.

Vātsyāyana sagt nein, weil es nur zu besonderen Zeiten geschieht, ganz andern Zweck hat und nicht beiden gemeinsam ist.

Der Vollständigkeit halber wollte Vātsyāyana das wohl erwähnen, man kann zustimmen, dass jemanden abzutrocknen anregend sein kann, aber nicht in erster Linie der Erotisierung dient.

Bei den Männern, die die vollständigen Regeln über das Umarmen erfragen oder auch hören und ebenso auch bei denen, die sie mitteilen, entsteht Liebesverlangen.

Na klar, wenn die Frau einen dermaßen angräbt, bleibt ein Ständer nicht aus.

Auch die Umarmungen sind als Leidenschaft mehrend und zur geschlechtlichen Vereinigung gehörig sorgfältig hierbei anzuwenden, die hier nicht gelehrt werden.

Es gibt also tatsächlich Umarmungen, die hier nicht stehen?

So weit nur reicht das Gebiet der Lehrbücher, als die Menschen nur mäßige Erregung spüren: wenn aber das Rad der Wollust in Gang gekommen ist, dann gibt es kein Lehrbuch und keine Reihenfolge mehr.

Hurra, Freiheit der Geilheit der Liebenden mit Vātsyāyanas Segen.

Kamasutra reloaded

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