Читать книгу Spielen und Lernen verbinden - mit spielbasierten Lernumgebungen (E-Book) - Cornelia Rüdisüli - Страница 20
Wirksamkeit spielbasierter Lernumgebungen – empirische Befunde Bernhard Hauser 1 Definition und Einführung
ОглавлениеSpielen ist eine Tätigkeit mit spezifischen Merkmalen und es lässt sich ziemlich trennscharf von anderen Formen des Tuns abgrenzen. Eine Tätigkeit ist dann Spielen (Burghardt, 2011), wenn diese nicht vollständig funktional ist, das heisst mit einem oder mehreren – in der Regel für Nichtspielende von aussen erkennbaren − Merkmalen (Spielfeld, Spielgesicht, besondere Abwandlungen alltäglicher Handlungen) auf das So-tun-als-ob hinweist, in einem Zustand positiver Aktivierung (in der Regel intrinsischer Motivation) ausgeführt wird, eine Kombination von Wiederholung und Variation aufweist, und damit intensives Üben bei stets nur begrenzter Vorhersehbarkeit ermöglicht und in einem entspannten Feld stattfindet, was nicht nur Schutz vor Gefahren, angemessene Behausung und genügend Nahrung bedeutet, sondern insbesondere eine sichere Bindung zu Erwachsenen wie auch gute Freundschaften zu anderen Kindern.
Spiele sind dieser Definition zufolge nur dann Spiele, wenn sie alle diese fünf Merkmale aufweisen. So ist beispielsweise das Spiel «Monopoly» zwar in hohem Mass funktional, weil der Kauf und Betrieb von Liegenschaften und Betrieben (wie Seilbahnen) sowie auch die Schwankungen von Mietpreisen ein ernsthaftes und damit gesellschaftlich relevantes Thema ist. Jedoch ist das Spiel «Monopoly» deshalb unvollständig funktional, weil kein echtes Geld verloren geht und jeweils neu bei null gestartet werden kann. Dieses Spiel ist für Aussenstehende klar als Spiel markiert – durch ein Spielfeld. Sobald die positive Aktivierung nicht mehr vorhanden ist, zum Beispiel weil ein Kind nach einem verlorenen Haus oder Platz ernsthaft wütend wird, ist es kein Spiel mehr. Deshalb ist es für Kinder wichtig, dass sie im Spiel verlieren lernen. Die Variations- beziehungsweise Kombinationsmöglichkeiten in «Monopoly» (Anzahl Spieler, Anzahl Gebäude, Anzahl teurer Bauplätze, verfügbarer Geldbetrag, aktuelle Aktionskarten) sind dermassen unerschöpflich, dass kaum eine Spielkonstellation einer anderen gleicht. Dadurch haben Spielende die Möglichkeit, immer wieder in leicht veränderten Konstellationen zu überlegen, welche Investitionen sich zu welchem Zeitpunkt lohnen könnten und diese auch zu tätigen. Damit findet sich in «Monopoly» eine gelungene Kombination aus Variation und Wiederholung. Hat ein Kind ernsthafte Sorgen, beispielsweise weil die Mama im echten Leben bedrohlich krank ist, dann kann es sich zu wenig oder gar nicht auf das Spiel einlassen, weil durch die Sorge um die Mutter das Feld zu wenig entspannt ist. Eindrücklich ist dieser Effekt auch bei Gleichaltrigen, deren Beziehungsqualität untereinander ebenfalls eine starke Rolle spielt: Kinder gehen vor allem dann an die eigenen Grenzen und nutzen somit das ganze Lernpotenzial eines Spieles, wenn sie mit den Spielpartnern gut befreundet sind (Weinberger & Stein, 2008). Deshalb sind auch gute Beziehungen zwischen Lehrpersonen und Kindern eine eigentliche Vorbedingung dafür, im Spiel ertragreich lernen zu können. Dabei ist es auch eine Aufgabe der Lehrpersonen, alle Kinder darin zu unterstützen, gute und stabile Freundschaften aufzubauen.