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Die Abwärtsspirale

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Im Laufe der Jahrtausende hat der Baum der Erkenntnis immer größere Wurzeln in der Menschheit geschlagen. Wir wissen nahezu alles – wir sind aufgeklärt – uns macht keiner etwas vor. Wir haben die Möglichkeit, ins All zu fliegen, den Mond zu besuchen und auf dem Mars eine zweite Erde zu errichten. Wir wissen, wie das geht, und was wir nicht wissen, das erforschen wir.

Wir haben die Erde bevölkert und wissen genau, dass jetzt genug Menschen auf diesem Planeten leben. Deshalb lassen wir neue Menschen gar nicht erst zur Welt kommen. Wir töten sie kurz nach ihrer Entstehung.

Wir wissen, dass Kriege schlecht sind und Versöhnung gut ist. Dass die Vernachlässigung der Schöpfung schlimme Folgen hat und ein Meer ohne Plastik für Mensch und Tier besser ist. Wir wissen, dass eine behütete Kindheit das Fundament für eine erfolgreiche Zukunft ist und dass Missbrauch und Gewalt Leben zerstören.

Warum schaffen wir es also nicht, das Gute siegen zu lassen? Wir wissen doch alles!

Weil wir, seit Adam und Eva von der Frucht gegessen haben, alle irgendwann an den Punkt gelangen, an dem wir wie Paulus verzweifelt schreien: »Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich« (Römer 7,19; LUT).

Der Baum der Erkenntnis hat uns keineswegs dazu verholfen, ab jetzt nur noch das Gute zu tun.

Im Gegenteil, der Wunsch, so zu sein wie Gott, hat uns in die tiefsten Abgründe unseres Seins gestürzt.

Denn wir sind nicht Gott. Wir haben vergessen, dass nur Gott gut ist. Und deshalb glauben wir, dass er uns auch nichts Schönes gönnt. Ein bisschen vielleicht, aber nur wohldosiert – zu viel des Guten könnte vielleicht unseren Charakter verderben.

Da sitzt eine junge Frau bei mir im Coaching. Sie weiß nicht, wie es beruflich weitergehen soll. Auf meine Frage »Was wäre Ihr Traumjob?« antwortet sie sehr verhalten: »Das, was ich mir sehnlichst wünsche, will Gott bestimmt nicht!«

Seit dem Baum der Erkenntnis haben viele Menschen genau dieses Bild von Gott: Er ist der große Spielverderber. Und wenn Gott zum Spielverderber wird, habe ich als Mensch genau zwei Möglichkeiten: Entweder resigniere ich oder ich nehme mein Leben selbst in die Hand.

Diese beiden Haltungen begegnen mir in Gesprächen immer wieder: Resignation oder Selber-Machen. Und lange Jahre war ich ebenfalls zwischen diesen beiden Gedankenpolen gefangen.

Aber Gott will meine Freiheit. Es ist ihm nicht egal, wie ich lebe. Er will nicht, dass ich resigniere, und er will ebenso wenig, dass ich mein Leben alleine in die Hand nehme, alles selbst tue.

Ohne die Verbindung zu Gott aber werde ich darum kämpfen, dass niemand meine Nacktheit sieht. Ich werde Masken anlegen und so tun, als ob mein Leben gelingt. Dabei werde ich in der ständigen Angst leben, dass irgendjemand entdeckt, wer ich wirklich bin: nackt, einsam, hilflos, ohnmächtig.

Wahre Freiheit liegt darin, mein Herz mit Gottes Herz zu verbinden, meinen Geist mit seinem. Seine Stimme zu hören, seinen Auftrag zu erfüllen – kreativ und dynamisch.

Nur in der Verbindung zu dem, der mich erschaffen hat, finde ich Freiheit, die nicht von dieser Welt ist. In seiner Nähe bin ich auch im größten Sturm geborgen.

Du sollst frei sein

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