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Der Laemmle Film Service

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Auch die nächsten Monate verliefen für Laemmle traumhaft. Doch bald sah sich Laemmle mit einer neuen Herausforderung konfrontiert, die er Anfang des Jahres noch nicht hatte absehen können. Er stellte fest, dass er mehr Filme brauchte, um den Andrang seiner Besucher aufrechtzuerhalten. Er wollte mit seinen Theatern nicht stagnieren, sondern dieses Problem lösen und weitere Filme anbieten. Daher entschied er, sich in einer anderen Branche des Filmgeschäfts zu engagieren: im Filmverleih.

Da die Nickelodeons im Laufe des Jahres 1906 immer mehr Besucher verzeichneten, war auch die Nachfrage nach neuen Filmen geradezu explodiert. Laemmle und andere Filmvorführer fanden schnell heraus, dass sie, im Sinne des Wettbewerbs untereinander und um den Zuschauern ständig ein neues, attraktives Angebot zu liefern, ihre Filmprogramme regelmäßig ändern mussten.

Die Nachfrage nach neuen Filmen führte schließlich zu großen Veränderungen innerhalb des Filmgeschäfts. Ab Ende 1907 mussten die Filmtheater schließlich täglich ihr Programm ändern, um die Nachfrage der Zuschauer zufriedenzustellen. Daher war die direkte Abnahme von Filmen von den Produktionsfirmen undurchführbar geworden.

Die nun aus dem Boden sprießenden Filmverleihe lösten das Problem. Unter den Vorreitern befand sich der ehemalige Kameramann Harry J. Miles, der zusammen mit seinem Bruder Herbert eine Verbindungsstelle zwischen den Produktionsfirmen und den Theaterbesitzern etablierte: den »Miles Brothers Exchange«. Sie kauften die Filme direkt bei den Produktionsfirmen und verliehen sie für ein Viertel des Preises weiter an verschiedene Theaterbesitzer. Dieses System sah zunächst für alle Beteiligten sehr lukrativ aus und führte zu einer besseren Verteilung der Filme auf die Theater. Aber auch für die Filmproduktionen bot dieses System viele Vorteile, da sie nun von vorneherein eine garantierte Abnahme ihrer Filme hatten und die Filmverleiher noch dazu einen hohen Preis zahlen konnten. Das Geschäft boomte abermals, und bis 1907 entstanden so beinahe 150 Verleihe über die Vereinigten Staaten verstreut. Das Zentrum des Verleihgeschäfts mit 15 Filmverleihfirmen, die 80 Prozent des gesamten US-amerikanischen Marktes ausmachten, lag in Chicago.

Das neue System brachte aber auch Probleme mit sich. Und Carl Laemmle war einer der ersten Theaterbesitzer, der die neuen Schwierigkeiten zu spüren bekam. Zunächst verbesserte sich seine Lage, weil er über die neuen Verleihe Filme für seine beiden Theater leihen konnte. Doch mit der Zeit wurde die Geschäftspraxis seinen Anforderungen nicht mehr gerecht. Seine Filme wurden zu spät gebracht, manche Lieferungen blieben aus oder gingen gar an ein konkurrierendes Filmtheater, dessen Besitzer einen höheren Preis gezahlt hatte.

Laemmle war damit unzufrieden. Als einer seiner Lieferanten einmal einen Vertrag zwischen ihnen beiden kurzfristig annullierte, begriff Laemmle, dass er sein Geschäft unabhängig von den Verleihen machen musste. Er begann selbst Filme zu kaufen und an andere Theater zu verleihen. Der Film The Pearl Fisher’s Dream, mit dem er sein Verleihgeschäft begann, markierte somit einen weiteren Eckpunkt in Laemmles Karriere als Filmmagnat. Im Oktober 1906 eröffnete er seinen eigenen Filmverleih: The Laemmle Film Service. Während die Eröffnung der beiden Filmtheater allgemein Laemmles Einstieg in das Filmgeschäft bezeichnete, war es der Beginn des Verleihgeschäftes, der Laemmles weiteren Weg als Filmproduzent ebnete. Laemmle wusste genau, worauf es im Verleihgeschäft ankam, hatte er doch die andere Seite des Geschäfts als Theaterbesitzer seit Monaten beobachtet. Er wollte mit seinem Verleih pünktlich und zuverlässig liefern.

Bis 1908 wuchs der Laemmle Film Service rasant. Er konnte Büros in vielen Städten des Westens wie Memphis, Tennessee, Omaha, Nebraska, Portland, Oregon, Salt Lake City, Utah, Minneapolis, Minnesota und Evansville, Indiana eröffnen und dadurch gewährleisten, dass die von ihm vertriebenen Filme auch außerhalb von Chicago zur richtigen Zeit an die Filmtheater ausgeliefert wurden. In nur zwei Jahren hatte er es damit geschafft, zum größten Filmverleiher Amerikas zu werden.

Sein schneller Erfolg war atemberaubend und spektakulär. Doch er kann auch aus Laemmles Geschäftspraktiken heraus einfach erklärt werden. Laemmle wollte bereits als Theaterbesitzer mit seinem Namen für Qualität stehen. Diesen Anspruch vermisste er bei den Verleihern, die ihn mit Filmen belieferten. Gewissermaßen sah er sich gezwungen, selbst in das Verleihgeschäft einzusteigen, um seinen Anspruch auf Qualität zu halten.

Basierend auf seine Erfahrungen im Bekleidungshandel wusste Laemmle, dass der Schlüssel zum Erfolg nur darin lag, seine Kunden zufriedenzustellen. Laemmle hatte keine seiner Methoden vergessen, die er in Oshkosh angewandt hatte, um Kunden anzuwerben. Er war sich bewusst, dass er bereits in der Werbung für seine Filme anders aufgestellt sein musste als seine Mitbewerber. Und um dieses Ziel zu erreichen, wandte er sich wieder seinem Freund Cochrane zu, der mittlerweile seine eigene Werbeagentur führte: Cochrane Advertising Agency.

Im Dialog mit Cochrane fand Laemmle die richtige Mischung an Filmen, die nicht unbedingt die allerneuesten waren, die aber genau den Geschmack des Publikums trafen und deshalb umso effektiver und beliebter waren. Ihre Werbekampagnen schufen eine persönliche Atmosphäre, in deren Mittelpunkt stets Laemmle stand, der direkt zu seinen Kunden sprach und seine Filme empfahl. Er machte sich selbst zu einem Markenzeichen und stand gewissermaßen persönlich für die Qualität seiner Filme ein. Er zog es zudem vor, sich eher als Freund oder netten Onkel denn als Geschäftsmann darzustellen. An dieser Strategie hielt er sein Leben lang fest, und sie zog sich wie ein roter Faden durch seine späteren Kampagnen.

Neben der Investition in Werbemaßnahmen versuchte Laemmle auch neue Absatzmärkte für seine Filme zu gewinnen. Als durch eine gesetzliche Verordnung alle Bars in Chicago schließen mussten, ein Vorbote der späteren Prohibition, schafften es Laemmle und Cochrane, 200 Wirte davon zu überzeugen, ihre Räumlichkeiten in Filmtheater umzugestalten. Laemmle garantierte den Wirten, dass er sie mit Filmen versorgen würde – und hatte so auf einen Schlag 200 neue Kunden. Auch im Bereich der Vaudevilles wurde Laemmle tätig. Bislang zeigten die Vaudeville-Theater während ihrer buntgemischten Aufführungen aus Sketchen, Musik und Theater kürzere Filme. Laemmle konnte sie nun davon überzeugen, verstärkt Filme einzusetzen und garantierte auch ihnen, dass er sie mit Filmen aus seinem Verleihgeschäft versorgen würde.

Mit dem fortwährenden Erfolg und dem Anstieg seines Geschäfts wurde Laemmles Name, ganz wie er es wollte, zu einem Markenzeichen im Filmverleih. Er garantierte für Qualität und Service, niemand sollte je behaupten, der Laemmle Film Service habe die Filme nicht ausgeliefert. Während seine beiden Filmtheater prächtig liefen, konzentrierte er sich auf das Verleihgeschäft, das ohnehin viel profitabler war. Die Träume und Erwartungen seiner Kunden wollte er zu jedem Zeitpunkt erfüllen. Dies machte Laemmle zu einer besonderen Person im Filmgeschäft. Er wollte nicht nur ein Filmtheater besitzen oder den Filmverleih managen, er wollte vielmehr den Gesamtprozess mitgestalten, den Film der Öffentlichkeit näherzubringen und so aus der gerade erst entstehenden Filmindustrie ein »big business« zu machen.

Wie selbstbewusst er dabei vorging, zeigt eine landesweite Zeitungswerbung, die am 19. September 1908 in der Saturday Evening Post erschien. Unter der Überschrift: »Ich bin der Mann des Filmgeschäfts« (Original: »I Am the Moving Pictures Man«) war Laemmle mit einem Filmprojektor und einer Kamera abgebildet. Der dazugehörige Text war so einfach, dass ihn jeder verstehen konnte: »Ich bin der Mann des Filmgeschäfts. Ich werde Männern wie Frauen helfen, in das Filmgeschäft einzusteigen, indem ich sie mit den notwendigen Apparaturen versorgen und ihnen helfen werde, ein profitables Programm zu erstellen. Die Gelegenheit ist Gold wert. Schreiben Sie mir sofort, und ich werde Ihnen mein kostenloses Buch ›How to start a Moving Picture Business‹ zuschicken. Laemmle Film Service, Carl Laemmle, President. Dept. 25, 196–198 Lake Street, Chicago, ILL.«7

Carl Laemmle

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