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Die deutsch-jüdische Gemeinde in Laupheim

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Carl Laemmles Geburtsstadt Laupheim war um 1860 ein kleines Städtchen, wie es viele in Württemberg gab. Die Bevölkerung der Stadt bestand wie in dieser Zeit üblich aus Katholiken, Protestanten und Juden. Das einzig Beachtenswerte an Laupheim war die hohe Anzahl an jüdischen Einwohnern. Darin unterschied sich die Stadt deutlich von ihren Nachbargemeinden. Aufgrund des hohen Anteils jüdischer Bürger war Laupheim eine der wichtigsten und größten jüdischen Gemeinden im Süden Deutschlands.

Die jüdischen Einwohner waren in vielerlei Geschäfte involviert. Sie handelten mit Gewürzen, Pferden und Rindern. Einige von ihnen waren Pelzhändler. Am 25. April 1828 erließ das Königreich Württemberg das »Gesetz in Betreff der öffentlichen Verhältnisse der israelitischen Glaubensgenossen«, auch Gleichstellungsgesetz genannt. Damit wurden alte Verbote, die den Juden bezüglich ihrer Arbeit auferlegt worden waren, zurückgenommen. Bis zu diesem Gesetz war den Juden in Württemberg die Ausübung von akademischen und handwerklichen Berufen verboten. Danach wurde zwar ein Berufsfindungsprogramm aufgelegt, das Juden vorzugsweise in handwerkliche Berufe bringen sollte, doch lebten die Laupheimer Juden noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts vorwiegend vom Handel. Teilweise blieb ihnen auch nichts weiter übrig, weil sie auch weiterhin nicht in die Handelsgilden und Zünfte aufgenommen werden durften.

Trotz dieser Restriktionen war Laupheim zu jener Zeit ein Paradebeispiel an jüdischer Integration. Durch das Gleichstellungsgesetz war es den Juden in Laupheim erlaubt, eigenes Land zu besitzen, in der Landwirtschaft zu arbeiten und zum Militärdienst eingezogen zu werden. Bis 1824 hatte die jüdische Gemeinschaft in Laupheim eine Schule gebaut und mehrfach die alte Synagoge erweitert, die 1771 ursprünglich am Marktplatz auf dem »Judenberg« errichtet worden war. Im Jahr 1864 erhielten die Juden das Wahlrecht, und sie durften ihre eigenen Repräsentanten in den Gemeinderat wählen. Dies führte sowohl zu einigen Spannungen zwischen den Juden und den anderen Einwohnern Laupheims, als auch zu Berührungspunkten. Beides waren zwei geschlossene und separierte Gesellschaften, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zwar nebeneinander existierten, allerdings wenig Austausch hatten. Seit Jahrhunderten waren die jüdischen Gemeinden aufgrund ihres Äußeren als solche zu erkennen. Ihr Erscheinungsbild bestimmte die Art und Weise, wie sie behandelt wurden, beziehungsweise ob sie akzeptiert oder ausgeschlossen wurden. Ihre Kleidung, Tradition, Häuser, Sprache, Gebete und Erscheinung machten sie – rein äußerlich – zu einer eigenständigen Gruppe innerhalb einer Dorfgemeinschaft. Nun, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, änderte sich das. Beide Seiten machten einen Schritt aufeinander zu. Dies hatte eine positive Auswirkung auf die Gesellschaft, Politik und nicht zuletzt auch auf die Wirtschaft beider Seiten. Die neue Politik führte zu einer höheren Integration und Toleranz in Laupheim:

»Darum konstatieren wir ... mit allem Nachdruck, dass in unserem Laupheim die ächte, wahre und wirkliche Toleranz im besten Sinne des Wortes allseitig zur Geltung gekommen ist. Eine jede Konfession übt unbehindert und unangefochten ihre Rechte und Pflichten, so dass niemals ein Zwiespalt zu Tage getreten ist. Daher kommt es auch, dass der Verkehr zwischen allen Konfessionen ein reger und ungetrübter ist, ohne dass je an dem Konfessionellen gerührt würde. Selbst bei der äußerlichen Feier der konfessionellen Festtage und Festgebräuche wird immer die gegenseitige Achtung und Harmonie gewahrt, so dass andere Städte hier das schönste Beispiel wirklicher Toleranz nachzuahmen finden könnten.«

Die soziale und wirtschaftliche Emanzipation führte zu einem Prozess der Säkularisierung. In Laupheim gingen die Spannungen und antisemitischen Reaktionen mit der Zeit zurück, verschwanden letztlich aber nicht. Trotz der Toleranz und Offenheit gegenüber den Laupheimer Juden waren die Ereignisse um die Reichspogromnacht im November 1938 von zerstörerischem Ausmaß wie andernorts auch.

Carl Laemmle

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