Читать книгу Paradise Valley - Auf den Wolf gekommen (2) - Dani Merati - Страница 6
4. Ein grausiger Fund
ОглавлениеAm frühen Abend - viel später als geplant - hielt Layton vor Carols und Johns Zuhause, parkte direkt neben Hugos Pick-up. Er war relativ langsam gefahren, um Tanner nicht so durchzuschütteln. Der döste bereits die gesamte Fahrt vor sich hin.
Auf seiner Stirn hatte sich ein mächtiges Horn gebildet. Die Beule am Hinterkopf schien dagegen halb so schlimm zu sein, wie er ertastet hatte. Die Haut war zum Glück unverletzt, dennoch wäre es ihm lieber, ein Arzt würde ihm das bestätigen. Wandler mochten zwar widerstandsfähiger als Menschen sein, doch multiple Traumata konnten auch bei ihnen erheblichen Schaden anrichten. Und mit Kopfverletzungen war nicht zu spaßen. Das musste allerdings warten, bis sie zurück in Paradise Valley waren.
Er streckte den Arm aus, schüttelte Tanner vorsichtig an der Schulter.
„Hey Wolf. Wir sind da.“
Sein Gefährte schreckte auf, „Autsch!“, und drückte beide Hände gegen seine Stirn.
„Fuck, hab ich einen Brummschädel. Tja, jetzt weiß ich wenigstens, dass ich Dates mit Betontischen zukünftig vermeiden sollte.“
Sein Seelenpartner grinste, verzog das Gesicht jedoch dabei zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Besorgt strich Layton ihm durch die Haare, tastete vorsichtig mit seinem Geist nach Tanners Bewusstsein. Es fiel ihm immer leichter, die mentale Verbindung aufzubauen - und sie nicht nur zuzulassen, sondern sie aktiv herbeizusehnen. Er spürte ein dumpfes Hämmern hinter seinen Schläfen, wohl ein Abklatsch vom Brummschädel seines Gefährten, ansonsten nur Freude und klare Gedanken. Dennoch ...
„Schau mich mal an.“ Er hielt eine Hand hoch. „Wie viel Finger siehst du?“
„Drei. Und dich gibt es nur einmal.“
Sein Handgelenk wurde eingefangen, der Wolf hauchte einen Kuss auf die Knöchel, was ein heftiges Prickeln in seine Nervenenden sandte.
„Mir ist weder schwindelig noch sehe ich verschwommen. Einzig allein mein Kopf dröhnt, als gäbe es dort eine Großbaustelle. Mach dir keine Sorgen, ich bin hart im Nehmen, Katerchen.“
„Ich weiß.“ Vorsichtig schmiegte er sich an seinen Gefährten, sog dessen Wärme in sich auf, schenkte ihm seine eigene.
„Aber niemand ist unverwundbar“, flüsterte er, schubberte mit seiner Nase über die weiche Haut der Kehle, inhalierte den Duft seines Seelenpartners.
Während der Attacke der Leoparden war Adrenalin durch seine Adern gepeitscht und der rasende Zorn, dass sie es wagten, seinen Wolf anzugreifen, hatte verhindert, dass er groß nachdachte. Nur Instinkte hatten ihn geleitet, der unbändige Drang den Gefährten zu beschützen - um jeden Preis!
Jetzt war er zur Ruhe gekommen und die Erkenntnis, wie kurz sie beide davor gestanden hatten, einander zu verlieren, traf ihn eiskalt. Er fing an zu schlottern und verachtete sich für seine Schwäche.
Doch Tanner ließ nicht zu, dass er das alleine durchstand. Verständnis, Stolz, Bewunderung, Wärme und unendliche Zuneigung hüllten ihn ein.
‚Du bist etwas ganz Besonderes. Und das sage ich nicht nur, weil wir Seelenpartner sind. Ich liebe dich, Katerchen.‘
Es dauerte einen Augenblick, ehe die Worte und dazugehörigen Emotionen für ihn einen Sinn ergaben. Sprachlos saß er da, fühlte die beschützende Hingabe des Wolfs und spürte, wie er zur Ruhe kam. Auch wenn er selbst die Liebeserklärung noch nicht erwidern konnte, so war ihm doch bewusst, dass der Alphaerbe bereits erfolgreich in seinem Herzen nistete. Und einfach so verschwanden seine Anspannung und die Angst, den Gefährten zu verlieren.
Mit Tanner an seiner Seite vermochte er sich jeder Herausforderung zu stellen. Einen langen Moment genoss er dessen Aufmerksamkeit, die liebevollen Streicheleinheiten, die seinen Kater zum Schnurren brachten. Er wurde mit zarten Schmetterlingsküssen bedacht, ehe er sich widerstrebend aus der wundervollen Umarmung löste. Egal, wie sehr er sich auch wünschte, die Zeit anzuhalten, das Rad drehte sich unerbittlich weiter.
„Sehen wir nach Hugo und Carol.“ „Okay.“
Sie stiegen aus dem Jeep. Tanner schaute sich prüfend um, nahm den beschaulichen Vorort unter die Lupe, er spürte das Unbehagen des Wolfs. Die Häuser standen dicht an dicht, die akkuraten Gärten nur durch halbhohe weiß gestrichene Lattenzäune voneinander getrennt. Keinerlei Privatsphäre. Layton wusste genau, was sein Seelenpartner dachte: Nie im Leben konnte ein Wandler hier überleben.
Sie gingen die Auffahrt zu dem Reihenhaus hoch und blieben beide wie angewurzelt stehen. In der steifen Brise, die ihnen ins Gesicht wehte, lag ein unverkennbarer Geruch. Und obwohl alles in ihm danach strebte, loszustürmen, ließ er zu, dass Tanner sich vor ihn schob, schnüffelte und zur Eingangstür schlich.