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Die Mittelsteinzeit (Mesolithikum)

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Die Veränderungen in Klima, Flora und Fauna stellten eine Herausforderung für alle Lebewesen dar. Viele starben aus, andere überlebten in reduzierter Zahl, wieder andere vermehrten sich. Zu den Gewinnern dieser gewandelten Umwelt gehörte der Homo sapiens. Als größere Tiere seltener wurden, begannen die Menschen, Fische zu fangen, die in den Flüssen reichlich vorhanden waren, außerdem Weichtiere, Vögel, Aale und Meeressäuger an den Küsten. Sie sammelten auch Nüsse, Eicheln, Knollen, Beeren und andere pflanzliche Nahrung.84 Mit der reichlicheren Nahrung vermehrten sie sich auch. Ein Bevölkerungsforscher hat geschätzt, dass die Zahl der Homo sapiens in Europa von rund 6000 während des Letzteiszeitlichen Maximums vor 25 000–19 000 Jahren auf fast 29 000 vor 13 000 Jahren anstieg.85

Um die kleineren oder scheueren Tiere in den Wäldern wie Hasen, Biber, Wildschweine und Rehe oder fleischfressende Pelztiere wie Füchse und Wölfe zu erlegen, mussten die Jäger neue Techniken lernen und neue Waffen entwickeln. Wurfspeere ersetzten die schweren Stoßspeere ihrer Vorfahren. Pfeil und Bogen eigneten sich besonders gut für die neue Lebensweise. Statt eines einzelnen Speers konnte ein Jäger einen Köcher voller Pfeile tragen, jeder mit kleinen Klingen im Schaft. Ein 1,50 Meter langer Bogen konnte einen Pfeil mit 100 Kilometern Geschwindigkeit genau auf ein 50 Meter entferntes Ziel senden. Selbst auf diese Distanz konnte er einen Bären durchbohren.86

Für Hunderttausende von Jahren hatten die Menschen und ihre Vorfahren Feuer benutzt, um zu kochen und um sich zu wärmen und zu schützen. Die ersten Spuren, dass Feuer bei der Jagd benutzt wurde, stammen vom Ende der Eiszeit, als der Homo sapiens bewusst Wälder anzündete. In Nordamerika brannten Jäger Wälder ab, um das Unterholz zu beseitigen, Weiden für grasende Tiere wie Hirsche und Elche zu öffnen und Lebensraum für Biber, Truthähne und Wachteln zu schaffen. Ähnlich wurde das Feuer von den Jägern und Sammlern im Nahen Osten und im tropischen Amerika eingesetzt.87 Menschen lebten nicht mehr vom Überfluss der Natur, sondern manipulierten sie zu ihrem Vorteil. Anthropologen nennen sie die Völker der Mittelsteinzeit (Mesolithikum).88

Die glücklichsten Jäger und Sammler dieser Zeit lebten in so ergiebigen Lebensräumen, dass sie sich niederlassen und feste Behausungen bauen konnten. 5000 Jahre lang lebten einige Ureinwohner Kaliforniens in Dörfern mit Tausend Bewohnern oder mehr. Entlang der Nordwestküste Nordamerikas bauten die Haida Langhäuser aus Brettern, die sich zerlegen und von einem Ort zum anderen transportieren ließen, wobei sie im Winter von getrocknetem Lachs und Hering und den Beeren lebten, die es in den nahen Wäldern reichlich gab. Entlang der Ufer einiger mexikanischer Seen fanden Jäger und Sammler genug Fisch und Wildvögel, um sich das ganze Jahr zu ernähren. Jäger, Sammler und Fischer bauten die erste dauerhafte (oder zumindest saisonale) Siedlung in Europa vor etwa 8400 Jahren. Kurz gesagt, Menschen wollten sich niederlassen und taten es, wenn sie konnten, noch bevor sie lernten, ihre eigene Nahrung zu produzieren. Um sich niederzulassen, mussten sie aber Nahrung einlagern, denn nur wenige Gegenden boten das ganze Jahr über welche. In der Steppe hoben Jäger Gruben aus, um gefrorenes Fleisch im Permafrost zu lagern; in Grasländern lagerten sie Samenkörner in Körben oder Töpfen. In Japan begann ein Volk von Jägern, Sammlern und Fischern namens Jomon, vor 16 000 Jahren Keramik herzustellen.89

Nach der Eiszeit wurde das Klima des fruchtbaren Halbmonds – der Teil des Nahen Ostens vom östlichen Mittelmeer über Syrien und den Nordirak – mild und regnerisch im Winter bei langen heißen und trockenen Sommern. Jäger und Sammler in dieser Gegend fanden zahlreiche essbare Pflanzen und Tiere. Diese Region, wo Nordafrika und Westasien zusammentreffen, besaß reiche Biotope mit Hunderten einheimischer Bäume und Pflanzen mit essbaren Samen oder Früchten, von denen viele geerntet und für die Zukunft eingelagert werden konnten. Manche Hügel waren mit Wäldern von Pistazienbäumen bedeckt. Gazellenherden durchzogen das offene Grasland.90

In dieser fruchtbaren Umgebung jagte ein nomadisches Volk namens Kebaraner Gazellen, Wildschafe und Wildziegen und sammelte Pistazien, Mandeln und Eicheln, die sie mit Meißeln und Mörsern zu einem Mehl zerrieben. Ihre Nachfolger (oder Nachkommen), die Natufier, fischten und jagten Wasservögel und sammelten genug wilden Weizen und Gerste in den wenigen Herbstwochen, um für den Rest des Jahres genug zu haben, oder als Reserve für Zeiten, wenn sie nicht genug jagten und sammelten, um satt zu werden. Sie lebten in dauerhaften Dörfern von zehn bis zwanzig Häusern mit Herden und Mahlsteinen. Neben dem Sammeln von wildem Getreide und Eicheln und der Gazellenjagd fingen sie in den nahen Seen Fische, Schildkröten und Vögel. Durch die ausreichende Nahrung konnten sie mehr Kinder haben, und die Bevölkerung wuchs.91

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