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Wandern für den guten Zweck

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Je länger ich mich damit beschäftigte, umso öfter stolperte ich über den Begriff „Charity Walk“. Offensichtlich ist es in Großbritannien gang und gäbe, lange Touren in Benefizwanderungen zu verwandeln. In Österreich ist dies noch relativ unbekannt und Unterstützung muss sich jeder ganz allein suchen. Für mich war aber schnell klar, dass ich es auf alle Fälle versuchen wollte, denn durch meine Arbeit mit den Jugendlichen im Sozialen Wohnhaus Neunkirchen, das wir kurz „SoWo“ nennen, liegt der soziale Zweck klar auf der Hand. Unser SoWo bietet Jugendlichen und jungen ­Erwachsenen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht mehr mit ­ihren Familien leben können, ein neues Zuhause. Hier können sie wieder durchatmen, zur Ruhe kommen und sich auf ihren weiteren Weg konzentrieren. Eine positive Zukunft zu gestalten ist aber meist nur möglich, wenn sie die negative Vergangenheit sowohl aufarbeiten als auch akzep­tieren können, und dies fordert intensive Arbeit von den jungen Menschen selbst, aber auch vom Betreuungsteam auf ganzheitlicher Ebene. Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung kümmert sich zwar darum, dass die Jugendlichen ein Dach über dem Kopf und regelmäßig zu essen haben, ebenso wird ihnen eine lückenlose Betreuung angeboten, doch für alle anderen darüberhinausgehenden Aktionen wie Erlebnispädagogik, spezielle Therapieangebote oder auch einfach nur ein paar Tage Urlaub müssen wir ­immer zusätzliche Sponsoren finden. Eine Benefizwanderung schien dafür eine gute Möglichkeit zu sein. Ich sah das nicht nur als ­Chance, Geld zu sammeln, sondern auch als Möglichkeit, Aufklärungs­arbeit zu leisten. Fremduntergebrachte Jugendliche werden von unserer Gesellschaft tatsächlich oft als faule Nichtsnutze und kiffende Kriminelle wahrgenommen und wir kämpfen fast täglich gegen diese Vorurteile an. Klar gibt es sie, die Jugendlichen, die sich lieber schlagen, als eine Lösung zu finden oder die lieber Cannabis konsumieren, als sich der Realität zu ­stellen; aber das hat selten mit Faulheit oder Respektlosigkeit zu tun, ­sondern resultiert aus einer traumatischen Kindheit, in der sie Über­lebens­strate­gien entwickelt haben, die für andere nicht immer nachvollziehbar sind. Da die Schwelle ins Erwachsenenleben nicht mehr weit ­entfernt ist, drängt die Zeit, den Jugendlichen zu helfen, diese Muster zu durchbrechen und sie auf ein positives, selbstbestimmtes Leben vorzu­bereiten.

Ein Motto war schnell gefunden: „Neue Wege gehen“. Dies soll nicht nur auf mein Entdecken neuer Wege nach einem neuen, langen, steinigen Weg des Gewichtsverlustes hinweisen, sondern auch auf das Beschreiten neuer Wege und das Erkennen neuer Möglichkeiten für die Jugend­lichen des SoWos – und auch dies soll mittels Sport- und Bewegungs­momenten erreicht werden. Großartige Unterstützung für diese Idee fand ich bei der Wochenzeitung NÖN (Niederösterreichische Nachrichten), die sich bereit erklärte, in der Regionalausgabe unseres Bezirks Neunkirchen wöchentlich über meinen Reisefortschritt zu berichten. So begannen wir gemeinsam, Meilenpaten zu suchen. Die Vision war, für jede der 630 Meilen einen Paten zu finden, der sich für 1,61 Kilometer, also eine Meile, ­zumindest gedanklich mit mir auf den Weg ins große Abenteuer machen und dafür ein paar Euros spenden möchte. Täglich auf Facebook und jede Woche neu in der NÖN konnten die Paten dann mitverfolgen, welchen Abschnitt ich gerade zu erobern versuchte, welchen Teil ich bereits erfolgreich bewältigt hatte und welchen Herausforderungen ich mich demnächst stellen würde.

Wie groß dieses Abenteuer werden würde, davon hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal den Schimmer einer Ahnung, und das war auch gut so. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich ohnehin ­weiterwurschtelt, wenn man irgendwo in einer scheinbar schwer zu be­wältigenden Lage ist; aber wenn man vorher schon weiß, worauf man sich einlässt, dann startet man oft gar nicht und versäumt so die großartigsten Momente.

Ich für meinen Teil habe vor, ganz viele dieser großartigen Momente zu erleben. Auf geht’s, wir sind bereit!

Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path

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