Читать книгу DU GEHÖRST IHNEN. - Dankmar H. Isleib - Страница 12
ОглавлениеVII
SCHÖNHEIT KOMMT VON INNEN.
MACHT ZERSTÖRT SCHÖNHEIT.
WIE AUCH DIE SKALPELLE DER CHIRURGEN.
Danis
Frankfurt a.M. / Wiesbaden. Die Nacht nach dem Konzert. Eine nachdenkliche Schönheit.
Stella hatte sich nach kurzem Überlegen in ein superkurzes, superenges, superdunkelgrünes Minikleid mit dreiviertellangen Ärmeln aus Seidenstretch geschmissen, das vorne hoch geschlossen war und im Rücken tief dekolletiert. Dunkelgrüne Cowboystiefel aus samtweichem Wildleder ihres Pariser Lieblingsschuhmachers J. Fenestrier, extra im Dutzend für sie in all ihren Lieblingsfarben angefertigt, umschlossen ihre wohlgeformten, langen Beine. Dazu trug sie schwarze, matt glänzende Netzstrümpfe mit einem auffallenden Sternchenmuster, das erst oberhalb der Knie begann, was man bei der Kürze des Rockes ein Stück weit verfolgen konnte – fast bis zum endgültigen Ende der selbst haltenden Strümpfe.
Eine mehrfach geschlungene, breite und schwere Panzerkette aus 999er Gold liebkoste ihren wunderbaren Hals. An beiden Handgelenken trug sie sehr schlichte, streng wirkende, schwere Panzerketten der gleichen Goldqualität und Färbung. Ein Dutzend Kettenringe mit dunkelroten, intensiv strahlenden Edelsteinen an den feingliedrigen Fingern rundeten das vollendete Bild der außergewöhnlichen Schönheit ab. Die Nägel funkelten in dem Gold, das der aufmerksame Betrachter in ihren wunderschönen Augen wiederfinden konnte. Neben dem intensiven Grün, in dem auch ihr Kleid changierte. Die Farbe ihres halblangen, stufenförmig geschnittenen Haares war wieder einmal kaum zu definieren: Je nach Licht schimmerte es rot, mal richtig tiefbraun und dann doch schwarz, mit einem leichten, glänzenden Blaustich. Und war da nicht noch ein wenig Gold zu sehen ...?
Männer konnten sich an ihrem Haar nicht sattsehen; Frauen wurden schnell neidisch und verlangten von ihrem Friseur ein ähnliches Kunstwerk – ohne Erfolg. Und ihre Friseurin, die den Star auf den Tourneen begleitete, war fasziniert von dem wundervollen Spiel der Natur. Denn außer normaler, biologischer Thymus-Repair-Haarwäsche kam an Stellas Haar kein Tropfen Farbe oder irgendeine Tönung. Ihr Haar changierte einfach in drei, vier verschiedenen, aufregenden Farbtönen; eine Laune der Natur hatte es so gewollt und Stella wirkte dadurch noch mystischer. Für Freunde, Bekannte und ihre Fans ohnehin. Über ihre goldgrünen Augen konnten Frauen wie Männer gar nicht genug schwärmen. Die funkelten wie Edelsteine; groß und mandelförmig geschnitten, eingerahmt von einer weichen, vollen, leicht gerundeten Augenbrauenpartie und langen, dunklen – echten – Wimpern. Die klassische, schlanke, nofretetische Nase und der volle und Kraft ausstrahlende Mund, in dem wunderschön geformte, weiße Zähne leuchteten, vollendeten den Genuss, die Sängerin anzublicken. Alles an ihr war echt, Natur, ein Wunder der Natur, denn Stella verabscheute Schönheitskorrekturen.
Stella Henderson war nicht die typisch amerikanische Barbie-Schönheit. Sie war das Gegenteil des vorherrschenden US-Schönheitsideals, das nur zu oft von Chirurgenhand entstellt und entmenschlicht wurde. Stella hatte Grazie, eine aristokratische Ausstrahlung, die kein Chirurg würde schnitzen können. Sie wirkte in ihrer stolzen Haltung beim ersten Hinschauen ein wenig herb und spröde, wenn da ihr voller Mund, die edel und weich geformten Lippen nicht wären und ihre Augen, die – was in der Öffentlichkeit leider selten genug zu beobachten war – einen Menschen sehr direkt und ausgesprochen warmherzig anschauen konnten.
Modezeitschriften aus aller Welt rissen sich um Stella, machten ihr immer wieder lukrative Offerten, um mit ihr als Covergirl höhere Auflagen zu erzielen, aber Stella lehnte ab. Das war nicht ihr Ding – Stehen und Posieren. Und so mussten sich die Zeitschriften damit zufriedengeben, aus dem wenigen Live-Material, das auf Konzerten von Fotografen geschossen wurde, etwas Passendes herauszusuchen. Aber selbst auf den Bühnenfotos wirkte sie wie eine strahlende Schönheitsgöttin aus längst vergangenen Zeiten.
Oder von einem anderen Stern kommend.
Als sie sich ein letztes Mal im Spiegel betrachtete, lief ihr ein wohliger Schauer über den Rücken. Das Vorspiel hatte begonnen, schon in dem Moment, als sie sich das Kleid über die nackte Haut streifte. Denn Stella Henderson verabscheute Dessous. Sie war der Meinung, ihr ebenmäßiger Körper, immer leicht von der Sonne Floridas gebräunt – Solarien hasste sie –, war Dessous genug. Wozu also Strapse, schwarze oder rote Seidenslips und BHs oder gar Wonderbras, an denen sich die Männer angeblich aufgeilten.
Ihr Spiel war ein völlig anderes: Sie wollte sich an den Männern ihrer Wahl erfreuen. Und zum Thema Sex hatte sie ihre ganz speziellen Vorstellungen.
Ungeschminkt, das unter dem Licht der Lampen im Bad jetzt rötlich schimmernde, volle und wild wirkende Haar noch einmal durch ihre Finger gleiten lassend, verkörperte Stella mit dem leichten Understatement ihres schlichten, nur durch die Persönlichkeit der Trägerin aufregend wirkenden Kleides, die pure Sinnlichkeit. Stella Henderson war es, die den Glanz entfachte. Die Strapazen des Konzertes waren ihr nicht mehr anzusehen. Federnd, voller Energie warf sie sich den schwarzen, mit Kunstpelz gefütterten Seidenparka über die Schultern, schlug die Tür ihrer Suite hinter sich zu, musste, als sie durch die Halle des Hotels ging, noch einige Autogramme geben, sich manch Lächeln für die noch immer wartenden Fans fast abringen, da sie mit ihren Gedanken ganz woanders war und schon saß sie im Fond des schwarzen Mercedes 600 SEL, der sie nach Wiesbaden in die >Ente< bringen sollte.
In sich versunken, den gesamten Tag und das abendliche, für sie ungemein erfolgreiche Konzert noch einmal Revue passieren lassend, verschwand plötzlich die erotische Energie, die stets von ihr auszugehen schien, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegte. Im Fond der Limousine saß eine sensible, nachdenkliche junge Frau, den Blick in eine unergründliche Weite gerichtet.
Bilder der letzten zwei Jahre drängten sich, wie von Geisterhand gefilmt, präzis und unerbittlich auf ihren gedanklichen Videoschirm.
Aaron, ihr geliebter Bruder, lief lachend durch den Park ihrer Villa auf Indian Creek, dem wohl schönsten Anwesen der mondänen Lagunen-Insel von Miami Beach. Und obwohl er sechs Jahre älter als seine Schwester war, hatte er letzten Endes ihren Erfolg nicht verkraftet und war an ihm zerbrochen. Sein Lachen war in den Jahren ihres rapide wachsenden Erfolges immer aufgesetzter, unnatürlicher geworden. Sie wusste das nur zu gut und kannte den Grund dafür. Aber trotz all des Negativem, das ihn umgab, war sein Lachen, zumindest für ihre Ohren, ein offenes, schönes, klares Lachen, wenngleich in seiner Tiefe von seelischen Schmerzen zerfressen. Schmerz lag unter dem glockenklaren Sound. Zu hören nur für die feinfühligen Ohren, die sensiblen Antennen der Schwester.
Aaron. Wenn du meinen Triumph heute erlebt hättest! Ich weiß, du wärest voll Freude gewesen, denn längst habe ich Gedichte von dir, die für Songs nicht bestimmt waren und deine Liebe zu mir schilderten – ja, ja, gib es nur zu! – zu neuen Songs verarbeitet. Wenn du doch nur die Kraft gehabt hättest der Droge zu widerstehen. Und viel mehr noch denen, die sie dir gaben, dich abhängig machten ...
Immer wieder sprach Stella in Momenten des Alleinseins mit ihrem Bruder. Insbesondere nach Konzerten. Sie konnte das Unumkehrbare nicht begreifen, suchte dabei nach ihrer eigenen Schuld, wollte wiedergutmachen, wo keine Wiedergutmachung möglich war.
Durch den für Europa zuständigen Undercover-Agenten der DEA, der US-Rauschgiftbehörde, Joe Wood, kannte sie die ganze Wahrheit. Es war ein böses Spiel, das die Bosse der Dealer mit Aaron Henderson, dem labilen Bruder der berühmten Rocksängerin, gespielt hatten.
Durch ihn wollten sie an Stella. Das war völlig klar. Nur zu oft, zu häufig hatten sich Rock- und Popmusiker einer Droge hingegeben, weil sie mit dem Erfolg, den Reaktionen der Umwelt, dem Druck der Plattenkonzerne nicht klargekommen waren. Alkohol, Speed, Kokain, Heroin, Crack. Dazu Spieltrieb, Casinos, Perversitäten, Internet-Chatten, Facebook, Twittern statt menschlicher Wärme. Süchte. Damit stehen sie nicht alleine da. Wer zählt die Politiker, die Sportler, die erfolgreichen Manager aller Branchen, die ohne eine Form von Droge, einer sehr harten, ihr Leben eben nicht mehr ohne die Sucht im Griff haben. Ohne „Stoff“ einfach nicht mehr auskommen. Vor der Welt, so wie sie ist, weglaufen. Weil sie sie nicht ertragen können, dennoch Teil des Ganzen sind und längst ihr Ich, ihre Seele, ihre Familien und Freunde verkauft haben. An Machtsymbole. An Süchte. Synonyme für das seelische Nichts. Die Leere hinter der Leere.
Und für die Big-Bosse des Systems gilt es, ganz besonders die Leaderwirkung der Superstars – Musiker, Spitzensportler, Showstars und Schauspieler – für ihre Ziele zu nutzen. Diese Personen stehen in der Öffentlichkeit, werden täglich in den Medien verbraten. Sie sind die Vorbilder, Leitbilder, die man braucht, um die ´normalen´ Menschen zu beeinflussen.
Denn wir sind ja alle so beeinflussbar!, zerriss es ihre Gedanken. Laut, gewalttätig fraßen sich negative Wellen in ihr Hirn. Auch das ein perfider Zug unseres medialen Zeitalters: Mache Angst, zeige Absonderliches, Perversitäten in jeder noch so abschreckenden Form, das kranke Leben der Stars, ihre Flausen, ihre Süchte, ihre Ficks, ihren Reichtum – dann hast du die Völker besser im Griff. Schüre die Angst, die in jeder kleinen, einsamen, hilflosen Seele keimt. Schüre ihre Sensationsgier. Mache die Menschen schlecht. Zeige sie von ihrer schlechtesten Seite. Immer wieder. Immer wieder. Exzesse. Verbrechen. Mord und Totschlag. Unfälle. Katastrophen. Menschliche Zusammenbrüche. Kriege. Und: Bediene dich zuerst bei den Kids, der Jugend. Sie hören auf dich! Die kannst du noch formen. Nach deinen teuflischen Plänen. Denn wenn Menschen sich vertrauen würden, wenn sie erkennen würden, dass sie gut sein könnten, hätte das System verloren.
Ausgespielt.
In Stella liefen unendlich viele Bilder ab.
„Dazu darf es nicht kommen. Nie und niemals.“ Sagen die uns Beherrschenden. Baue ein weltweites Vertriebssystem für Drogen jeder Art auf und schütze die, die das Zeug verkaufen. Vom oberen über das mittlere Management bis hin zu denen, die dann wirklich das Zeug in den Händen halten, um es den Süchtigen für ein paar Dollar-Franken-Euro-Yen weiter zu verdealen. Das machen die Bosse hinter den Dealern. Geheimdienste. Wenn ich das schon höre! Die sind nichts weiter als Handlanger, Dealer jeder Art. Ja – sie alle sind nur die kleinen, miesen Handlanger des großen Geldes. Und gemeint ist das wirklich große Geld, über das man gar nicht mehr spricht, das sich nur noch in internationaler Macht über Politik und Wirtschaft ausdrückt. Wer lässt die Taliban, die Afghanen Heroin anbauen? Wer verdient daran jedes Jahr 300 Milliarden Dollar? Wer zwingt die armen bolivianischen Bauern in den Anden, ihre Cocapflanzen zu hüten und zu pflegen, damit sie weitere vierhundert Milliarden Dollar im Jahr, steuerfrei, gemeinsam mit den Kolumbianern, für WEN erwirtschaften? Wer kommt wöchentlich nach Santa Cruz geflogen, um im Auftrag der wirklich Mächtigen das weiße Pulver abzutransportieren. Wer stützte Fidel den Castro über Jahrzehnte und nun seinen Bruder, damit sie die schöne Insel bewusst vergammeln, das Volk hungern lassen, nur um einen erstklassigen – unauffälligen – Drogenumschlagplatz zu haben? Und Guantanamo. Es geht um SIE. Im Spiel um eine grausame Macht. Wir werden beherrscht von wenigen Familien. Weltweit. Vielleicht sind es dreißig, vierzig, nicht mehr als fünfzig. Oder doch nur DIE FÜNF, wie der schlaue alte Schriftsteller-Fuchs Gore Vidal als geächtetes Mitglied aus dem Clan der Al-Gore-Familie es als Insider wusste?
Stella saß, in ihre Gedanken vertieft, sich extrem einsam und verlassen fühlend, im Fond der 600er Limousine und sinnierte über ihre enge seelische Verbindung zu ihrem toten Bruder, über die verlorene Naivität, ihre einstige Gutgläubigkeit den Mächtigen gegenüber und den energetischen Zustand der Welt ...
Wer sind DIE? DIE, die bestimmen, was mit den sieben, acht Milliarden Ameisen, genannt Menschen, geschieht? Wer sind DIE, die die Marionetten, die sich Politiker nennen, – von New York bis Berlin, von London bis Moskau, Paris bis Peking, Kairo bis Johannesburg –, dirigieren? Sie wählen lassen. Was für eine Farce, da ihnen immer alle Marionetten gehören, von Bush bis Trump, von Putin bis Merkel, Cameron bis Macron, Barroso und Renzi, sie nach Belieben einsetzen, absetzen. Die vorgeben, was für die Menschheit gut zu sein hat, was schlecht. Was hat man mir für dummes Zeug auf der Uni beigebracht! Nichts, rein gar nichts habe ich begriffen. Ist auch kein Wunder, denn auch die Universitäten gehören DENEN und damit bestimmen sie, was gelehrt wird, gelehrt und gelernt werden darf und soll.
Die wenigen Familien, die das Spiel der ´Demokratie´ spielen lassen, kennen immer beide Seiten einer Medaille und sie können jeden mit einem geeigneten Kandidaten bedienen, der ihnen ohnehin mit Haut und Haar gehört. Die dummen Massen, Wähler, denken, sie können sich entscheiden, glauben, zwischen zwei Übeln wählen zu können. Bullshit. DIE verlieren nie. Sie gewinnen immer und stehen als die Guten da, sofern man sie überhaupt kennt, erkennt. Denn ihre perfideste Eigenschaft ist die, ausschließlich aus dem Hintergrund zu agieren. Die Lorbeeren wie die Schläge stecken die von ihnen gelenkten und bezahlten Präsidenten, Politiker, Abgeordneten, Manager, Wirtschaftsführer, Wissenschaftler, Medienstars und sonstige Macher, Millionäre, Milliardäre, Makler und Mafiosi, Banker und Betrüger ein. Die Säulen des kranken Systems, total perverse, gierige, machtgeile Personen – Gore Vidal wusste, wovon er gesprochen hat:
Untouchables.
Noch.
Sie haben aus dem Spiel mit der Macht ein Monopoly des Grauens gemacht. Es geht nur noch darum, welche Familie welchem anderen Clan mit der Vernichtung von zwei Millionen Arbeitsplätzen einen Streich spielt. Darum, wer das größere Atomwaffenarsenal beherrscht, obwohl er genau weiß, dass er es nicht benutzen kann, weil er sonst – wie dumm! – selbst damit über den Jordan gehen würde. Darum, wer es schafft, durch das Züchten von Viren, Parasiten, Mykotoxinen, Protozoen, Würmern, Pilzen und anderen Miniungeheuern ganze Landstriche oder Bevölkerungsgruppen schneller zu eliminieren als der andere. Wer die Gentechnik, Konzerne wie Monsanto, DuPont, Syngenta, Bayer, Limagrain, BASF und deren Labore beherrscht, die das Leben selbst und die Lebensweise der Menschen kommender Jahrhunderte beherrschen soll. „Hauptsache, die Menschen werden krank von dem Zeug, was wir ihnen zu fressen geben. Pestizide. Herrliche Erfindung. An all den schönen neuen Krankheiten verdienen wir auch noch gigantisch!“ Denn diesen Familien gehören nicht nur Nestle & Co., sondern natürlich die Pharmakonzerne, die die unwirksamen Pillen herstellen und verscherbeln, die dem Plebs dabei helfen, noch kränker zu werden, als er es ohnehin ist, weil der Plebs sich von denen, die Angst schüren, verführen lässt und weil sie die Ärzte auf ihren Universitäten verdummt haben und die den Dreck von unnützen Medikamenten ohne einen Hauch von Gewissensbissen verordnen. Alles haben DIE im Griff! Mit wem kann ich eigentlich über die Untouchables reden. Meine Seele entlasten? Alle denken, „ach ja, da kommt Stella, die endgeile Rocksängerin ...“ Dabei passiert in mir doch so viel mehr! Wenn ich nur an die unzähligen Wissenschaftler denke, die sich von den Machthabern missbrauchen lassen, ohne zu wissen, dass sie ihre oft genialen Gehirne in den Dienst der Vergewaltigung der Schöpfung stellen?
Ihr Wagen hielt vor dem Lokal.