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IX

SCHWINGUNGEN WERDEN ZU ATOMEN UND BRINGEN

DAS HERVOR, WAS WIR LEBEN NENNEN.

SO GESCHIEHT ES, DASS IHRE GRUPPIERUNGEN, DURCH DIE

MACHT DER AFFINITÄT DER NATUR, EINE LEBENDIGE

WESENHEIT BILDEN; UND IN DER WEISE, WIE DER ATEM SICH DURCH DIE GESTALT MANIFESTIERT, ERLANGT DIE MATERIE

DAS BEWUSSTSEIN.

DER MENSCH BILDET SICH OFT EIN, GEDANKEN HÄTTEN

KEIN LEBEN; ER ERKENNT NICHT, DASS SIE LEBENDIGER

SIND ALS DIE KÖRPERLICHEN KEIME; UND GEBURT, KINDHEIT,

JUGEND, ALTER UND TOD HABEN. SIE ARBEITEN ZUM VORTEIL

ODER NACHTEIL DES MENSCHEN – JE NACH IHRER NATUR.

SCHWINGUNGEN HABEN IN DER REGEL SOWOHL LÄNGE

ALS AUCH BREITE. UND SIE KÖNNEN DEN GERINGSTEN BRUCHTEIL EINES AUGENBLICKES DAUERN, ABER AUCH DEN GRÖSSTEN TEIL

DES WELTENZEITALTERS. WENN DIE SCHWINGUNGEN

HERVORSCHNELLEN, ERSCHAFFT EINE DIE ANDERE. UND SO

ENTSTEHEN MYRIADEN AUS EINER EINZIGEN, UND SIE BILDEN

VERSCHIEDENE ORDNUNGEN, GESTALTEN UND FARBEN.

AUF DIESE WEISE GIBT ES KREISE UNTER KREISEN UND KREISE ÜBER KREISEN, SIE ALLE ZUSAMMEN ABER BILDEN DAS UNIVERSUM.

NACH IHRER MANIFESTATION GEHT JEDE SCHWINGUNG WIEDER IN IHRER URSPRÜNGLICHEN QUELLE AUF. DIE REICHWEITE DER

SCHWINGUNGEN ENTSPRICHT DER FEINHEIT DER EBENE, VON DER SIE AUSGEGANGEN SIND. EINFACHER GESAGT:

DAS WORT, DAS DIE LIPPEN SPRECHEN, KANN NUR DIE OHREN DES HÖRERS ERREICHEN; ABER DER GEDANKE, DER AUS DEM VERSTAND HERVORGEHT, REICHT WEIT UND FLIEGT VON GEIST ZU GEIST.

Hazrat Inayat Khan, Pir-o-Murshid

Wiesbaden, in der Nacht nach dem Konzert.

Stella und der geile Bock.

Als Stella Henderson das Sternelokal im Hotel Nassauer Hof, Wiesbaden, betritt, richten sich zirka dreißig Augenpaare auf sie. Die Reaktionen auf das Gesehene fallen unterschiedlich aus. Die Augen der männlichen Gäste des Feinschmeckertempels >Ente< glänzen und checken gierig und blitzschnell von Kopf bis Fuß, Fuß bis Kopf – einen Sekundenbruchteil zu lange an ihrem herrlichen Busen verweilend – die Sängerin. Nehmen das aristokratische Gesicht wahr, das nicht zu unserem genormten Schönheitsideal anno 20XY passen will. Nervöses Lecken der Mundwinkel mit flirriger Zunge begleiten die lüsternen Wahrnehmungen der Augen. Vorübergehend stellen sich schweißige Hände ein, die eine Idee zu krampfhaft Messer und Gabel umfassen; weiße Knöchel verraten ihre Gier.

Die Blicke der die Männer begleitenden Damen haben mehr etwas Stechendes an sich, Neidvolles, insgeheim jedoch auch Bewunderndes. Konkurrenz. Tolle Frau. Ekelhaft! Und meiner wird schon ganz scharf. Scheißkerl! Warum sehe ich nicht so blendend aus?

Getuschel, Köpfe rücken zusammen.

Für Stella nichts Neues. Aber bis heute sind ihr die aufdringlichen, bewundernden, eifersüchtig sie musternden Blicke der Menschen unangenehm.

Die Unsicherheit spürt sie nur so lange, bis Marek Bergfield, der im Restaurant schon auf sie wartete, flink auf sie zukommt, ihr den Mantel abnimmt und sie zu ihrem Tisch begleitet.

Noch bevor Stella freundlich ein »thanks« hauchen kann, ist Bergfield ebenso dezent wie er sie in Empfang nahm wieder abgetaucht und überlässt Stella ausschließlich ihrem Dinner-Partner.

Augen begegnen sich.

Augenblicklich wird eine Energie frei, wie man sie nur bei Gleichgesinnten, gleich Schwingenden messen könnte. Unerklärlich, was passiert, wenn der energetische Mikrokosmos zwischen Menschen stimmt, wenn sich ergänzende Energien in der nicht mehr messbaren Geschwindigkeit des ersten Augen-Blicks aufeinanderprallen. Beide, Meerbold und Stella Henderson, wissen in dem besonderen Moment der Begegnung, dass der Abend so verlaufen wird, wie sie ihn sich, wenn auch aus sehr unterschiedlichen Motiven, vorgestellt haben.

Wie ihn Meerbold sich seit Jahren erträumt hat.

Alles ist Energie.

Quantentheorie. Wir können gegen die Energiefelder, die uns in dem unwiederbringlichen Moment einer ersten Begegnung mit einem bis zu diesem Augenblick unbekannten Menschen durchlaufen, nicht zur Wehr setzen. Schwingungen. Sie sind da – oder auch nicht. Aber wenn, ja wenn sich ergänzende Energien aufeinandertreffen, dann werfen sie jeden Menschen um.

Manchmal nennt man es Liebe.

Wenn Schwingungen, die uns schier verrückt machen, verrückt auf einen ganz bestimmten, anderen Menschen, wenn unerklärliche Wellenlängen, die wir nicht deuten können und die uns in einen unerklärlichen Sog ziehen können, vorhanden sind, glauben wir, es sei Liebe. Wir haben keinen anderen Begriff dafür, auch wenn sich oft erst zu spät herausstellt, dass es gar keine Liebe war.

Dann haben sich die Quanten geirrt ...

Es ist ein nicht zu beschreibendes, schönes, gewaltiges Stechen im Herzen, in der Seele, ein inneres Aufleuchten, das einen durchfährt, wenn es zu dem als so angenehm empfundenen Austausch von Energie, feinstofflichen, immateriellen Kraftpaketen kommt. Schwingungen können einen total crazy machen.

Panta Rhei.

Alles fließt, alles wird fließen. Alles ist längst im Fluss. Gestern wird zu Heute, das Heute zu Morgen. Jetzt, jetzt gleich. Gedanken sind konzentrierte Energie. Zeit gibt es nicht. Immer ist alles vorhanden. Der Kosmos, den wir nicht begreifen.

Energie formt sich zu Gedanken.

Ohne Energie keine Gedanken. Ohne Gedanken keine Erotik. Erotik ist Geist. Geist kann erotisch sein.

Zuerst war der Geist. Die feinste Form der Materie – oder der Antimaterie; oder nur Energie? Was ist das, Energie?

»Hi, I‘m Rudolf. Danke, dass Sie gekommen sind. Sie machen mich glücklich.«

»Danke für die Einladung!«

Zum Essen Smalltalk. Die Zeit bis zum Abtauchen in die Höhen von körperlichem Verlangen, Verschmelzen überbrücken.

Was ist Liebe? Eine Person des am Tisch sitzenden Paares fragte sich das. Der anderen war das Gefühl Liebe fremd.

Der hat etwas von Brad Pitt von vor zehn Jahren. Insgesamt etwas heller im Typ, deutscher, aber schon ... Augen und Mund können sehr hart werden. Achtung, aufpassen Stella! In gewissen Situationen könnte das reizvoll sein. Trotzdem: Gefährlich, Stella ...! Er trägt Schwarz. Die Farbe, die mich am meisten anmacht. Nur schwarz. Was sonst. Das Stones-T-Shirt zur Leinenjacke. Die Jeans sitzt vorzüglich. Weiß er, dass Mick mich nahm, als ich ein zartes Groupie von knapp sechzehn war? Als ich die Musik der Stones in mich aufsaugte, um zu erfahren, zu lernen, wie man musikalische Schwingungen derartig cool, unverfälscht, rough und klar erfolgreich transportieren kann. Wie man, ohne dass der einzelne Musiker handwerklich ein Genie ist, trotzdem als Band über Jahrzehnte eine große Magie bewahren kann. Klar, Hype ist immer dabei, aber Hype funktioniert nur, wenn die Chemie stimmt. Die Chemie der Musiker untereinander, die Chemie der Songs und die Chemie zwischen Publikum und Künstler. Und die Chemie zwischen Groupies und Stars. Die schon zu dieser Zeit längst nicht mehr taufrischen Jungs der Band mit den zerlebten Gesichtern waren einfach straight, auch wenn sie bereits damals sehr gebraucht aussahen. Rock´n´Roll macht frisch. Und zehrt. Ein harter Job. Und er, der charismatische Sänger, tat den harten Job vorzüglich an mir. Ein Tier. Herrlich. Voll von Schwingungen, wie ich sie liebe, brauche.

Und der Typ heute ...?

Grün, als ob ich es gewusst hätte. Das Kleid ist der Wahnsinn! Natürlich trägt sie nur ihre wundervolle, frische, samtweiche, leicht gebräunte Haut darunter. Was sonst! Ich ahne es. Ich weiß es.

Ich weiß es!

Die Augen! Nie sieht man das goldgrün so klar, so wild und rein zugleich. Die langen Wimpern verstecken die großen, leuchtenden Pupillen – Videos täuschen. Ihre Nase passt nach Rom. Zur Zeit Cäsars müssen Göttinnen so ausgesehen haben. Wahnsinn. Sie sieht tausendmal besser aus als auf den schärfsten Videos. Dreidimensional. Diese Frau ist so umwerfend, dass ich einfach alles geben würde, um ihr auf Dauer näher kommen zu können. Dafür würde ich sogar meine Karriere aufs Spiel setzen.

Sie ist das Spiel meines Lebens.

Das Spiel, auf das ich immer gewartet habe, ohne zu wissen, dass es einen Abend mit Stella geben kann. Das antike Rom und Wiesbaden. Vereint im Heute. Gold und Grün. Wo ich auf Grün so stehe; es gibt eben Dinge zwischen Himmel und Erde ...

Artigkeiten, Anzüglichkeiten, Doppelzüngigkeiten. Versteckte Gier, immer offener. In charmante Wortspielereien eingehüllt, vom vorzüglichen Dinner überdeckt.

Endlich ...

Nach der Fasanenbrust auf Morchelschnee und Senfsoße das Mangosoufflé, eingebettet in einem Hauch Walnussmousse. Der letzte Tropfen Champagner, ein vorzüglicher Dom Perignon, 59er Jahrgang, einen doppelten Mokka.

Endlich ...

Unauffällig die Unterschrift, blanko, man vertraut sich. Ein Händedruck mit dem Chef des Gourmet-Tempels; Mäntel überstreifen, wieder die neugierigen Blicke der letzten, verbliebenen Fresssüchtigen ertragen. Zeit für das gehobene Bürgertum ins Bett zu gehen. Heute war man mal wieder sehr ausgelassen. Bis weit nach Mitternacht zum Essen. Einen Star beobachtet. Da wird die Vorstandssitzung heute früh wohl etwas kürzer ausfallen müssen. Das Leben ist so anstrengend.

Stellas Band war längst auf der Piste des Glücks der Einsamen.

Die Fahrt zum Steigenberger Hof wird für den Fahrer des 600er Mercedes zum fantasievollen Sexfilm. Er kann nichts sehen, ahnt aber, dass seine beiden Gäste alles andere sind als ein sich angiftendes, streitsüchtiges, seit vielen Jahren – leider – verheiratetes, absolut widerwärtiges Paar sind, das nur noch darauf wartet, dass der gemeinsam gekaufte Platz auf dem Friedhof endlich vom anderen zuerst belegt wird. Versteht sich, denn man möchte das Erbe noch antreten.

Trotzdem muss sich Jonathan, Stellas Fahrer, immens auf die Fahrt konzentrieren, schließlich hatte er noch kurz vor der Abfahrt aus Wiesbaden eine Warnung bekommen. Aber es war zu spät, zusätzliche Hilfe anzufordern, denn Sekunden nach dem Anruf musste er bereits vorfahren, um Stella und ihren Begleiter aufzunehmen. Manchmal läuft es eben nicht besser. Da er den Wagen während des nächtlichen Dinners der Turtelnden nicht verlassen hatte, obwohl die Einladung des Unbekannten auch ihm gegolten hätte, war er sich absolut sicher, dass am Wagen niemand hatte etwas manipulieren können. Also konnten die Typen, die Stella wieder mal nach dem Leben trachteten, nur die Fahrt zum Hotel nutzen oder den Weg von der Hotelgarage bis zu ihrer Suite. Oder das Attentat in ihrer Suite ausführen. Erfahrungsgemäß suchen sich Attentäter immer den schwächsten Punkt aus. Und der war die Fahrt. Nicht das Hotelzimmer, das rund um die Uhr von Security-Leuten bewacht wurde. Es sei denn, man schleust in die Security-Crew einen faulen Apfel. Doch das schien nicht möglich. Erstens arbeitete Marek sehr gewissenhaft, zweitens hatte auch Jonathans Auftraggeber alles getan, um solche Situationen auszuschließen. Und sein Chef war mehr als genau. Er war der sorgfältigste, umsichtigste und liebevollste Mensch, den Jonathan kannte.

Also bleibt nur die Fahrt von A nach B ...

Wenn sie gut waren, und das waren sie sicher, wussten sie, dass das Fahrzeug gepanzert war. Mit einem normalen Gewehr, einer Maschinenpistole oder Panzerfaust konnten sie nichts erreichen. Plastiksprengstoff – unmöglich. Außerdem hatte Jonathan den Wagen mehrfach kontrolliert und nicht verlassen.

Dadurch vergrößerten sich die Chancen, ohne Probleme bis zum Hotel zu kommen. Denn eine Straßensperre auf der Autobahn zwischen Wiesbaden und Frankfurt zu errichten war so gut wie unmöglich; die Strecke gehört zu den am besten überwachten Autobahnstücken in Deutschland, da die Gegend um den Flughafen Frankfurt seit Jahren höchste Sicherheitsstufe genoss. Widersinnig. Denn sogenannter ´Terrorismus´, von langer Hand und ganz anderen Menschen geplant und durchgeführt als man es der Bevölkerung vorgaukelte, gehörte zu den Mitteln, die Bevölkerung zu verwirren und ist immer, definitiv, von den planenden Geheimdiensten so gewollt, wie er sichtbar wird.

Terrorismus wird für den Pöbel, Volk genannt, als Ablenkung von den wahren Hintergründen und Zielen benötigt. Einfach, um rumours & fears zu schaffen, um die Völker zu beschäftigen, um zu verhindern, dass sie friedlich werden könnten. Um zu verhindern, dass sie angstfrei werden. Nordstaaten gegen Südstaaten. Protestanten gegen Katholiken, Kroaten gegen Serben. Serben gegen Kosovo-Albaner, Christen gegen Moslems, Taliban gegen Amerikaner, Palästinenser gegen Juden. Syrer gegen Syrer. Es war und ist immer dasselbe böse, Verwirrung stiftende Spiel.

Was war und bleibt, so schlussfolgerte Jonathan, ist der Versuch eines Verkehrsunfalls. Und dem konnte Jonathan relativ gelassen entgegensehen. Es gab keinen Trick, den er nicht kannte, keine komplizierte Situation, die er nicht oftmals mit seinen Trainern, professionellen Renn- und Testfahrern, simuliert hatte. Einziges Problem, falls es zu einer Konfrontation auf der Autobahn kommen sollte: Würde Stella etwas davon merken? Jonathan entschied sich für ein Ja. Sie würde, dank ihres absolut auf den Punkt arbeitenden Intellekts, sehr schnell wissen, dass er nicht einfach nur der Fahrer ist, der sie während der Tournee von A nach B bringt. Damit musste und konnte er leben. Das war das geringste Übel. Den darauffolgenden Fragen würde er sich mit Hilfe seines Auftraggebers problemlos entziehen können. Jetzt galt es erst einmal, die Lady und ihren unsympathischen Begleiter sicher ins Hotel zu bringen. Das war sein offizieller Job und darauf verwendete er seine volle Konzentration.

»Was machst du? Bist du auch in unserem Business tätig? Siehst fast so aus, wenn man dich genauer betrachtet. Plattenmanager, Produzent, Publisher? Lügen deine Klamotten oder sprechen sie die Wahrheit?«

Stella hatte ihre Neugier, mehr über ihren Dinnerpartner zu erfahren, bis zu der dreißigminütigen Fahrt zum Hotel gezügelt.

Jetzt, in das Dunkel der herbstlich kalten, ungemütlichen, von Windböen gestörten Nacht eingehüllt und auf weichen, vorgewärmten Conollyledersitzen im Fonds der Luxuslimousine sitzend, wollte sie in seine Seele eindringen. Sollte er denn eine haben. Zumindest ein Stück tief. Verletzen muss sein. In jedem Fall. Das war ihre Aufgabe. Sie ahnte, dass es nur eine einzige Nacht für sie beide geben würde. Wie so oft. Das war ihr ausschließlicher Wille. Nur eine Nacht. Jedes Mal.

Verletzen.

Anknipsen und ausschalten.

Anmachen und weggehen.

Verletzen.

Denn daran konnte kein Zweifel bestehen: Die Männer begehrten sie. Millionen der männlichen Fans rund um den Globus verzehrten sich nach Stella Henderson.

Und sicher auch Frauen.

Sie ist schön, sie ist berühmt. Sie strahlt Erotik aus. Sie ist ein Star. Ein Weltstar, wie es so schön in der oberflächlichen Sprache der Medien heißt. Dessen war sie sich bewusst. Immer. Fast immer.

Männer jeden Alters, jeden Kalibers konnte sie haben. Wie eine Ware. Kaufen mit einem Blick, mit einem Song. Mit einer Geste, einem Video. Sie war selbst eine Ware. Prostituierte sich mit jedem neuen Lied, offenbarte ein Stück von sich. Immer mehr. Gab ihre Seele preis. Ohne geht es nicht, wenn man Musik macht. Wenn man Kunst lebt. Und dann wird man verletzbar. Trägt Wunden mit sich. Immer öfter, immer größere, tiefere Wunden, die zu unsichtbaren Narben werden.

Um sich zu schützen, nutzte Stella ihre Popularität und kaufte sich auf ihre Weise, über eine gute Bühnenperformance, die Ware Mann. Insbesondere die, die ihr die Nächte nach den Konzerten verkürzten, die ihre Lover für One-Night-Stands waren.

Die erst recht.

Auch Rudolf Meerbold würde dazu gehören.

Stimmt: ein interessanter, amüsanter Typ. Gute Manieren, gepflegt; die manikürten Hände waren nur ein Zeichen dafür. Mareks Auswahl war mal wieder perfekt.

Er hatte das richtige Alter für sie, war sportlich-drahtig und wie seine hellblauen, glänzenden Augen sie durchdrangen, das trieb ihr schon wonnige Schauer über den Rücken. Aber bevor sich der Gedanke, dass sie es mit Meerbold länger als nur eine Nacht aushalten könnte und eventuell auch wollte, ihn öfter begehren würde sich manifestieren konnte, vertrieb sie ihn wieder.

Noch dazu war er ein Deutscher. Die hatte sie besonders zu hassen gelernt.

Verletzen. Mehr nicht. Mehr war nicht drin.

Mutter! Was hattet ihr, Sarah Henderson, geborene Braunstein, als blutjunges Mädchen und deine Eltern unter dem damaligen deutschen Dritten Reich leiden müssen ...

»Nein«, lachte Meerbold sein sympathisches Lachen. Offen, frisch, distinguiert die Stimme, ihre Frage beantwortend, nachdem beide für einige Momente ihren Gedanken nachgegangen waren. »Das errätst du nie! Mit Musik habe ich beruflich nichts zu tun. Wirklich rein gar nichts, auch wenn ich das, was du machst, absolut toll finde. Sonst wäre ich ja nicht hier.«

»Ich weiß, du bist katholischer Priester und stockschwul, ich merke es ...«

»Die Haut deiner Schenkel ist wie Seide. Ich weiß, eine Plattitüde. Aber ich liebe Seide. Seide. Seit Jahrtausenden begehrt, so wie ich dich seit gefühlten Jahrtausenden begehre.«

»Ich sage es dir gleich, bevor du es dir anders überlegst: Wenn wir das Auto verlassen, darfst du mich nicht mehr berühren. Nur jetzt. Hier. Abgemacht? Überhaupt nicht mehr, bis ich dir, vielleicht, wieder ein ´okay´ dazu gebe. Das ist meine Bedingung. Unwiderruflich. Okay?!Aber bitte, sag mir, was machst du, du deutscher Schönling, der du jeden meiner Songs besser zu kennen scheinst als ich selbst?«

»Okay, lass uns einen Deal machen. Für jede ehrliche Antwort, die ich dir gebe, darf ich dich zehn Sekunden berühren.«

»Ich gebe dir Zeit für einhundert Fragen.«

»Das sind eintausend Sekunden Berührung. Mein Traum geht in Erfüllung: Eine Nacht mit Stella Henderson. Weißt du, dass ich auf diese Nacht seit über vier Jahren warte, seit über vier Jahren mich darauf vorbereitet habe? Stell deine Fragen und lass mich deine Seidenhaut genießen.«

Rudolf Meerbolds Lippen schoben sich an der Innenseite ihres rechten Schenkels genüsslich, durchaus zärtlich und sehr langsam nach oben. Nur Millimeter, so schien es ihm, waren sie von ihrem Ziel noch entfernt. Ein göttlicher Genuss, denn ihre Haut duftete nach Meer, frischem Heu, nach Sonne und tausend anderen Wohlgerüchen.

Die Düfte entstanden in Meerbolds Kopf.

Was immer er sich gerade vorstellte – Stellas seidenweiche Schenkel dufteten danach. Jetzt dufteten sie nach Gold. Nach purem Gold. Und er nahm sich Zeit zum Verweilen, wollte den Augenblick der unfassbaren Berührung genießen. Sie bis zum letzten Bruchteil einer Sekunde, die so herrlich lang sein konnte, auskosten.

Stella ließ ihn gewähren, obwohl sie noch keine Frage gestellt hatte und ihn hätte abweisen müssen. Wenn ihr Spiel ernst gemeint war. Alle Dinge, die wichtigen, auf die es ankommt, finden nur im Kopf statt. Energie. Energie, die auf die Energie eines anderen trifft. Wie Stella darauf reagierte, konnte er fühlen, spüren. Ihr Körper war eine einzige Vibration. Zart, ganz zart, dennoch für ihn spürbar. Bei jedem Zentimeter, den er ihren Traumkörper eroberte, den er sich, widerrechtlich, zum Kern seiner Wünsche empor küsste.

Seine Lippen wurden allmählich feucht.

Ihre auch.

»Wo bist du zu Hause?«

Selbst die nüchterne Frage konnte seine Energiefelder nicht zerstören.

»In Bad Godesberg bei Bonn«, antwortete er, für ihn selbst überraschend, wahrheitsgemäß, obwohl er schon seit Jahren in Berlin einen weiteren Wohnsitz hatte.

»Ich glaube dir. Du hast dir die ersten zehn Sekunden verdient. Weiter. Weiter! Was machst du, wenn du nicht Damen auf diese Weise belästigst, wie gerade jetzt?«

»Ich bin in der Wirtschaft tätig.«

»Abgelehnt. Das ist mir zu ungenau.«

»Also gut, ich arbeite in Bonn und in Berlin.«

»Ist das nicht die Kleinstadt, in der eure Regierung mal war?«

»Ja.«

»Aha, dann arbeitest du im Stones-T-Shirt für die Regierung? Als Bote, Hausmeister, Pförtner?«

»Ja und nein.«

»Was heißt ja und nein?«

»Es ist richtig. Ich arbeite für die Regierung, aber nicht im Stones-T-Shirt. Nicht als Bote. Jetzt habe ich mir schon dreißig weitere Sekunden verdient.«

Rudolf antwortete beiläufig, zerfahren. Es war zu spüren, wie unkonzentriert er war. Sein Gehirn war des Denkens nicht mehr fähig. Seine Sinne hatten ihn überrollt. Stella lag quer über der bequemen Rückbank. Ihr gefütterter Seidenparka verbarg weniger, als er freigab. Denn das ohnehin sehr kurze Minikleid war längst über ihre Hüften nach oben gerutscht. Auch im Dunkel der Nacht zeichneten sich die Konturen ihrer herrlichen, schlanken und langen Beine ab. Das Ende der schwarzen Strümpfe, ein Stück zartes Weiß, dann das Goldene Dreieck, Zentrum seiner Begierde. Und sie genoss die intensiven, gefühlvollen, fast zärtlichen Berührungen von Rudolf, dem ungewöhnlichen Rockfan, ihrem Lover für eine Nacht, die sie in der einfühlsamen Intensität nicht erwartet hatte. Sie spürte, dass es ihr mit ihm gefallen wird. Das Vorspiel ließ sich ganz nach ihren Wünschen an. Sie brauchte Männer, die bestimmt und konsequent ihren Weg gingen. Aber nur, solange sie es wollte, es zuließ. Und solange die Männer das machten, was sie erotisierte.

Die Macht über das Geschehen blieb bei ihr.

Bei aller Hingabe.

Die Kontrolle über sich selbst und den One-Night-Lover gab sie niemals auf. Auch nicht für Meerbold.

Für Rudolf, den Schönen, war die Zeit des Vorspiels fast abgelaufen, denn sie näherten sich, über die Miquelallee kommend, der Innenstadt Frankfurts und damit dem Hotel. Flüchtig nahm Stella die ersten Hinweisschilder zum Messegelände wahr, die Abfahrt von der Autobahn. Wenige Minuten nur verblieben dem Galan, seine Exkursionen auf ihrem Körper fortzusetzen, ohne dass sie die Zeit der nicht gefragten Fragen berechnen würde. Denn die redlich verdienten dreißig Sekunden der Berührungen waren längst vorüber.

Stella taten die Berührungen gut. Seine Hände waren erfahren, kräftig, jedoch nicht brutal. Gepflegte, seidenweiche Haut. Auch er. Galan Rudolf stimulierte sie geschickt, mit seinen Lippen, seiner Zunge, den Schneidezähnen, die er sanft und kraftvoll zugleich benutzte. Er hatte ein gutes Gefühl für ihre empfindlichen Zonen und sehr schnell erkannt, dass das Streicheln ihrer Oberarme, die letzten zehn Zentimeter, außen, vor dem Ansatz zur Schulter, sie rasend machen konnten. Und nicht nur ein zarter Biss in ein kleines, wunderschönes, wohlduftendes Stückchen Fleisch innerhalb ihres goldenen Dreiecks.

In diesem Moment heulte der Zwölfzylinder des Wagens auf, Räder quietschten, Stella schlug mit dem Hinterkopf hart an die Seitenscheibe, rutschte, da der Wagen nach dem kurzzeitigen Vollgas und dem brutal eingeleiteten Linksschwenker nun eine Vollbremsung vornahm und den über drei Tonnen schweren Wagen für Sekundenbruchteile quer stellte, fast vom Sitz, hätte Meerbold, der in unbequemer Stellung vor ihr kniete, sie nicht kraftvoll zupackend festgehalten und ihren Aufprall gebremst.

»Was ist los, Jon, spinnst du? Wenn du neidisch bist, sag es lieber, dann können wir drüber reden«, versuchte Stella, die völlig erschrocken und verwirrt zugleich war, die gefährlich erscheinende und völlig überraschend eingetretene Situation zu überspielen und locker auf ihre besondere, freundlich-ironische Weise in den Griff zu bekommen. Was ihr aber nicht gelang, denn ihr Tonfall zeigte dem guten Beobachter Jonathan an, dass sie sich ziemlich ängstigte, wenngleich sie das Manöver auf die leichte Schulter zu nehmen schien.

»Tut mir leid. Alles okay, Stella. Ein besoffener Idiot hat uns gerade den Weg abgeschnitten. Ist bei Rot über die Kreuzung gerast. Alles im Griff. Kein Problem. Wirklich. Wir sind gleich da!«

»Entschuldige. Danke.«

Jonathan drehte das Radio noch lauter ...

Dank ihres intensiven Vorspiels hatten weder Stella noch ihr Begleiter die eigentliche Situation, die zu dem blitzartigen Manöver ihres Fahrers geführt hatte, richtig erfasst.

Jonathan hatte sich schon fast völlig sicher gefühlt. In Frankfurt selbst, entschied er während der bis zu diesem Zeitpunkt ruhig verlaufenden Fahrt, wird es noch schwerer werden, Stella zu killen. Es sei denn, jemand ´übersieht´ Rot und fährt in sie hinein. Das müsste ein Kamikaze-Pilot sein, denn er würde selbst dabei draufgehen, wollte er Erfolg haben oder selbst ein noch schwereres Stahlungeheuer fahren. Für eine Konfrontation der brutalen Art war ihr gepanzerter Mercedes viel zu stabil. Und anders als bei Di & Do seinerzeit in Paris war er ein mit allen Wassern gewaschener Vollprofi, ohne jeglichen Tropfen Alkohol im Blut, ohne Tabletten, weder zu schnell durch die Stadt rasend noch zugekokst, sondern hellwach und mit einem hervorragend ausgerüsteten Wagen unterwegs. Und vermutlich nicht von einem der britischen Geheimdienste verfolgt. Oder vom Mossad. Doch wer konnte das schon mit Bestimmtheit sagen? Im Spiel um Leben und Tod war alles drin. Das wusste Jonathan, der Fahrer des amerikanischen Superstars.

Für eine gute Spritze in den Tod tun manche Verzweifelte alles ... Sollte es das sein?

Also fuhr Jonathan, unbemerkt von den Turtelnden im Fond, oft selbst bei Rot über die Kreuzungen, sobald er das Stadtgebiet von Frankfurt erreicht hatte. Mit den gewagten Schockmanövern nahm er dem potenziellen Rotfahrer, der auf ihre Limousine wartete, die Möglichkeit, Gleiches zu tun. Denn der ging mit Sicherheit davon aus, dass der Fahrer des Wagens von Stella Henderson sich selbst im schwachen Nachtverkehr absolut vorschriftsmäßig verhalten würde. Schließlich hatte der Wagen wertvolle Fracht an Bord.

Jonathans Manöver des Widersinnigen, theoretisch Gefährlichen, mit dem ein gedungener Attentäter nicht rechnen konnte, ging gut, bis zur Kreuzung Baldestraße. Am Straßenrand stand ein Streifenwagen der Polizei. Jonathan musste abbremsen, an der gerade rot gewordenen Ampel halten, um nicht in die Fänge der Polizei zu geraten. Wobei auch die Polizisten diejenigen sein konnten, denen er entgehen musste. Tarnung ist alles. Zeit für eine andere Entscheidung war nicht da: Du siehst Bullen und trittst auf die Bremse weil Rot ist. So läuft das in uns ab.

Und als er wieder anfuhr, war das andere Fahrzeug – es kam von rechts, so wie er vermutet hatte, denn die Leute wussten, dass Stella immer auf dem Platz hinten rechts im Fond saß – auch schon zu sehen. Schoss mit höchster Beschleunigung auf den Mercedes zu. Nur dank des hervorragenden Reaktionsvermögens und der immensen Beschleunigung des getunten Zwölfzylinders war es Jonathan gelungen, dem Mordanschlag auf Stella um die berühmte Haaresbreite zu entgehen. Um nach dem gelungenen Blitzmanöver nicht auf ein vor ihm dahin tuckerndes Mofa aufzufahren, das gerade noch bei dunkelgelb von der Baldestraße kommend nach rechts abgebogen war, musste er Sekundenbruchteile nach seinem Ausweichmanöver und einer begonnenen Extrembeschleunigung eine Vollbremsung machen. Kompliziert. Der ganze Vorgang spielte sich in weniger als zwei Sekunden ab.

Sie waren noch einmal davongekommen.

Im Rückspiegel konnte Jonathan, der versuchte, so korrekt und unauffällig wie möglich weiterzufahren, erkennen, dass das Streifenfahrzeug – die Bullen waren wirklich Bullen – sofort die Verfolgung des ´Falschfahrers´ aufgenommen hatte, nachdem die gecheckt hatten, dass mit der schweren Limousine offensichtlich nichts passiert war. Von der wilden Verfolgungsjagd, die mit Schüssen auf das Streifenfahrzeug, dem Entkommen der Attentäter und mit einem schweren Crash für das Polizeiauto und zwei toten Polizisten endete, bekam Jonathan nichts mit. Es war ihm im Moment ziemlich gleichgültig, denn er musste seinen eigenen Adrenalinhaushalt erstmal wieder in den Griff bekommen.

»Du siehst nicht gerade wie ein Regierungsbeamter aus?«, versuchte sich Stella abzureagieren, den durch das Ausweichmanöver verursachten Aufprall an die Seitenscheibe entstandenen Schmerz zu ignorieren und ihre innere Erotikuhr wieder aufzubauen, denn sie war schon viel zu scharf, als dass ihr irgendwelche Zweifel an Jons Aussage gekommen wären. Sie nahm die Antwort so hin, wollte sie so hinnehmen. Und das Austicken des Wagens dauerte ja nur Sekunden. Wer kommt da auf böse Gedanken in einer so wundervollen Nacht?!

»Wirklich«, ein gutturales, leicht nervöses Lachen begleitete Rudolfs Antwort, der nur so tat, als hätte ihn die brenzlige Situation nicht berührt. Seine Erektion war ebenso schnell verschwunden, wie das Ausweichmanöver dauerte, und war einem starken Herzklopfen gewichen. Beides Ergebnis des Fast-Zusammenstoßes. Für ihn galt es, erneut Aufbauarbeit zu leisten. Dafür hatte er, wenn die natürliche Geilheit durch die Erotik, die die Sängerin ausstrahlte, nicht ausreichen würde – was er sich nicht vorstellen konnte – sein weißes Pülverchen, das ihm sehr viel bessere Dienste leistete, als es Viagra je würde tun können ...

»Deine Kleidung. Überhaupt dein Äußeres. Du bist viel zu modern, zu schrill für einen Regierungstypen. Hey, willst du mich auf den Arm nehmen.«

»Vierzig Sekunden. Denn meine Antwort war richtig, glaub es. Nein, ich habe nicht die Absicht, dir etwas Falsches zu erzählen. Ich bin nur unglaublich heiß auf dich!«

Stella beugte sich zu ihm herunter, biss leicht in sein rechtes Ohr und flüsterte ihm etwas hinein, dass ihn fast wahnsinnig machte und recht schnell das Vorgefallene vergessen ließ. Auch sie reagierte sich auf ihre Weise ab.

Sie ist noch viel heißer, als ich es je anzunehmen wagte, durchfuhr es ihn. Scheiß auf die Etikette, Herr Staatssekretär, lass das Animalische, das in dir steckt, endlich raus. Die Zeit ist knapp.

»Also im Wissenschaftsministerium.«

»Ja.«

»Minister etwa, junger Spund?«

»Staatssekretär. Die erste Minute ist voll, Darling!«

Der schwarze Mercedes fuhr direkt in die Tiefgarage des Steigenberger Hofs; durch die getönten Scheiben konnten Stella und Rudolf die Fans, die noch immer vor dem Haupteingang ausharrten, um ein Autogramm ihres Idols zu erhaschen, nur flüchtig wahrnehmen. Ganz zum Leidwesen des Portiers, der das für ihn schrille Rockpublikum gar nicht so gern vor seinem Edelschuppen sah. Aber was konnte er schon dagegen machen! Hotels wie der Steigenberger Hof leben nun mal von den Stars und den Reichen der Erde. Ihnen verdankte er seinen Job ...

Der Fahrer war direkt bis an den Lift gefahren, sprang, zuerst mit geübtem Blick nach allen Seiten hin die Garage nach Gefahren absuchend, aus dem Wagen, rief einen Fahrstuhl, wartete an der rechten hinteren Tür, bis der Lift sich mit einem ´Bling´ ankündigte, um sie dann aufzureißen und seine beiden Gäste, die ihn von seiner eigentlichen Aufgabe während der gut dreißigminütigen Fahrt emotional ziemlich abgelenkt hatten, in den Fahrstuhl zu begleiten.

Er drückte auf 14, stieg selbst mit ein, obwohl das nicht sein Job war, und begleitete die Fahrt des Lifts. Als der ohne Zwischenstopp in der vierzehnten Etage angekommen war, fuhr er sofort, nach einem freundlichen zu Stella gewandten »good night«, – den Pfau ließ er links liegen, das konnte er sich leisten – wieder abwärts zur Garage und setzte sich, erschöpft und glücklich zugleich, in den schweren Wagen. Er griff zum Telefon, wählte noch einmal die Suite von Stella: »Alles okay, Stella?«

»Danke, Jonathan. Und danke auch für das tolle Ausweichmanöver. Das hätte schiefgehen können. Ich weiß das zu schätzen und werde Marek bitten, deine Aufmerksamkeit entsprechend zu honorieren!«

»Danke, Stella. Das ist nicht nötig. Ist doch mein Job. War nichts Schlimmes. Sicher einer, der zu viel getrunken hatte. Nochmals sorry, dass ich derart stark bremsen musste ...«

Dann wählte er eine andere Nummer, ebenfalls im Hotel, und sagte nur: »Sie sind da. Keine größeren Komplikationen, alles ist gut gegangen. Er ist bei ihr. Gute Nacht.«

Anonymous 3

„Die korrelative Disposition hat versagt, 666 elfeinundzwanzig. Mist. Aber dafuer haben wir praechtige Bilder auf dem Screen. Sie zeigen, wie das Ding sich in einer angespannten Situation verhaelt. Schau dir die Bilder an, diese Kryptogramme. Einfach grossartig. Sie haben Rasse, Klasse, Qualitaet. Erinnern mich stark an Variationen dinergischer harmonografischer Muster, wie sie schon Sir d´Arcy Wentworth Thompson mit seiner Theorie der Transformationen nachgewiesen hat: Die Natur scheint das Unmoegliche zu vollbringen, naemlich Formen zu schaffen, die zugleich aehnlich und unaehnlich sind. Ich werde das printen und dann vergroessern.“

„Ja, du hast recht, 666 achtzehnviervier: es zeigt uns, dass man die Natur doch beeinflussen kann, dass man Gedanken verbiegen, dass man Einfluss auf den Fluss des Lebens nehmen kann. WIR koennen es! Haenge es bei dir im Labor auf - dann kannst du dich jeden Tag daran ergoetzen; ich weiss doch, wie schnell du dich an solchen Kleinigkeiten erfreuen kannst!“

„Du bist nicht fair! Ich werde das erste Messergebnis der Art, das es weltweit ueberhaupt gibt, das so wundervoll unvergleichlich, ausserirdisch, ueberirdisch aussieht, in den Eingangsbereich meiner Villa haengen. Als farbigen und plakativen Beweis fuer das Gelingen unserer Einflussnahme in das Ganzheitsmuster eines lebenden Dinges! Ich werde die Grafik mit einem goldenen Rahmen versehen und daneben die vergleichende Tabelle der menschlichen Proportionen haengen“

„Warum der menschlichen? Hat das einen besonderen Sinn ...?“

„Warte ab, mein Freund. Und jetzt hilf mir und TT das Ding einzufangen und zu kontrollieren. Es stehen noch Unmengen an Auswertungen an, die wir aber erst noch einspeisen muessen, damit die Maschinen ueber Nacht arbeiten koennen.“

„OK, ich gehe sofort zu TT.“

≠≠

DU GEHÖRST IHNEN.

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