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Daniel Richter und Sepp Huberbauer:

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13:05 Uhr. Schweigend waren Hauptkommissar Huberbauer und Daniel Richter zum Marienplatz gelaufen und setzten sich auf die Terrasse vom ›Café Richard‹ mit Blick auf den Viktualienmarkt. Fanny war beleidigt hinter ihnen hergelaufen, denn niemand hatte sich um ihn gekümmert, ja, sie hätten sogar vergessen ihn mitzunehmen, als sie das Dienstzimmer vom Huberbauer Sepp in der Ettstraße verließen, wenn Fanny sich nicht lautstark bemerkbar gemacht hätte …

Die frisch restaurierte Kirche gegenüber schlug zur vollen Stunde an. Zu spät. Eine Minute! Von wegen restauriert. Aber selbst das bemerkten die sehr verschieden gestrickten Männer nicht. Sie waren in Gedanken.

»Bist du zum gleichen Ergebnis gekommen wie ich?«, fragte Huberbauer.

»Wie soll ich wissen, was in deinem Kopf vor sich geht!«

»Ich wundere mich, was da beim Polizeipräsidenten abgeht. Zwischen wem die Drähte heißlaufen und warum das LKA eingeschaltet wurde. Gleich nachdem die Meldung irgendwo platziert worden war! Nachts! Bevor du kamst, habe ich mal rumtelefoniert. Da läuft definitiv was falsch. Mein Chef, der Oberleitner, sagte mir: „Ja, bitte, kümmern Sie sich auch darum. Übrigens – ich habe Ihnen nichts gesagt, Ihnen keinen Auftrag dazu gegeben. Sie müssen die Ermittlungen auf Ihre eigene Kappe nehmen, Huberbauer, da Sie die Meldung über zwei Tote im DEKADENT auf Ihrem Tisch vorfanden. Haben wir uns verstanden? Rufen Sie aber nicht beim LKA an. Gehen Sie einfach in den Club, haben Sie die Adresse?“ Ich sagte „nein“. Da gibt er sie mir und ich falle fast vom Stuhl!«

»Machst mich neugierig. Sag an, Sepp, wo ist der ominöse, geheimnisvolle Club?«

Huberbauer zieht einen Zettel aus der Tasche, den Rest eines ehemaligen stattlichen Bleistifts von Faber-Castell, kritzelt etwas drauf und schiebt mir den Zettel rüber.

Wow!

Das ist der Hammer!

»Sepp, wo sind wir da reingeraten?!«

»Keine Idee. Noch nicht.

So: Was weißt du, Doktor, sag an?«

»Noch stehe ich auch auf dem Schlauch. Mich rief eine Frau an, Gitti Mörsmann, die von irgendjemand meine Handynummer bekommen hat. Sie sagte mir, dass ihr Alter umgekommen sei. Im DEKADENT. Letzte Nacht. Und eine blutjunge Frau, die ihm gegenüber gesessen hätte. Sie redete von Mord. Sie war völlig von der Rolle und murmelte auch was von einer Zahl. Die scheint eine Bedeutung zu haben. Ein Kumpel ihres ermordeten Mannes, ein gewisser Rudi, rief sie an und gab ihr eine Zahl durch mit der Bemerkung, dass „das Spiel jetzt beginnt. Auf die Sekunde“. Ich hielt die Zeit fest, zu der angeblich „das Spiel“ beginnen soll, weil die eine Bedeutung zu haben scheint. Zur Zahl, die sie nannte, kann ich noch nichts sagen, weil die Frau durch den Wind war. Ein schriller, klirrender Teekessel. Check du mal, wer die Mörsmanns sind. Ich treffe mich mit ihr gleich im ›Luitpold‹, aber das sagte ich schon. Besser: Willst du mitkommen? Ich stelle dich als meinen Assistenten vor. Vier Ohren sehen mehr als zwei, oder so ähnlich. Und wir haben Fanny. Was meinst du?«

»Ist nicht nach Vorschrift, aber wenn es hilft? Mich haben die vom LKA auch verarscht und einfach übergangen. Dann lass uns aufbrechen, wir wollen sie nicht warten lassen, falls die Frau pünktlich ist. Wie erkennst du sie?«

»Gar nicht. Sie muss mich erkennen. Vermutlich hat sie ein Foto von mir. Alles mysteriös.«

Huberbauer telefonierte schon mit der Ettstraße. Während ich meinen Cappuccino austrank, versuchte, mit der beleidigten Leberwurst, dem überfetteten Kampfhund Fanny, in einen sinnvollen Dialog einzutreten, kam schon die Antwort.

Nun wussten wir wenigstens, wer der Tote war und wer die Gitti Mörsmann und auch, dass ihr Mann, der Pharmatyp, mit einem minderjährigen Mädchen namens Figurella Estavilla in dem Club gewesen war und angeblich noch immer dort sitzt. Das stand in einem Protokoll, das fälschlicherweise – oder doch nicht?! – in Kopie an die Ettstraße gegangen war, obwohl es an das LKA gerichtet war. Ein Bote hatte es mit der Bemerkung abgegeben: „Für Hauptkommissar Huberbauer.“

Der Fall wurde immer undurchsichtiger, obwohl wir mit der Recherche noch gar nicht richtig begonnen hatten.

Der Mörsmann war tot wie seine nächtliche Begleiterin. Um die brauchten wir uns jetzt erst mal nicht mehr zu kümmern. Auch der Tatort war von meinen Ex-Kollegen des LKA abgegrast. Während wir auf dem Weg zum Treffpunkt waren, bekam Huberbauer einen Anruf. Vom LKA … Die hatten irgendwie Wind davon bekommen, dass der Huberbauer angefressen war. Der Leiter der SOKO, Kriminalrat Bleiling, war höchstpersönlich dran:

»Huberbauer. Ich habe die Information bekommen, dass Sie ein gewisser Daniel Richter angerufen hat. Sie wissen, dass der mal in unserem Verein war. Halten Sie sich da raus und glauben Sie dem Doktor kein Wort. Verstanden? Das ist eine Weisung, verstehen Sie mich richtig, Huberbauer!«

Zack.

Gespräch beendet, bevor der Sepp etwas erwidern konnte.

»Sag mal, was ist jetzt los? Weißt du, wer das eben war? Bleiling. Von deinem Ex-Verein. Ich solle mich aus dem „Fall“ raushalten. Er sagte nicht, welcher und ging davon aus, dass ich es wüsste. Er gab mir die Weisung, dir nichts zu glauben. Was soll ich dir nicht glauben, Ex-LKA-Bulle? Ich traue dem nicht. Der kann mir keine Weisung geben! Was für ein Trottel!«

Huberbauer war verwirrt.

»Ein echter Sesselpupser. Den mochte ich nie. Wo haben Sie den denn wieder aus der Schublade gezogen. Mittelmäßiger – Betonung auf mäßig – Karrierist. Eigentlich zuständig für Bandenbildung und illegale Vereinigungen …«

Alles wurde noch mysteriöser. Es musste also einen Maulwurf geben, der Interna von der Ettstraße an das LKA weitergab. Es konnte nur der Chef vom Huberbauer sein, oder? Mir war es egal.

»Zahlen!«

Fanny hatte sich einigermaßen beruhigt. Ich hatte ihm eine Bratwurst mit Sauerkraut spendiert. Um ihn zu ärgern. Natürlich hatte er das Sauerkraut ignoriert, die Wurst mit einem einzigen Biss und einem lauten Schmatzer verächtlich runtergeschlungen. Kaum im Magen, rülpste er lautstark, wartete auf die Reaktion der anderen Gäste auf der Terrasse und schaute mich in einer Mischung aus Vorwurf und Grinsen an.

Wir verstanden uns.

Er wartete auf seine Aufgabe, denn er vermutete, dass es auch für ihn wieder was zu erledigen gäbe. Irgendwie rührend. Ich sagte ihm, dass ich ihm in diesem Fall nicht viel zutraue, dass er außerdem viel zu fett sei und schon sprang er auf, um zu beweisen, dass er fit sei und hellwach. Dass er aus Versehen mit seiner kräftigen Rute – viele sagen fälschlich Schwanz dazu und denken, eine Rute gehört nur zum Weihnachtsmann – dabei wieder mal drei Tische in der Umgebung abräumte, natürlich die, an denen auf den ersten Blick auch für ihn erkennbar Touristen saßen, die er von Hause aus nicht leiden konnte, da sie München mit ihrer Anwesenheit zumüllten, wie er glaubte, war seiner – absolut nicht vorhandenen – Überfettung und der dadurch angeblich entstandenen Unbeweglichkeit zuzuschreiben.

Ich fand‘s prima.

War ja nicht mein Hund …

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