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Der ‚Doktor‘:

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12:34 Uhr. Nicht mal zum Frühstück komme ich. Ich glaube, ich schmeiße mein Handy in den Pool. Katastrophe. Die Leute lassen mich einfach nicht in Ruhe. Ständig wird in München gemordet, geraubt, geklaut, geprellt, gefickt, gelogen, ge …

Geht‘s noch?

Und mich rufen sie dann an, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Irgendeinen Scheiß fabriziert haben, aus dem sie nicht mehr rauskommen. Oder was erlebt haben, was ihnen die Hutschnur zerlegt.

Neulich sitze ich im Café, am Nebentisch zwei Top-Tussis, aufgetakelt wie ein Fünfmaster kurz vor ‘ner Sturmwarnung, sagt die eine zu der anderen: „In München gibt es so viele neidische und bösartige Frauen. Die gönnen dir nicht mal das Schwarze unten den Fingernägeln, obwohl sie selbst so viel Geld haben, dass sie dich damit zusch … könnten – na du weißt schon, ich möchte ja nicht vulgär sein –, aber noch mehr Probleme, als Kohle haben …“

O. K., dachte mich mir.

Genau davon lebe ich.

Und nicht mal schlecht.

Der ‚Doktor‘ hat einen guten Ruf. In Kreisen, die um ihren guten Ruf besorgt sind.

Das iPhone. Es lärmt noch immer. Mein Klingelton? „Zero Days“ von PRONG. Hart, härter.

Ein Killersong.

Anna Fischer, meine Noch-immer-Freundin-und-bald-Ehefrau (JA!!), hatte mir die Nummer vor ein paar Wochen in Kapstadt draufgespielt. Findet crossover trash zurzeit „abgeschädelt“. Wollte mich wohl, ach was weiß ich …

»Ja?«

»Sie sind der Doktor, stimmt’s?«

Frauenstimme.

Als ob ich es geahnt hätte. Schrill wie ein Dampfkessel kurz vor dem Zerplatzen. Nervös, die Dame.

Blöde Frage. Sie hat meine Nummer. Die hat nicht jeder. Ich bin nicht auf Facebook oder Twitter, habe keine Website, hänge in München auch keine Plakate mit meiner Visage und der Handynummer auf. Instagram ist für mich eine neue Kaffeesorte. Trotzdem kennt Madame Schrillpfeife meine Nummer. Derjenige, der sie ihr gegeben hat, weiß doch genau, wer ich bin!

O. K.

Der Dampfkessel schrillt noch schriller weiter:

»Mein Mann, ja, der ist, eh, der war ein Arschloch! Ein riesiges!«

Klingt fein, die Ansprache. Was will die Schrille von mir?

»Der ist tot! Einfach so. Sagt der Rudi, der ihn mit ins DEKADENT geschleppt hat. Sie kennen den besten Privatclub Münchens, ja? Und mein Ecki …«

Ich verstehe nur Bahnhof.

»Halt! Stopp! Jetzt mal von vorne, gute Frau, bitte! «

»Der Anruf von Rudi kam vor genau drei Minuten. Er sagte, dass ‚das Spiel‘ jetzt beginne. Auf die Sekunde. Und er faselte was von Vierhundertsechzigtausend oder so. Und noch einer Toten. Und er gab mir Ihre Nummer, Doktor!«

»Noch mal, bitte. Wer sind Sie?«

Ich schaue zur Uhr, rechne zurück und schreibe mir automatisch die Zahl auf, die die Anruferin genannt hatte – 12:37. Der Ermittler in mir. Alles könnte wichtig sein. Das habe ich noch nicht abgelegt, aber es hat in meinem Job Vorteile, wenn man präzise arbeiten kann. Aber heute, ausgerechnet heute! Da geht bei mir gar nichts. Keine Zeit. Anruf annehmen, ja. Aber ansonsten: Anna, Fanny und ich haben nachher noch etwas Einmaliges, Besonderes vor uns …

»Ach so, ja, ich bin Gitti Mörsmann. Die Frau, eh, Ex-Frau, nein, falsch, die Witwe von Ecki Mörsmann.«

Schluchzen, das sich anhörte, als ob ein halbes Dutzend New-Yorker-Bullenkarren im nächtlichen Volleinsatz die Fifth Avenue Richtung Downtown rasen, um einen schießwütigen Junkie auf Speed einzufangen.

Mein iPhone machte schlapp …

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