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Dr. med. Christian Fischer und Emanuel Kracht:

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13:08 Uhr. Dr. med. Christian Fischer rief aufgeregt und verwirrt in der Ettstraße an:

»Bitte verbinden Sie mich mit einem Beamten, der für ungewöhnliche Tötungsdelikte zuständig ist. Ich bin Dr. Fischer, der Hausarzt von Emanuel Kracht, dem Fabrikanten. Ich wurde von seiner Haushälterin gerufen …«

»Halt, Doktor Fischer. Erzählen Sie das nicht mir. Ich verbinde Sie gleich. Bitte warten Sie einen Augenblick. Bleiben Sie in der Leitung.«

Der Beamte in der Zentrale versuchte den Leiter von Mord 1, Hauptkommissar Huberbauer, zu erreichen. „Der ist zur Mittagspause“, hieß es von der jungen Anwärterin, die im Vorzimmer des Sepp Huberbauer saß.

»Bitte bleiben Sie noch in der Leitung, Doktor Fischer. Einen Moment bitte …«

Der Hauptwachtmeister war an ungewöhnliche Anrufe gewöhnt. Immer wieder meldeten sich Spinner. Gehörte der Anrufer dazu?

»Kannst du das übernehmen, Waldemar? Hier ist ein Arzt, ein Doktor Fischer, der einen Toten melden will. Was wir damit zu tun haben, kann ich dir nicht sagen.«

»Okay, verbinde mich.«

»Kommissar Obermeier für Sie, Herr Doktor.«

»Danke. Na endlich!«

»Obermeier.«

»Schön, dass Sie mich nicht länger warten lassen, Herr Kommissar!«

Noch immer schien der Arzt völlig aufgelöst. Aber Obermeier kannte das. Er war zwar erst ein Jahr in der Abteilung Mord 1, doch es war immer das gleiche Lied: Wenn sie ein Tötungsdelikt gemeldet bekamen, waren die Anrufenden meist völlig neben der Kappe.

»Was gibt es denn?«, sagte Obermeier freundlich und mit bewusst ruhiger Stimme.

»So etwas haben Sie noch nicht gesehen. Kommen Sie bitte sofort, Herr Kommissar. In die Hubertusstraße. Mein Patient, Emanuel Kracht, vielleicht kennen Sie seinen Namen, der Fabrikant – er stellt Windkrafträder her –, ist tot. Das wäre nicht völlig unnormal, denn er ist schon zweiundsechzig und hatte immer zu hohen Blutdruck, arbeitete viel zu viel und ist auch übergewichtig, aber die Art seines Todes und wie er hier liegt. Nein, das müssen Sie sehen, Herr Kommissar!«

»Wer hat Sie gerufen, Doktor Fischer?«

»Die Haushälterin. Sie ist ohnmächtig geworden und ich muss mich auch um sie kümmern, Sie verstehen?«

»Jetzt sagen Sie mir die Hausnummer, bitte, und bleiben Sie vor Ort. Wie auch die Haushälterin. Ich schicke Ihnen sofort ein Team rüber. Hubertusstraße, sagten Sie?«

»Hundertzweiundfünfzig. Ein großes Anwesen. Gelb. Nicht zu verfehlen.«

»Danke, Doktor.«

Der junge Kommissar Waldemar Obermeier war aufgeregt. Sein erster Fall, in dem er alleine agieren musste. Hauptkommissar Huberbauer war außer Haus. Sein Handy ausgeschaltet. Der anrufende Arzt hatte es eilig gemacht und schien selbst sehr erschrocken zu sein. Es war Mittagszeit und Obermeier brauchte gut zehn Minuten, um das Team zusammenzubekommen. Bis zur Hubertusstraße waren es noch mal gut zehn Minuten. Rund dreißig Minuten nach dem Anruf trafen sie in Nymphenburg ein. Den Toten würde die halbe Stunde nicht stören. Tot ist tot.

Obermeier wurde aschfahl. So etwas hatte er in seiner jungen Laufbahn noch nicht gesehen. Der Tote war am Schreibtisch zusammengesackt. Das war nichts Ungewöhnliches. Bei Schlaganfällen oder Herzversagen, Infarkten und ähnlichen Todesursachen sitzen die Betroffenen meist an Schreibtischen. Workaholics, die es bei der Arbeit dahinrafft. Das hatten sie oft genug im Hörsaal auf Fotos gesehen. Aber der hier? Überall lagen Haare rum. Der Schreibtisch war übersät mit grauen Haaren. Das Fenster stand offen, der Wind hatte sein Übriges getan. Der Kopf kahl. Wie glattrasiert. Blut floss aus der Nase, bedeckte große Teile des Schreibtischs, der Mund weit offen, die Zunge hing raus, als ob der Tote das Blut wieder auflecken wollte – ein ekliger Anblick. Obermeier überlegte in dem Moment, ob der Beruf des Kriminalbeamten in der Abteilung Mord der richtige Job für ihn sei.

Ich sollte zur Sitte wechseln. Da sehe ich höchstens überreife Prostituierte, die es verlernt haben, sich über ihren erniedrigenden Job zu schämen.

Sein Team begann mit der Routinearbeit. Auch sie waren geflasht. Tote dieser Art sieht man nicht alle Tage. Keine Schusswunde, keine Anzeichen, dass der Tote Tabletten geschluckt und Suizid begangen hätte. Ein gespenstischer Anblick für alle Anwesenden.

Haare und Glatze, Blut und die Zunge. Die Hautfarbe!

Ein Rätsel.

Der Hausarzt stand bleich daneben. Die Haushälterin hatte er gerade wieder zum Leben erweckt. Sie zitterte am ganzen Körper.

»Ich kam, um Herrn Kracht Mittagessen zu machen. Dann rief ich ihn, wie sonst immer: „Essen, Herr Kracht“, bekam aber keine Antwort. Sie müssen wissen, er hat Diabetes und ich muss ihm immer eine spezielle Diät zubereiten. Ich rief noch mal „Essen, Herr Kracht!“ Nichts. Sonst brüllt er immer gleich zurück: „Ja doch, seien Sie nicht so ungeduldig!“ Dann weiß ich, er hat gute Laune. Bei schlechter Laune murmelt er irgendwas in sich hinein. Seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, ist er meist guter Laune. Komisch, die Männer.«

Sie wischt sich automatisch und völlig überflüssig die Hände an der weißen Schürze ab, denn es gab nichts abzuwischen und beginnt erneut zu heulen. Sirenenartig. Laut. Hoch, tief, hoch, tief.

»Na ja. Und dann bin ich in sein Arbeitszimmer. Da saß er wie jetzt noch immer. Ich habe sofort den Herrn Doktor angerufen. Der kam dann auch gleich. Und dann weiß ich nichts mehr. Ich muss wohl umgekippt sein.«

Es sprudelte nur so aus ihr heraus und Kommissar Obermeier nickte verständnisvoll, obwohl er nichts verstand.

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