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Frankfurt am Main, Sachsenhausen, Franz-Lenbach-Straße,
bei Dr. Camara,
Donnerstag, 07.01.10, 19 Uhr 59

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Dr. Camara kam gerade zur Tür hinein, als die Nachrichten im Fernsehen anfingen. Er verpasste ungern die einzigen Nachrichten des Tages, die er sehen konnte. Den ganzen Tag war er unterwegs und arbeitete hart. Sogar dazu, nur im Internet Nachrichten zu lesen, kam er selten.

„Willkommen Schatz“, sagte Frau Camara, eine sehr schöne, elegante Frau aus Mali, Westafrika. Sie stand auf und gab ihm einen Kuss.

„Komm schnell, setz dich und hör mal, was heute passiert ist.“

Die beiden schauten ohne Kommentar die ganze Nachricht.

„Wer kann so etwas tun?“, fragte sie.

Dr. Camara sagte nichts dazu und ging direkt in sein Zimmer. Er kam 10 Minuten später in einem braunen Jogginganzug zurück, seiner Lieblingshauskleidung. Er schien bedrückt und nachdenklich zu sein.

„Ist alles okay mit dir?“, fragte Frau Camara.

„Ja, alles okay, habe heute einen seltsamen Anruf bekommen. Aber das war sicher so eine verrückte Frau, die sich wichtigmachen wollte. Nichts Wichtiges“, sagte er.

„Willst du nicht mit mir darüber reden?“, fragte ihn seine Frau.

„Ha Mali, lass es sein. Es ist nicht so wichtig. Es sieht so aus, als ob du schon gekocht hast. Schade, ich hatte dir gesagt, dass ich heute für dich kochen wollte; wie immer bist du schneller als ich“, beklagte sich Dr. Camara freundlich und fröhlich, um von dem Thema abzulenken.

„Adou, ich konnte früher nach Hause gehen. Ich wurde schneller mit der Programmierung fertig als gedacht. Der Auftraggeber war sehr zufrieden und um 16 Uhr war ich schon zu Hause und wollte meinen Schatz überraschen. Versprochen. Freitag bis Sonntag lasse ich mich von dir bekochen und verwöhnen“, erwiderte sie lächelnd.

„Okay, alles klar. Nun kann ich mit gutem Gewissen dein Essen genießen.“

„Guten Appetit, Adou.“

„Danke, Mali.“

Er nannte sie immer Mali, um sie an die Heimat zu erinnern, und sie nannte ihn Adou, wegen seines Vornamens Adamou. Adou klang nach Liebe und die beiden liebten sich auch nach 20 Ehejahren immer noch sehr. Sie hatten 3 Kinder im Alter von 17, 15 und 11. Die Siebzehnjährige heiß Aicha, die Fünfzehnjährige Kone, und der Elfjährige Amadou. Die Kinder waren wegen der Schulferien noch in Mali bei den Großeltern und würden gegen den 20.01. zurückkommen.

Mali war 41 Jahre alt und Dr. Camara 45. Sie hatten sich beide während des Studiums in Deutschland kennengelernt. Dr. Camara kam nach seinem Abitur direkt aus Afrika, genauer gesagt aus Guinea. Mali kam damals aus Frankreich, wo ihr Vater als UN-Diplomat tätig war. Sie hatte auch die französische Staatsbürgerschaft, die das Verbleiben des Paares nach dem Studium in Deutschland erleichterte.

Während des Essens blieb Dr. Camara ungewöhnlich wortkarg. Seine Frau, die ihn gut kannte, ließ ihn in Ruhe und passte sich seinem Verhalten an. Nach dem Essen zog er sich zurück und sagte seiner Frau, dass er müde wäre und lieber ins Bett gehen wolle. um da ein bisschen zu lesen.

Im Bett konnte er weder lesen, noch einschlafen. Er stellte sich viele Fragen und fühlte sich irgendwie schuldig, dass vielleicht zwei Menschen gestorben waren, nur weil er mit einem Verrückten nicht kommunizieren konnte.

Er hoffte so sehr, dass dieses Verbrechen nichts mit dem Anruf des Morgens zu tun hatte, aber seine ausgeprägte innere Stimme sagte ihm, dass diese Frau vielleicht verrückt sei, aber doch ihre Drohung wahr gemacht hatte. Er fragte sich immer wieder und immer wieder, ob eine Frau so etwas tun konnte. In allen anderen Berichten hatte man immer von einem großen Mann mit enormer Kraft geschrieben.

Klar hatte er wie die meisten Menschen von all diesen Morden an Afrikanern gehört und sich auch Gedanken gemacht. Aber bis jetzt hatten sie alle in Darmstadt stattgefunden und nicht in Frankfurt so nah bei ihm. War sie die gleiche Täterin oder handelte es sich hier um eine, die von der ganzen Sache profitieren, sich profilieren und ihre Fantasien ausleben wollte? Diesmal war alles anders: der Mord fand in Frankfurt statt und zum ersten Mal wurde auch eine weiße Person getötet. Das war neu. Bis jetzt hatte er oder sie nur Schwarze umgebracht.

Was sollte er nun tun? Seiner Frau davon erzählen? Die Polizei informieren? Aber die Frau hatte klar gemacht, dass sie noch mehr Menschen umbringen würde, sollte er sich an die Polizei wenden. Aber meldete er diese Sache nicht bei der Polizei macht er sich zum Komplizen einer Mörderin. Er war in einer Zwickmühle: erzählte er alles der Polizei und sie schnappten sie nicht, dann würden vielleicht noch mehr Menschen sterben. Meldete er es nicht, dann machte er sich strafbar und zum Gehilfen eines Mörders oder einer Mörderin. Die Medien würden die Sache ganz sicher nicht so erklären, wie sie wirklich war. Sie würden nur sagen, dass ein angesehener Arzt die Arbeit der Polizei behindert und den Mörder der Afrikaner geschützt hatte. Ironischerweise war er auch schwarz, wie die Ermordeten. Andere würden sogar seine Hände im Spiel sehen.

Als seine Frau ins Zimmer kam tat er so als ob er schlafen würde, aber seine Atmung verriet das Gegenteil. Trotzdem ließ sie ihn in Ruhe. Ohne eine Frage zu stellen legte sie sich neben ihn und schlief ein.

Um 4 Uhr früh stand Dr. Camara auf und ging ins Arbeitszimmer. Er machte den Computer an und ging ins Internet. Er sammelte alle Informationen über die Morde, die er finden konnte und speicherte sie in einem neuen Ordner im Lesezeichen. Er machte sich Notizen und versuchte die ganze Sache zu analysieren, um zu verstehen. Die Polizei hatte überhaupt keine heiße Spur. Man wusste auch nicht, ob es sich um mehrere Täter/innen handelte oder nicht. Er lächelte zynisch „Na ja, wie können sie eine Spur haben, wenn sie davon ausgehen, dass es sich um einen Mann handelt?“, fragte er sich. Morgen um 8 wollte die Frau sich wieder melden. Wenn er nicht ans Telefon ginge, würden vielleicht noch mehr Afrikaner sterben und das konnte er jetzt nicht verantworten.

Gegen halb sieben verließ er sein Arbeitszimmer, ging in die Küche und bereitete das Frühstück vor. Seine Frau ging normalerweise immer als erste aus dem Haus und es hatte sich so etabliert, dass er morgens das Frühstück machte, weil er ein Frühaufsteher war. Er machte die Essensreste von gestern warm. Es waren noch Reis und Erdnusssauce da und ein Stück Rindfleisch. Er war ein Warmesser morgens. Man sagt in Afrika, dass es gut und gesund für den Körper ist und für einen guten Stoffwechsel sorgt, wenn man morgens, mittags und abends warm isst. Kaltes Essen ist für den Körper anstrengend. Für seine Frau steckte er ein Brötchen in den Backofen, machte ein Eier-Omelette und stellte alles auf den runden Tisch in der Küche. Als das Wasser für den Tee kochte, ging er wieder nach oben ins Schlafzimmer, um sich fertig zu machen. Heute würde er auch früh das Haus verlassen. Er wollte schon vor 8 Uhr in seiner Praxis sein.

Als er wieder hinunter in die Küche kam, war Mali schon da und trank einen Tee.

„Guten Morgen Adou, du hast wirklich nicht so gut geschlafen. Du warst so unruhig“, grüßte sie ihn.

„Guten Morgen, meine schöne Frau. Wie hast du geschlafen? Oh je, hoffentlich habe ich dich nicht sehr gestört? Ich habe gar nichts gemerkt“, grüßte er zurück und setzte sich und fing an, seinen Reis zu essen.

„Du bist schon fertig angezogen?“, fragte sie.

„Ja, ich muss heute sehr früh in der Praxis sein. Mein erster Patient kommt heute schon um 8 Uhr.“

20 Minuten vor acht war er im Büro. An diesem Morgen war der Verkehr ganz gut gelaufen.

Er wohnte in Sachenhausen, in der Franz-Lerbach-Straße und arbeitete in Bockenheim. Die Strecke war nicht einmal 6 Kilometer, aber jeden Morgen brauchte er mindestens 30 Minuten bis er in der Bockenheimer Landstraße war. Er fuhr am liebsten über die Brückenstraße, die Mainzer Straße, bog irgendwann rechts auf die Taunusanlage, dann war er schon in Bockenheim und seine Praxis war in der Arndtstraße.

Seine Mitarbeiter und Kollegen würden erst ab 8 Uhr 30 da sein. Es war eine Gemeinschaftspraxis mit zwei anderen Ärzten und einem Psychologen.

Er holte sich ein Glas Wasser, nahm einen Notizblock aus seiner Aktentasche, wo er schon seit heute früh viele Details über die verschiedenen Morde, über die im Internet sehr viel berichtet worden war, notiert hatte und wartete ruhig auf dem Stuhl der Sekretärin auf den Anruf der angeblichen Täterin.

Blutige Therapie – der Schlächter von Darmstadt-Woog

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