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Ein eidgenössischer Arzt in Tunesien

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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befassten sich einige Wissenschaftler mit dem Orientierungssinn von Ameisen. Der vielleicht bemerkenswerteste dieser Forscher war ein schrulliger Arzt aus dem schweizerischen Lausanne namens Felix Santschi (1872–1940), der 1901 im Alter von 29 Jahren nach Tunesien ging, sich in der alten ummauerten Stadt Kairouan niederließ und dort eine Praxis eröffnete.7 In diesem abgelegenen Bollwerk, dem sogenannten Mekka des Maghreb, kümmerte er sich bis kurz vor seinem Tod um die Einheimischen.

In den 1890er-Jahren hatte Santschi als junger Student an einer groß angelegten Forschungsexpedition in Südamerika teilgenommen; dort entwickelte er ein ausgeprägtes Interesse für Ameisen. Als er später am Rand der Sahara lebte, konnte er in seiner Freizeit die vielen verschiedenen Arten beobachten und sammeln, die in dem trockenen Landstrich anzutreffen waren. Es dauerte nicht lange, bis Santschi wissenschaftliche Artikel über das Orientierungsvermögen von Ameisen veröffentlichte. Seine Erkenntnisse waren bahnbrechend, aber weil sie in unbekannten schweizerischen Fachzeitschriften erschienen, blieben sie damals weitgehend unbeachtet.

Santschis Experimente zeugten von großem Erfindungsreichtum. Anders als viele der führenden Forscher seiner Zeit entwickelte er seine Theorien auf der Grundlage genauer Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens der Tiere in ihrem natürlichen Habitat – und nicht anhand von Laborversuchen, die auf Annahmen darüber beruhten, wie sich die Tiere vermeintlich verhalten sollten.

Obwohl Lubbock entdeckt hatte, welch wichtige Rolle das Licht spielte, beschränkte sich die Debatte über Ameisennavigation weitgehend auf die Frage, welche Funktion Geruchsspuren haben mochten. Santschi wusste jedoch von seinen Feldbeobachtungen, dass die Wüstenameisen, für die er sich interessierte, nicht auf demselben gewundenen Weg zu ihrem Nest zurückkehrten, auf dem sie es verlassen hatten. Vielmehr folgten sie einer mehr oder weniger direkten Route – sozusagen einem Ameisenpfad. Es war jedenfalls klar, dass die flüchtigen chemischen Stoffe, auf denen eine Geruchsspur beruhen musste, aufgrund der Hitze viel zu schnell verdunsteten und somit keine Anhaltspunkte liefern konnten.

Dieses bemerkenswerte Verhalten ließ sich schwer erklären. Victor Cornetz (1863–1936), ein französischer Bauingenieur, der ebenfalls in Nordafrika lebte und wie Lubbock Wüstenameisen erforschte, zeigte sich nicht minder ratlos. Er konnte nur mutmaßen, dass sich die Ameisen auf einen »absoluten inneren Orientierungssinn« verließen, hatte jedoch keine Ahnung, wie solch ein mysteriöser Mechanismus tatsächlich funktionieren mochte. Santschi war von Cornetz’ Spekulationen nicht überzeugt. Er formulierte eine kühne Frage: Konnte es sein, dass die Ameisen die Sonne als Kompass nutzten?

Santschi ersann eine einfache, aber geniale Methode, um diese neuartige These zu überprüfen. Er stellte einen Schirm auf, der das Sonnenlicht blockierte, und ließ es dann mithilfe eines Spiegels aus der entgegengesetzten Richtung einfallen. In den meisten Fällen änderten die Ameisen ihren Kurs erwartungsgemäß um 180 Grad.

Unabhängig davon, ob Santschi mit Lubbocks früheren Arbeiten vertraut war, verdient er Anerkennung, weil er als Erster nachwies, dass ein Sonnenkompass beim Orientierungsvermögen einer Tierart eine Rolle spielte. Und er lieferte sogar noch weitere Erkenntnisse. Santschi belegte später, dass Ameisen sich in der Dämmerung nach Sonnenuntergang orientieren können – und auch während des Tages, wenn sie durch einen Pappzylinder, der über sie gehalten wurde, nur einen kleinen leeren Kreisausschnitt des Himmels sehen konnten.

Santschi folgerte, dass die Ameisen die Sonnenscheibe nicht direkt sehen mussten, um einen stetigen Kurs beizubehalten. Es fiel ihm schwer, diese Ergebnisse zu erklären, aber er mutmaßte, die Ameisen könnten sich die Abstufungen der Lichtintensität oder einen anderen Hinweis am Firmament zunutze machen; er fragte sich sogar, ob sie womöglich die Sterne auch bei Tag sehen konnten.8

Ihre verdiente Anerkennung erfuhren diese Entdeckungen erst nach Santschis Tod, nachdem ein ähnliches Verhalten auch bei Honigbienen beobachtet worden war.

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Die allerersten Vögel, deren Wanderungen mithilfe von Satellitentechnik verfolgt wurden, waren Wanderalbatrosse. Diese riesigen Vögel, die bis zu zwölf Kilogramm schwer sein können, gaben den Seeleuten jahrhundertelang Rätsel auf; sie segeln mühelos über den Wellen und steigen in große Höhen auf, wobei sie nur selten mit ihren gewaltigen Flügeln schlagen müssen. Da sie imstande sind, Schiffen über Tage und sogar Wochen zu folgen, bestand kein Zweifel daran, dass sie lange Entfernungen zurücklegen können.

Welche Distanzen sie tatsächlich überwinden, wurde jedoch erst 1989 klar. Damals gelang es zwei französischen Forschern namens Pierre Jouventin und Henri Weimerskirch, die auf den abgelegenen Crozetinseln im südlichen Indischen Ozean arbeiteten, während der Brutzeit sechs Vogelmännchen mit Satellitenpeilsendern auszustatten.9

Bestückt mit den 180 Gramm schweren Sendern, wurden die Vögel zu ihren Nestern zurückgebracht, wo sie geduldig warteten, bis sie von ihren Weibchen abgelöst wurden. Dann brachen sie auf und flogen über das Meer, um Nahrung zu suchen. Die gewonnenen Erkenntnisse waren atemberaubend, und die Ergebnisse gingen weit über frühere Schätzungen hinaus.

Einer der Vögel legte in 33 Tagen mehr als 15 000 Kilometer zurück, ein anderer bewältigte 10427 Kilometer in 27 Tagen, und ein dritter schaffte 936 Kilometer an einem einzigen Tag. Die Tiere erreichten Durchschnittsgeschwindigkeiten von bis zu 58 Stundenkilometern und in einem Fall ein maximales Flugtempo von 81 km/h. Diese majestätischen Vögel, die mit ihrer Spannweite von drei Metern durch die stürmischen Winde des Südmeeres gleiten, können ohne Schwierigkeiten den gesamten antarktischen Kontinent umkreisen.

Die beobachteten Albatrosse legten tagsüber viel größere Strecken zurück als bei Nacht und machten nur gelegentlich halt, vermutlich um zu fressen; aber auch nach Einbruch der Dunkelheit flogen sie weiter, wenn auch viel langsamer. Offenbar fällt ihnen die Navigation bei Tag leichter, weshalb es naheliegt, dass sie sich zumindest teilweise an der Sonne orientieren.

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