Читать книгу Osteopathie und Swedenborg - David Fuller - Страница 10
KRITIK
ОглавлениеBei aller Euphorie für Fullers grandioses Werk, muss korrekterweise auch auf einige kritische Punkte hingewiesen werden:
Fuller ist kein großer Rhetoriker und neigt wie viele amerikanische Autoren zu umfassenden Wiederholungen. Dies mag bestimmte Textpassagen langatmig erscheinen lassen, lohnt aber dennoch die Lektüre, da in den Details doch immer wieder neue und interessante Aspekte auftauchen.
Zudem ist Fullers Verehrung von Swedenborg offensichtlich und verleitet ihn gelegentlich zur spekulativen Indiziendeutung. Der aufmerksame und kritische Leser wird dies aber an den entsprechenden Textstellen schnell erkennen und die Aussagen leicht und klar relativieren können. Inhaltlich geht es dabei besonders um zwei höchstwahrscheinlich falsche Ausdeutungen Fullers:
- Fuller unterstellt, dass Still das ‚spirituelle Wesen‘ des Menschen hierarchisch über sein ‚mentales Wesen‘ stellt. Still hingegen betont eindeutig, dass für ihn das ‚mentale Wesen‘ des Menschen über allem und nur das Nutzen des Mentalen allein den Menschen zur seiner spirituellen Weiterentwicklung befähigt. Einfach ausgedrückt: Nicht die spirituelle Ebene ist für die Weiterentwicklung des Menschen verantwortlich, sondern allein die mentale Ebene.
- Fuller behauptet, dass bei allen Krankheitsbildern letztlich spirituelle Ursachen zugrunde liegen. Auch dies ist nicht korrekt, denn Still bleibt bei seiner Kasuistik stets im anatomisch-physiologischen Kontext, ohne auf mögliche spirituelle Einflussfaktoren einzugehen.
So gewinnt man bei der Lektüre von Osteopathie und Swedenborg zuweilen den Eindruck, als sei Stills Philosophie der Osteopathie eine nahezu unveränderte Umsetzung von Swedenborgs Paradigmen im klinischen Kontext. Still wäre aber nicht Still, hätte er Swedenborgs Weltbild einfach 1 : 1 übernommen. Als originärer und unabhängiger Denker ging er damit ebenso kritisch-wohlwollend um, wie mit allen anderen Weltsichten, die ihm begegneten und integrierte in modulierter Form lediglich das, was er auch tatsächlich als nützlich erachtete.
Letztlich schmälert diese einseitige Interpretation von Swedenborgs Einfluss auf Still aber in keinster Weise die große Bedeutung von Fullers Ausführungen für das bessere Verständnis der klassischen Osteopathie und damit schlussendlich auch für die Zukunft der modernen Osteopathie.