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BERUFSLAUFBAHN, WISSENSCHAFTLICHE WERKE UND WEITERE STUDIEN IM AUSLAND

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Von 1722 bis 1733 arbeitete Swedenborg neben seiner Tätigkeit am Bergwerksdirektorium ständig an seinem ersten großen Werk, Opera Philosophica et Mineralia. Nach seiner Vollendung stellte er das Manuskript im September 1733 dem Verleger Friedrich Hekel in Leipzig vor. Swedenborg begutachtete sein Werk Anfang 1734 und im Alter von 46 Jahren veröffentlichte er es als sein erstes eigenständiges wissenschaftlich-philosophisches Werk in drei Bänden.43

Der erste Band wurde unter dem Titel Principia bekannt. Der Untertitel lautet im Deutschen nach der englischen Übersetzung von 1845: Die ersten Prinzipien der natürlichen Sachverhalte, die neue Versuche zur philosophischen Erklärung der elementaren Welt darstellen. Dieser Band umfasste eine übergreifende Kosmologie, sowohl eine Sternennebel-Theorie als auch eine atomare Theorie der Arten. Die Prinzipien bildeten eine Studie des Endlichen, das seinen Ursprung im Unendlichen erkennt, ohne welches es nicht hätte entstehen können oder weiter existieren könnte. Alles wird durch dieses Gesetz reguliert, vom Kleinsten bis zum Größten, von den ersten Punkten und Teilchen der Existenz bis zu den Galaxien. Die Principia veranschaulichen Swedenborgs Bemühungen, eine Kosmologie zu präsentieren, welche die Ordnung und den Zweck der Schöpfung erklärt, und die ihn schließlich zu einer Untersuchung der Struktur der Materie von den ersten Teilchen bis hin zum gesamten Kosmos führt.44

Swedenborgs Theorie der feinsten Teilchen schloss eine Hypothese über die Bildung der Materie aus Energie ein, der zufolge sich reine Energie lokalisiere und sich zu einem ‚ersten Punkt’ bzw. einem ‚Einfachen’ bilde. Dieses sei das Medium zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen, aus dem nach und nach alles andere entstehe. Das Medium selbst bestehe aus reiner Bewegung bzw. einer ‚Bestrebung’ zur Bewegung hin, da ohne Bewegung nichts existieren könne. Alle endlichen Sachverhalte stammten von dieser ersten Ursache. Zwar sei sie geometrisch nicht erfassbar, dennoch sei sie nicht Nichts.45

Diese ersten einfachen oder endlichen Punkte fließen in eine Spiralbewegung ein, welche das ‚erste Endliche’ als kleinste Entität der Natur hervorruft und aus der alles andere aufgebaut ist. Das erste Endliche ist geometrisch und besitzt eine spiralförmige Bewegungsfigur mit Polen, Äquatoren und Meridianen, die ihm eine achsenförmige und fortschreitende Bewegung verleihen. Sofern es in seiner fortschreitenden Bewegung schwingt, bezeichnet Swedenborg es als ‚Aktives’, wenn dies nicht der Fall ist, gilt es ihm als ‚Passives’.46

Obwohl dies ein faszinierender Ansatz ist, liegt Swedenborgs Konzept der Physik außerhalb des Interessenbereiches der vorliegenden Arbeit. Zusammenfassend lässt sich aber sagen: Die ‚Punkte’ der Bewegung sammeln sich zu ‚ersten Endlichen’ und verschmelzen mit anderen ersten Endlichen, um verschiedene Ebenen der Materie zu bilden. Swedenborg ordnete jeder dieser Aktivitätsebenen verschiedene Eigenschaften zu. Der erste und feinste natürliche Punkt schließt eine zirkuläre aktive Bewegung ein, die dann zu einem ersten Endlichen verbunden wird, welches wiederum eine spiralförmige Bewegung bzw. Drehbewegung einschließt und sich zu einem zweiten Endlichen als passivem Empfangenden von Bewegung verbindet. Schließlich wird ein elementares Teilchen gebildet, das echte bekannte Materie darstellt. Aus Swedenborgs Sicht schließen die feinsten Teilchen der Natur eine beständige Interaktion zwischen derartigen ‚Aktiven’ und ‚Passiven’ ein.47

Er behauptete, dass die Folge von ‚Aktiven’, ‚Passiven’ und ‚Endlichen’ sich fortsetze, um komplexere Elementarteilchen auf verschiedenen Ebenen zu bilden. Im Kontext großer, aktiver solarer Räume würden sie komprimiert, veränderten sich zu neuen Entitäten und bildeten so unterschiedliche Atmosphären von Äther und Magnetismus. Darin forme sich aus einem solaren Strudel die Sonne, die als Ahnin der Planeten fungiere.48

Swedenborg erkannte, dass die Natur sich in den größten und den kleinsten Sachverhalten ähnlich ist – im Makrokosmos und im Mikrokosmos.12* Genauso wie sich magnetisierte Eisenteilchen entlang der Kraftlinien von Pol zu Pol um einen Magneten ausrichteten, so fungiere jede ‚Sonne’ in unterschiedlicher Weise als ‚Magnet’, wobei eine strudelförmige Drehbewegung die Planeten um eine zentrale Achse leite. Swedenborg verglich die Anordnung der Sterne mit jener der Galaxien und sogar noch größeren Systemen, in denen Galaxien eingebunden sind.49

Swedenborgs Sternennebeltheorie erklärt die Bildung des Sonnensystems ausgehend von Teilchen, welche sich von der Sonne wegdrehen und Nebel bilden, die wiederum zu um die Sonne kreisenden Gürteln verschmelzen. Diese zerbrechen und bilden die einzelnen Planeten in unserem Sonnensystem. Mit seiner Theorie ging Swedenborg der Kant-Laplaceschen-Nebelhypothese voraus und beeinflusste damit nachweislich Kant.50

Swedenborg schließt die Principia mit einer Erörterung der Menschheit. Denn er betrachtete den Menschen als Vollendung und Ziel der Schöpfung und platzierte ihn im Kontext des geordneten Universums. Die Menschheit mit ihrer Fähigkeit, dem Schöpfer zu antworten und ihn zu verehren, erwies sich dabei als Richtschnur für seine zukünftigen Werke. Swedenborg suchte unentwegt nach einem Punkt der Interaktion zwischen Gott und der Schöpfung – und er betrachtete die Menschheit als eben diese Verbindung. Die Principia dienten ihm als Vorbereitung des folgenden, tiefer gehenden Pfades, nämlich der Suche nach der Interaktion von Körper und Seele.51

Der zweite und der dritte Band der Opera Philosopica et Mineralica sind ihrer Natur nach eher technisch und praktisch. Der zweite Band handelte von Eisen und Stahl, der dritte Band bezog sich auf Kupfer und Blech. Wie zuvor erwähnt, waren Metalle für Schwedens Wirtschaft von vitaler Bedeutung. Diese praktischen Bände wurden als umfassende Werke zur Gewinnung und zum Schmelzen der besagten Metalle anerkannt und in Europa weit rezipiert. Aufgrund der Opera gewann Swedenborg zudem wachsende Aufmerksamkeit unter den Wissenschaftlern und Philosophen Europas.52

1734 kehrte der 46-jährige Swedenborg nach Stockholm zurück, und das aufgrund guter Rezensionen offensichtlich voller Selbstbewusstsein, da man ihn in ganz Europa als Wissenschaftler und Philosoph achtete.53

Nur ein Jahr darauf verstarb sein Vater im Juli 1735. Jesper Swedberg war 33 Jahre lang Bischof von Skara gewesen und wurde von vielen respektiert und bewundert, obgleich man ihn auch wegen seiner offen ausgesprochenen Sichtweisen kritisierte. Über Swedenborgs Gefühle wird nichts berichtet.

In dieser Zeit änderte sich jedoch die Ausrichtung seiner wissenschaftlichen Interessen. Er widmete sich vermehrt dem Studium der Anatomie und der Physiologie, indem er die gesamte Energie seiner früheren Werke auf diese Bereiche bezog. Er begann seine anatomischen Studien sogar bereits, als er noch auf den Druck der Opera Philosophica et Mineralica wartete, indem er Werke von Richter und Heister studierte, medizinische Standardlehrbücher jener Zeit. Auf der Suche nach der Offenbarung der Seele im Körper ließ Swedenborg Mineralogie und Kosmologie hinter sich und konzentrierte sich ganz auf das Studium des menschlichen Körpers.54

Nach seiner Rückkehr nach Schweden im Jahr 1734 nahm er auch seine Pflichten als Assessor des Bergwerksdirektoriums wieder auf. Gleichwohl widmete er seine gesamte freie Zeit dem intensiven Studium des Gehirns. Er nahm intensive Notiz von den Schriften von Vieussens, Winslow, Ridley, Verheyen, Heister und anderen und baute zum späteren Gebrauch einen minutiösen Index auf.55

Im selben Jahr veröffentlichte er ein Werk mit dem Titel Infinito.13* Der eigentliche Titel des Werks kann folgendermaßen übersetzt werden: Ein Vorwort oder ein Vorläufer zum Thema des Unendlichen und der letzten Ursache der Schöpfung; ebenso über den Austausch zwischen Seele und Körper. Ziel dieses Werks war es, die Weltsicht der Principia auf den Bereich der Seele auszudehnen. Swedenborg argumentierte, dass die gesamte Schöpfung eine innere Ordnung enthalte und den Gesetzen der Geometrie und der Mechanik folge.

Da die Seele mit dieser Welt interagiere, müsse sie für sich auch einer Art eigener innerer Ordnung folgen, einer Gruppe von Gesetzen des Lebens und der Bewegung. Swedenborg postulierte, dass, obgleich die menschliche Wissenschaft bislang noch nicht vermocht habe, den Mechanismus der Seele im Körper zu erklären, das Wissen um die Interaktion von Seele und Körper dennoch ein anstrebenswertes Ziel sei. Swedenborg war der hypothetischen Ansicht, dass die Seele im Bereich des Gehirns und dem Rückenmark besonders eng auf den Körper bezogen sein müsse, und hier insbesondere im Kortex des Gehirns. Ihre Funktionen würden durch die Bewegung des Gehirns und dessen feinste Flüssigkeiten14* übertragen. Er bemerkte auch, dass Infinito nur ein Vorläufer für ein weit größeres Werk sei, welches anatomisch und physiologisch belege, was zunächst nur philosophisch dargelegt werde. In Infinito wird deutlich, dass Swedenborg beabsichtigte, seinen Principia eine Reihe von physiologischen Arbeiten folgen zu lassen, welche die Verbindung zwischen der Seele und dem Körper beweisen sollten.56

Obgleich Bischof Jesper Swedberg 1735 starb, fand sein offizielles Begräbnis nicht vor Januar 1736 statt. Jesper Swedberg wurde am 29. Januar 1736 (an Swedenborgs 48. Geburtstag) im Kloster Varnhem in Västergötland, unweit von Skara beerdigt.57

Swedenborg war nun auch von seinen Pflichten als Sohn befreit, verfügte über die frühere Erbschaft seiner Stiefmutter und deren familieneigene Bergwerke, er hatte ein laufendes Einkommen durch seine Position im Reichstag und den starken Drang, seine Studien fortzusetzen. So beschloss er, eine weitere Reise durch Europa zu unternehmen, die länger als vier Jahre dauern sollte und allein dem Zweck diente, bei gelehrten Anatomen in den großen Städten Europas zu studieren. Er bat den König um eine Abwesenheitserlaubnis vom Bergwerksdirektorium, um das Versprechen erfüllen zu können, das er in Infinito gegeben hatte, und schrieb ihm, dies sei nur möglich, wenn dieser ihm eine längere, mehrjährige Reise zu den Zentren fortgeschrittener wissenschaftlicher Gelehrsamkeit in Europa bewillige. Swedenborg erhielt die Erlaubnis und musste sich daraufhin die Hälfte seines Lohnes mit drei Mitgliedern des Bergwerksdirektoriums teilen, die seine Pflichten während seiner Abwesenheit übernahmen. Swedenborg war jetzt einer der prominentesten Männer in Schweden. Bevor er Schweden verließ, besuchte er den König und die Königin, die ihn wohlwollend empfingen und seinen Dank entgegennahmen, den er ihnen wegen der bewilligten Abwesenheitserlaubnis überbrachte.58

1736 begann Swedenborg seine Reise in Amsterdam, wo er jüngste Entdeckungen aus den Sektionslaboren bekannter Wissenschaftler wie Leeuwenhoek, Malpighi, Ruysch, Bidloo, Vieussens und Boerhaave studierte. Er machte sich darüber ausführliche Notizen und zitierte diese und alle anderen Quellen in seinen späteren anatomischen Schriften.59

Während seiner vierjährigen Reise praktizierte Swedenborg eine von ihm entwickelte Meditationstechnik, die intensive Konzentration und eine veränderte Atemtechnik einschloss, insbesondere Hypoventilation.15* Er hatte diese Praxis über Jahre fortentwickelt und als Mittel kultiviert, um bei bedeutenden Sachverhalten Einsicht zu gewinnen. So erkannte er, dass die Einsichten, die er auf diesem Weg erhielt, ihm dabei halfen, wahre Tatsachen und wertvolle Wahrnehmungen von Fehlern und Irrtümern abzuscheiden. In seinen Schriften aus jener Zeit schilderte er seine Heiterkeit, die bei der Wahrnehmung der Wahrheit eintrat – er beschrieb auch, dass auch das Individuum selbst klar und gelassen werde, sobald alles andere klar und gelassen wird.60 1739 schrieb er im Rückblick auf diese Zeit, dass die Einsicht und echte Entdeckung der Wahrheit von

„[…] einem heiteren Licht und einer freudvollen, bestätigenden Klarheit […] begleitet werde, „[…] welche um die Sphäre ihres Verstandes spielen; und eine Art rätselhafter Strahlung – ich weiß nicht, wann sie beginnt –, die sich in einem heiligen Tempel im Gehirn ausbreitet.”16*

Er schilderte weiter diejenigen, die eine derartige Einsicht verfolgen, indem sie durch die Leidenschaft dieser Flamme entzündet würden und verstünden, dass alle Künste und Wissenschaften Mittel der Wahrheit seien, um echte Weisheit zu erlangen, nicht um des Stolzes willen oder um jemanden anderen zu beeindrucken. Er erklärte, dass das Haften am Selbst bloß zu fehlerhaftem Denken und zu Fehlschlüssen, schließlich zur Verwicklung in die Fäden eines missratenen Arguments führe, bis man sich selbst in den verwickelten Falten des Netzes, das man gewoben hat, einschließe und „[…] in Dunkelheit eingehüllt […] sei. Dies müsse in jedem Fall vermieden werden. Swedenborg sah die größte Gefahr für das Verstehen und seine Fähigkeit, die Wahrheit zu sehen und wahrzunehmen, im „[…] Durst nach Ruhm und der Selbstliebe.” Er suchte nicht nur Wahrheit beim Problem der Interaktion von Seele und Körper, er verwendete seine Studien selbst zugleich als Pfad für geistiges Wachsen, wobei er die eigenen, selbstbezogenen Tendenzen in den Hintergrund treten ließ, zugunsten einer Liebe zum Sein, das allein durch seine Klarheit erkennbar ist. 1739 beschrieb Swedenborg echte Wahrheitssucher als diejenigen, die ihr eigenes Selbst in den Hintergrund treten lassen,

„[…] indem sie alles der Gottheit zuschreiben und sie als die Quelle betrachten, aus der alle Weisheit entstammt.”

Von den ersten geistesblitzartigen Eingebungen und ihrer Bestätigung wird in Tagebucheintragungen während des Besuchs Swedenborgs in Amsterdam 1736 berichtet.61

Swedenborg erkannte, dass manche Menschen eine große Begabung zur experimentellen Beobachtung besitzen, ja geradezu dazu geboren scheinen. Andere hingegen besitzen eine natürliche Fähigkeit, bereits entdeckte Tatsachen zu betrachten und die zugrunde liegenden Ursachen zu erkennen und zu bestimmen. Diese Fähigkeit vermag zu wachsen, wenn sie angewendet und entwickelt wird. Swedenborg war der Überzeugung, dass er vom letzteren Typ sei, und einige Zeit später, während seiner anatomischen Studien in Europa, hörte er damit auf, eigene Sektionen vorzunehmen und originäre Beiträge zur anatomischen Forschung vorzulegen, sodass er nicht länger allzu sehr von den Details desjenigen gefangen genommen werden konnte, worüber er arbeitete, sondern solche anatomischen Tatsachen objektiv betrachten konnte, die von anderen entdeckt worden waren. Er befasste sich mit den bedeutendsten Anatomen Europas, absorbierte deren Arbeiten und zog seine eigenen Schlüsse aus dieser Ansammlung anatomischen und physiologischen Wissens. Seine gesamten anatomischen Arbeiten hindurch zitierte er stets die Quellen seiner Informationen und ergänzte diese dann um eigene Einsichten und Anschauungen, womit er beeindruckende, einzigartige und weitreichende Paradigmen entwarf. (Sie werden später in diesem Buch untersucht.) Obgleich er anatomische Studien und Informationen seiner Zeit verwendete, unterscheiden sich Swedenborgs Überlegungen, Einsichten und Schlussfolgerungen stark von denjenigen der damaligen Wissenschaftler und Philosophen.62

Osteopathie und Swedenborg

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