Читать книгу Viva Rex oder die Suche nach sich selbst - David Gerson Rolinger - Страница 10
Szene VI
ОглавлениеAuftritt Besessener, Dämon Lucca und Prinz Siddhartha auf Friedhof. Es ist Nacht.
Besessener: Hier war es, wo sie ihn begraben haben.
Prinz Siddhartha: So? Dann grabt ihn wieder aus! Ich kann nicht dulden, dass jemand meine Regeln bricht und damit durchkommt.
Dämon Lucca: Ikarus wird dafür bezahlen müssen.
Prinz Siddhartha: Alles zu seiner Zeit. Nun grabt den alten Freund schon aus! Ich will die Nacht nicht länger hier verbringen.
Dämon Lucca und Besessener graben wie wild, doch sie finden nur einen leeren Sarg mit Blut.
Besessener: Das Grab ist leer! Er ist verschwunden.
Dämon Lucca: Wie das? Meint ihr jemand anderes habe ihn vielleicht gestohlen? Aber wer hasst den Geliebten so sehr wie wir? Liebt ihn nicht das ganze Volk? Wer also würde seine Ruhe stören?
Prinz Siddhartha: Ich glaube nicht, dass ihn jemand gestohlen hat. Vielmehr sieht das nach Götterwerk aus. Ich glaube, der Geliebte lebt!
Dämon Lucca: Das kann nicht sein!
Prinz Siddhartha: Alle Welt liebt ihn, selbst der Herr. Vielleicht hat er sich des Geliebten erbarmt.
Dämon Lucca: Ich verabscheue Gott. Hasst er mich denn auch so, dass er mich leiden lassen will?
Prinz Siddhartha: Ich glaube, es geht ihm weniger um deine Existenz, als um die des Geliebten.
Besessener: Was werden wir nun tun?
Prinz Siddhartha: Wir werden warten, bis uns die Propheten einen Auferstandenen präsentieren. Dann aber werden wir einschreiten und ihn seines Loses berauben. Ihr aber verschwindet fürs Erste, bis ich mich mit Natan unterhalten habe.
Abgang Dämon Lucca und der Besessene.
Prinz Siddhartha: Wo finde ich Natan wohl noch zu dieser späten Stunde? Ah, ich weiß! Im Tempel muss ich suchen.
Prinz Siddhartha sucht den Tempel, der neben dem Friedhof liegt, auf und betritt ihn. Auftritt Natan im Tempel, mit geschlossenen Augen meditierend.
Prinz Siddhartha: Natan, verzeiht mein Stören. Auf ein Wort!
Natan: Er ist nicht hier. Doch wahrlich, er lebt.
Prinz Siddhartha: Ich fürchtete so.
Natan: Freut ihr euch denn nicht, dass euer Freund lebt?
Prinz Siddhartha: Er ist ein gefährlicher Freund.
Natan: Weil er dem Volk Würde und Frieden bringen will?
Prinz Siddhartha: Ihr seid kein Königstreuer, wie mir scheint.
Natan: Ihr seid noch nicht der König. Ihr wurdet noch nicht gekrönt, ihr habt den Garten nicht bezwungen und eure Salbung ist daher null und nichtig. Es reut den Priester schon, der es tat.
Prinz Siddhartha: Ach, glaubt denn heute keiner mehr an mich? Bin ich denn wirklich böse?
Natan: Vielleicht vernebeln falsche Zungen euren Geist. Ich hörte ein Dämon sei bei euch. Wie ihr sicher wisst, hasst der Teufel das Volk des Moses und den Geliebten hasst er am meisten. Wenn ich euch einen Rat geben darf, Gesalbter, dann distanziert euch von diesem Wesen. Seine dunkle Aura verpestet euren Verstand. Doch um zu sehen, was der Herr für euch bereithält, empfehle ich noch mehr als das. Klettert auf den Berg Nuern und begebt euch auf dem Gipfel ins Gebet. Horcht auf, was Gott euch sagt und findet heraus, wer ihr seid.
Prinz Siddhartha: Ich weiß, wer ich bin. Mein Name ist Prinz Siddhartha und ich stamme aus dem Morgenland. Ich bin gesalbt und stehe in ewig treuem Bund zum Volk des Moses. Ich bin Freund des Geliebten, des Ikarus und des Dämons Lucca.
Natan: Ich glaube nicht, dass ihr wisst, wer ihr seid. Den, den ihr Freund nennt, ließet ihr von eurem Freund angreifen, sodass ihr eurem Freund befehlen konntet euren Freund zu töten. Ein Freund von euch verlor sich darauf im Selbsthass, ein anderer wurde begraben. Wollt ihr so mit euren Liebsten umgehen? Und wofür das Ganze? Nur um euren Stolz zu wahren?
Prinz Siddhartha: Woher wisst ihr von all dem?
Natan: Wenn ich solche Dinge nicht wüsste, wärt ihr nicht ausgerechnet zu mir gekommen, um den Geliebten zu finden.
Prinz Siddhartha: Ihr wisst also, wo er ist. Sagt schon, wie kann ich ihn finden?
Natan: Wenn ihr ihn treffen wollt, steigt auf den Nuern und begebt euch ins Gebet. Eines schönen Tages, wenn euch eure Bestimmung klar wird und ihr ihm vergeben könnt, wird er erscheinen.
Prinz Siddhartha: Wenn ich nun gehe, wer wird dann das Volk regieren? Ich fürchte, dass sie in meiner Abwesenheit den Geliebten zum König machen.
Natan: Ich verspreche euch, es wird keinen neuen König geben, bis ihr zurück seid. Der Geliebte ist nicht bereit es zu sein. Das Volk hat ihn sich noch nicht zur Genüge aufopfern gesehen.
Prinz Siddhartha: Er ist für ihre Würde gestorben –
Natan: Und wurde entwürdigt. Also denkt ihr, er hätte es verdient, König zu sein? Ich fürchte, ihr argumentiert gegen euch selbst.
Prinz Siddhartha: Nein, nein. Vergesst, was ich gesagt. Sorgt nur dafür, dass man keinen krönt, bis ich zurück bin. Ich glaube, ihr habt recht damit, dass ich zunächst sehen muss, wer ich bin, um zu verstehen, wie ich dieses Volk lieben und führen kann.
Natan: Vertraut nur stets dem Herrn, denn er führt euch den rechten Weg und wird euch niemals hintergehen.
Prinz Siddhartha: Ohne ihn kann ich den Garten sowieso nicht bezwingen. Wenn ich König sein soll, dann will ich es mit allen Ehren richtig sein und zu meinem Volk stehen. Ich bin dem Üblen verfallen, das mich zu Spott trieb und mich von ihnen entfernt hat. Ich habe meine Freunde erschlagen und ein liebes Volk hintergangen. Nun will ich sehen, was hinter diesem schlimmen Schein verborgen liegt. Es kommt mir gar sonderbar vor, dass ich so schnell von meinem eigentlichen Wege abgerutscht. War ich noch hier um den Geliebten zu erschlagen, will ich nun lieber die Liebe in Gott finden. Möglicherweise habt ihr Recht und der Dämon ist kein guter Freund. Doch hielt er in dunklen Zeiten zu mir. Als der Geliebte mich drängte, unterstützte mich der Dämon gut. Er ist so treu und steht jedes Leiden mit mir durch. Was mach‘ ich nur?
Natan: Die Schlange täuscht gut. Aber hört mich an! Der Dämon steht euch im Leid bei, weil er weiß, dass ihr ihn dafür liebt. Genau deshalb provoziert er ja das Leid. Er schmeichelt sich bei allen ein, um ihr Vertrauen zu gewinnen und sie dann zu einem isolierten Zirkel seiner Lust zu verwandeln. Sieh nur! Einige sind schon besessen von ihm. Ich rate euch, beeilt euch auf den Nuern zu kommen.
Prinz Siddhartha: Nun gut, ich gehe noch heute. Ob ich euch dafür danken kann, werde ich erst nach dem Beten wissen. Bis dahin haltet euer Versprechen ein.
Abgang Siddhartha. Natan begibt sich wieder in Meditation.