Читать книгу Viva Rex oder die Suche nach sich selbst - David Gerson Rolinger - Страница 5

Akt I, Szene I

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Auftritt der Geliebte, aufgebracht, die Gebrüder Natan und Nathan, auf den Geliebten einredend, Prinz Siddhartha aus dem Morgenland, hinter ihnen schlendernd.

Der Geliebte: Ich werde zum König werden, das ist gewiss. Das Volk liebt mich und ich will ihnen Liebe schenken. Darum frage ich euch, wer sollte es nicht wollen?

Nathan der Weise: Denkt nur an die Freunde König Rexs. Dazu kommen noch jene, die Siddhartha auf den Thron bringen wollen. Prinz, Ihr könnt die Lage sicher am besten einschätzen.

Prinz Siddhartha: Von klein auf habe ich gelernt, was es heißt, ein Volk zu führen. Mit Schmeicheleien habe ich das des Moses für mich gewonnen. Lange liegt der Stein in meinem Brett, nur König Rex steht mir im Weg.

Der Geliebte: Ach redet doch keinen Unsinn. Rex ist ein alter Mann, der wird sich nie mehr salben lassen. Da ist es gut, dass ich nun komme und dieses Volk an mich binde. König Rex unterstützt mich sogar. Meine Ahnen haben ewig dieses Volk geleitet. Wenn auch nicht als Könige, so doch durch ihre Liebe. Prinz, verzeih mein ungeübtes Wort, doch ein Fremder kann dieses Reich nicht führen. Du verstehst es nicht, erkennst die Probleme nur schwer und deine Traditionen belasten dieses Volk noch mehr.

Prinz Siddhartha: Die Liebe aus sich selbst heraus wirkt immer schwach gegen die Liebe eines Fremden. So schätzen wir die Meinung eines neuen Hausgastes mehr als die der eignen Familie. Geliebter, was soll der plötzliche Ehrgeiz? Hast du Angst das Volk an mich zu verlieren?

Der Geliebte: Das hab ich wohl und ich tue Recht daran. Du reißt mit deinen gierigen Klauen und fremden Sagen tiefe Wunden in das Fleisch einer gesunden Stadt. Und alles jubelt dir noch zu. Ehrlich, ich kann das nicht fassen.

Nathan der Weise: Es liegt daran, dass er sie liebt. Um jene Liebe zu erfahren, weiß so mancher Körper viel Leid in sich aufzunehmen. Und sie wünschen sich doch, dass einer König werden will. Gerade, weil sich Rex nicht salben lässt.

Natan: Der Herr schenkte uns Liebe, sie ist seine gütigste Gabe. Darum fordere ich euch auf, nehmt sie, wenn sie kommt und streut sie, wenn sie fehlt.

Prinz Siddhartha: Das tue ich. Ich liebe dieses Volk nicht weniger als der Geliebte.

Der Geliebte: Rede doch nicht solchen Unsinn. Du bist erst vor wenigen Jahren hierher gekommen, die Namen dieser Leute sind dir fremd und nun willst du sie so lieben wie einer, der ihre Geburt bestaunen durfte? Deine Liebe ist nur von kurzer Dauer, meine aber währt ewig.

Natan: Tut sie das? In letzter Zeit sehe ich den Prinzen mehr Freunde grüßen als euch. Habt ihr euch nicht in euch selbst verloren?

Der Geliebte: Was kann ich dafür, dass ich der Welt mein Leid ersparen will. Drum grüße ich nicht jeden Tag, um sie nicht weiter zu belasten. Ich maße mir auch nicht an, mit ihnen zu speisen, sind sie mir nicht vertraut aufs Blut. Jener aber hockt sich ins gemachte Nest. Anmaßend setzt er sich an jeden Tisch und tut, als sei er Teil von dieser Esskultur.

Nathan der Weise: Er bemüht sich nur. Ein guter König muss das können.

Prinz Siddhartha: Zudem erreiche ich damit mehr als du. Das ist doch, warum mich alles Volk so liebt. Ich reiche ihnen die Hand, wenn sie mir ihre Freude schenken wollen, anstatt zu warten, bis die Höflichkeit mich dasselbe erfahren lässt. Und alles freut sich drüber.

Der Geliebte schnaubt verächtlich. Auftritt ein volksnaher Bürgermeister.

Nathan der Weise: Guten Tag Herr Bürgermeister! Schön, dass wir euch heute noch treffen. Sicher könnt ihr unsere Unterhaltung mit eurem Wissen vortrefflich bereichern.

Bürgermeister: Guten Tag die Herren! Was ist der Kern der Unterhaltung?

Nathan der Weise: Erneut die Königswahl.

Natan: Königswahl? Mir scheint, der Garten sei umsonst.

Der Geliebte: Sicher nicht! Der Garten muss um jeden Preis durchdrungen werden. Nur will man vorher beruhigt wissen, dass man am Ende Salböl und Hauptes Zierde wirklich erhält.

Natan: Der Herr hat uns die Propheten geschenkt, dass wir ihrem Rat munter vertrauen können, doch wir betrügen uns selbst und meinen klüger zu sein als die Propheten.

Nathan der Weise: Der Herr gab uns auch den Verstand, mit dem wir entscheiden können, was uns mehr behagt. Nun ist die Zeit zum Denken, später mögen wir folgen und sehen, ob unser Geist uns nicht betrogen hat und unser probatorischer König auch den Prophezeiungen standhält. Nun Herr Bürgermeister: Wie steht es um des Volkes Stimme?

Bürgermeister: Wie immer ist es gespalten. Im Wesentlichen sind da drei Fraktionen: Die einen wollen warten, bis König Rex sich salben lässt, die anderen wollen den Geliebten oder Prinz Siddhartha aus dem Morgenland zum König machen und salben.

Der Geliebte: hektisch erregt. Und weiter? Wie stehen sich die Massen zahlenmäßig gegenüber?

Bürgermeister: Da die meisten Royalisten der Empfehlung unseres Königs, euch, den Geliebten, zu unterstützen, gefolgt sind, hat sich eine breite Menge für euch aufgestellt. Doch habt ihr euch oft mit dem Prinzen blicken lassen und nun haben sich einige von seiner aktiveren Art in den Bann ziehen lassen, sodass sich Teile eurer Unterstützer zu ihm gesellten.

Der Bürgermeister macht eine Pause und sein Gesicht verkrampft sich etwas.

Der Geliebte: Sprecht schon weiter!

Bürgermeister: Die Zahlen haben sich verkehrt. Auf den Straßen steht das Volk und sie wollen Prinz Siddhartha salben.

Der Geliebte: Unmöglich!

Prinz Siddhartha: Ich werde diese Würde annehmen, denn ich habe sie verdient. Stets habe ich den guten Kontakt gepflegt und ihnen Geschenke gemacht. Ein offenes Ohr drängte ich ihnen auf, damit sie ihre Sorgen an mich wenden konnten. Ich gab ihnen das Gefühl, etwas wert zu sein, indem ich forsch und schnell zu ihnen vordrang und mein Vertrauen ihnen schenkte, sobald ihr Name bei mir fix war. Ich müsste lügen, würde ich behaupten, der Geliebte habe mir nicht geholfen. Im Gegenteil, denn viele hohe Würdenträger lernte ich erst durch ihn kennen und so manchen Freund habe ich erst dadurch erringen können. Stets hast du mich begleitet, Geliebter, und nun habe ich dich vollends überboten.

Bürgermeister: Was wird mit König Rex geschehen, wenn der Prinz sich salben lässt? Er ist noch immer der rechtmäßige König.

Nathan der Weise: Wenn sie ihn nicht verjagen, was ich für ausgeschlossen halte, wird er König bleiben.

Prinz Siddhartha: Seid euch nicht zu sicher. Wenn sie erst einmal sehen, wie herrlich ich sie regiere, dann werden sie Rex schnell vergessen. So wie sie auch Jallah vergessen haben.

Auftritt ein aufgeregter Mann.

Mann: außer Atem. Prinz Siddhartha aus dem Morgenland, bald wird man euch König heißen. Kommt nun rasch mit, denn ein Priester will euch salben.

Prinz Siddhartha: Großartig!

Prinz Siddhartha und Mann wollen gehen.

Natan: Haltet ein! Erst muss er den Garten und die Mauer überqueren, dann erst darf man ihn zum König machen und erst hiernach darf die Salbung folgen. Haltet bloß die Rituale ein, sonst prophezeie ich euch ein übles Ende. Der Garten wurde aus gutem Grund erschaffen.

Mann: Nichts, was man nicht auch nachholen könnte. Kommt jetzt, Prinz! Der Priester und das Volk sind bereit.

Nathan der Weise: Mir scheint das jetzt auch sehr plötzlich. Man sollte nicht einem Impuls folgen, wenn es um solche Fragen geht. Schon gar nicht, wenn sie den Riten und Prophezeiungen widersprechen.

Prinz Siddhartha: Eure Riten sind doch längst nicht mehr zeitgemäß. Ich werde den Garten schon bezwingen, gebt mir nur etwas Zeit.

Mann: Und diese Zeit sollt ihr schon nutzen. Daher kommt jetzt mit, sodass wir euch salben können.

Nathan der Weise: Es ist ein Fehler!

Natan: Der Herr gebietet anderes!

Abgang Prinz Siddhartha und Mann.

Der Geliebte: Sie lassen sich blenden von kurzweiligen Versprechungen, doch würden sie das Ganze sehen, dann würden sie erkennen, dass Demütigung und Leid mit dieser fremden Liebe einhergehen. Ich selbst erkenne meine Freundschaft zu Siddhartha nun als Münze. Die eine Seite zeigt mir die Freuden eines Freundes, die andere erobert meinen Thron und ersetzt mich vor dem Volk. Wenn ich bestehen will, muss ich mich durch den Garten kämpfen.

Natan: Euren Thron? Aber wahrlich, wollt ihr ihn besteigen, müsst ihr den Garten durchqueren.

Nathan der Weise: Wenn du König sein willst, musst du dich deinem Volk beweisen. Zeig ihm mit ehrenwerter Geste, was du ihm Gutes tun kannst.

Der Geliebte: Ihr seid zu gütig zu mir und allen anderen. Aber ich kann mich dieser Güte nicht immer rühmen. Ich fühle mich gekränkt, verletzt und Wut durchdringt mehr und mehr meinen Körper. Prinz Siddhartha darf nicht König werden, sonst verliere ich mich selbst. Ich muss kämpfen.

Nathan der Weise: Das Kämpfen endet niemals gut. Ihr werdet beide nur verlieren.

Der Geliebte: Sei‘s drum! Ich kann nicht anders.

Viva Rex oder die Suche nach sich selbst

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