Читать книгу Viva Rex oder die Suche nach sich selbst - David Gerson Rolinger - Страница 16
Szene XII
ОглавлениеAuftritt Ikarus, der Geliebte und die Gebrüder Natan und Nathan im Tempel.
Der Geliebte: Hattet ihr eine Vision, Natan?
Natan: Wir können Gott nicht drängen, uns die Welt zu offenbaren. Bisher habe ich noch nichts gesehen.
Nathan der Weise: Er ist nun schon über einen Mond fort. Vielleicht hat der Herr ihm auch geboten, sich eine neue Heimat zu suchen. Hoffen wir nur, dass es ihm gut geht.
Ikarus: Das Volk braucht aber einen König. Wir sollten nicht zu lange zögern, bis wir den offensichtlichen Schritt wagen.
Nathan der Weise: Das Volk hat Rex. Er ist unser König.
Ikarus: Ich mag Rex, keine Frage, aber solang er nicht bereit ist, sich salben zu lassen, wird das Volk nicht zufrieden sein.
Natan: Ich habe Prinz Siddhartha versprochen, dass niemand König wird, bis er zurückkommt. Also werden wir auch niemanden krönen.
Der Geliebte: Und wenn er nie zurückkommt?
Natan: Dann werden wir niemals mehr jemanden zum König machen. Wir haben zuvor unzählige Jahre ohne gesalbten König gelebt, wir können es auch weiter tun.
Ikarus: Pah! Was soll das denn bringen? Ich fürchte, Natan, ihr müsst euer Versprechen brechen. Wenn er ohnehin nie wieder kommt, dann wird er es auch nie erfahren.
Natan: Versteht! Ein Versprechen ist ein heiliger Bund, der niemals gebrochen werden darf.
Nathan der Weise: Das ist wahr. Ein Versprechen muss um jeden Preis gehalten werden. Daher sollte man auch niemals ein Versprechen leichtfertig geben.
Ikarus: Warum habt ihr es denn nur versprechen müssen?
Natan: Der Herr hat mich geführt. Also regt euch nicht auf, denn er wird uns auch weiter tragen.
Der Geliebte: Seht! Da tritt einer ein.
Auftritt ein vermummter Mann.
Natan: Nur herein Fremder. Kommt ihr zum Opfern oder Beten?
Vermummter Mann: Ich komme zum Beichten und Entschuldigen.
Der vermummte Mann fällt vor dem Geliebten auf die Knie.
Vermummter Mann: Du klopftest an mein Haus, um mir mein Übel aufzuzeigen, um mich vom Bösen hin zum Guten zu bewegen. Ich aber warf dich hinaus und hetzte dir, der du mein Freund warst, einen Getreuen auf den Hals. Ich nutzte dessen Loyalität aus, um deinen reinen Geist zu jagen. Im Bunde stand ich mit einem gierigen Dämon und unter seinem Einfluss lernte ich dich hassen. Ich ließ mich verleiten zu verspotten, wem ich zur Treue verpflichtet war.
Der Geliebte: Erhebe dich gesalbter Prinz Siddhartha aus dem Morgenland aus deiner Schande. Ich spreche dich los von aller Schuld, die du mir angetan. Und löse deine Schmach in Stolz. Sieh! Neben mir steht Ikarus, der sich, wie du, dem Guten hingegeben hat.
Der vermummte Mann reißt die Tücher von seinem Gesicht und gibt sich als Siddhartha zu erkennen. Er und der Geliebte umarmen sich.
Siddhartha: Du bist wahrhaft gerecht. Du solltest König sein!
Natan: Gott hat euch also einen Weg gezeigt?
Siddhartha: Ein Bote erschien mir. Schon auf dem Weg und beim Fasten wurde ich mir meiner Schuld immer mehr bewusst. Der Engel aber gab mir einen neuen Auftrag, nicht minder wichtig als König zu sein. Er riet mir, dass ich nicht vor meiner Angst davonlaufen soll, sondern dass ich mich mit meinem Freund versöhnen kann. Ein anderer musste dafür gehen.
Nathan der Weise: Der Dämon Lucca?
Siddhartha: So ist es. Ich habe gesehen, wie er ist. Auch wenn mein Herz schmerzt ihn so zu verletzen, denn er liebt mich, muss ich mich völlig von ihm lossagen. Es ist für mich ein harter Kampf, doch ich versuche, mir immer wieder klar zu machen, dass er mich nur ins Chaos des Bösen stürzt. Ich weiß, Ikarus, dass er auch euer Freund ist, doch –
Ikarus: Ich habe es auch erkennen müssen. Nur hätte ich nicht gedacht, dass man euch überzeugen kann.
Siddhartha: Gebrüder Natan und Nathan, habt ihr eine Idee, wie jetzt vorzugehen ist? Ich will Lucca nicht mehr Leid antun als meine Abwendung von ihm. Doch ich fürchte, dass er so besessen von mir ist wie seine Anhänger von ihm.
Nathan der Weise: Auch wenn er einer ist, der sich gegen Gott gestellt hat, dürfen wir ihn nicht töten. Jeder Tod, auch der eines Dämons, ist Sünde an der Schöpfung unseres Herrn.
Natan: Verbannen aber können wir ihn. Ich kenne sicher ein Banngebet, das ihn für immer vertreiben kann. Ich könnte schnell einmal nachschauen.
Der Geliebte: Ich denke, das wäre eine gute Möglichkeit, um sicherzugehen.
Abgang Natan.
Siddhartha: Es tut so weh…
Auftritt Natan mit einigen Schnüren.
Natan: Ich werde das Banngebet stellvertretend für alle sprechen, aber es ist wichtig, dass alle bezeugen, dass sie auch wirklich frei von diesem Dämon sein wollen. Daher muss jeder, der eine Beziehung zu Lucca hatte, eine solche gesegnete Schnur durchtrennen.
Natan gibt Siddhartha, dem Geliebten und Ikarus eine Schnur.
Der Geliebte: Warum auch mir? Ich war kein Freund des Dämons.
Natan: Euch verbindet eine Feindschaft mit dem Wesen. Das hält ihn gleichermaßen hier wie eine Freundschaft. Ihr könntet euch ja zum Beispiel gottlos an ihm rächen wollen.
Der Geliebte: Und was ist mit den Besessenen? Müssen sie nicht auch alle eine Schnur durchtrennen und sich somit von ihm lösen?
Natan: Doch, das müssen sie. Daher muss jemand zu ihnen gehen und sie überzeugen.
Ikarus: Ich kann das tun. Ich kenne sie alle gut und sie vertrauen mir. Wenn Siddhartha mitkommt, schaffen wir es vielleicht.
Siddhartha: Das glaube ich kaum. Ich habe gesehen, wie verfallen sie Lucca sind. Zwei liefen zu ihm, obwohl sie wussten, dass sie der Tod erwartete.
Nathan der Weise: Dann werde ich mit euch kommen. Hier im Tempel gibt es heiliges Kraut. Wenn wir ihnen das zuführen, werden sie für einen kurzen Moment klar sehen und der Dämon kann ihre Seelen nicht lenken. In dieser Zeit müssen sie dann den Faden durchschneiden.
Ikarus: Das klingt doch nach einem Plan. Los geht es!
Siddhartha: Ich bin noch unsicher, ob das klappen kann.
Natan: Ihr werdet es schaffen, denn Gott ist mit euch. Schneidet nun euer Band zu dem Dämon Lucca ab.
Der Geliebte und Ikarus schneiden die Schnur durch. Siddhartha zögert und täuscht dann die anderen, indem er sein Band einsteckt.
Natan: Nun dann, geht und beeilt euch! Wir wollen Lucca keine Zeit geben, sich provoziert zu fühlen.
Abgang Ikarus, Siddhartha und Nathan der Weise.
Der Geliebte: Habt ihr gehört, was Siddhartha vorhin sagte? Er meinte, dass ich König sein solle.
Natan: Ja, ich hörte es. Ihr werdet also von Siddhartha und Ikarus unterstützt, dennoch müsst ihr euch zunächst noch dem Volk, das euch liebt, beweisen. Darüber hatten wir ja schon gesprochen.
Der Geliebte: Natürlich und den Garten muss ich auch noch durchdringen.
Natan: So ist es. Aber ich würde euch generell empfehlen, dass ihr bevor ihr allzu viel publik macht, noch einmal mit König Rex sprecht. Zwar liebt er euch und steht euch stets bei, doch ist er immer noch König.
Der Geliebte: Ja, aber ein König, der sein Volk liebt und nur das Beste für es will. Und er weiß, dass das Volk unglücklich darüber ist, dass er sich nicht salben lässt, daher wird er mir sicher helfen, zur Salbung zu kommen. Rex ist wahrscheinlich einer der besten Menschen, die es gibt.
Natan: Der Herr hat gefallen an ihm gefunden so wie an euch. Ihr seid beide erwählt, König zu sein, davon bin ich überzeugt. Doch müsst ihr es erst noch beweisen.
Der Geliebte: Das werde ich. Und vielleicht habt ihr Recht und es schadet nicht, wenn ich mit König Rex spreche.
Abgang der Geliebte und Natan.