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2. Verarbeitung nach Treu und Glauben (Fairness)

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Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a Var. 2 müssen personenbezogene Daten nach Treu und Glauben verarbeitet werden. Der Grundsatz Treu und Glauben findet sich in Konvention Nr. 108 des Europarates, ist in Art. 8 Abs. 2 S. 1 der Europäischen-Grundrechtecharta verbürgt und wurde durch Art. 6 Abs. 1 der DSRL i.V.m. ErwG 38 DSRL ausgefüllt.

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Auch wenn das Gebot von Treu und Glauben unter der DS-GVO inhaltlich schwer zu fassen ist[30], verbietet es sich einfach, auf den im deutschen nationalen Recht bestimmten Begriff von Treu und Glauben zurückzugreifen. Ein solches Vorgehen widerspricht dem unionsrechtlichen Grundsatz, dass das Unionsrecht eine eigenständige Rechtsordnung aufstellt, „nach der sich die Befugnisse, Rechte und Pflichten der Rechtssubjekte sowie die zur Feststellung und Ahndung etwaiger Rechtsverletzungen erforderlichen Verfahren bestimmen.“[31]. Der Begriff von Treu und Glauben muss autonom für die DS-GVO als EU-Norm ausgelegt werden. Es kann nicht die Absicht des Gesetzgebers der EU gewesen sein, in Art. 5 Abs. 1 lit. a Var. 2 die vielseitigen Bedeutungsinhalte zu implementieren, die sich im Laufe der Zeit in der deutschen Rechtsordnung mit dem Begriff von Treu und Glauben entwickelt haben.[32]

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In der englischen Sprachfassung des Art. 5 Abs. 1 lit. a wird an der Stelle der Begriff „fairly“ verwendet. Die deutsche Sprachfassung wäre an dieser Stelle weniger missverständlich, wenn sie hier den Begriff „fair“ verwendet hätte.[33] An anderen Stellen der deutschen Sprachfassung ist dies geschehen. So findet sich der Begriff „fair“ unter anderem in den Art. 13 Abs. 2, 14 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 2 lit. a sowie in den ErwG 39 S. 4, 60 S. 1, 2 und 71 S. 6.

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Inhaltlich ist die englische Sprachfassung, die eine „faire“ Verarbeitung fordert, aussagefähig. Eine „faire“ Verarbeitung ist in der Regel nur gegeben, wenn sie mit dem Wissen der betroffenen Person und nicht heimlich erfolgt.[34] Insoweit bedingen sich die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der der Transparenz. So wird es dem Grundsatz der „Fairness“ widersprechen, im Wege sogenannter „Freundschaftswerbung“ hinter dem Rücken der betroffenen Person Wissen für Werbezwecke zu erlangen, obwohl der Direkterhebungsgrundsatz des § 4 Abs. 2 BGSG a.F. nicht ausdrücklich in der DS-GVO normiert ist.[35] Auch dürfte die Verwendung verborgener Techniken, wie z.B. heimliche Videoüberwachung oder Spyware, regelmäßig treuwidrig sein.[36]

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Große praktische Relevanz hat der Grundsatz von Treu und Glauben insbesondere dort, wo die DS-GVO nur sehr allgemeine Vorgaben enthält. Praktische Anwendungsfälle sind etwa das Scoring[37] oder die Videoüberwachung[38] auf Grundlage der DS-GVO. So dürfte ein Verstoß gegen den Zweckbindungsgrundsatz meist treuwidrig sein, etwa wenn Videomaterial, das zur Abwehr und Aufklärung von Straftaten aufgezeichnet wurde, zur Leistungskontrolle bei Beschäftigten eingesetzt wird.[39] Ebenso entspricht eine Datenverarbeitung nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie unverhältnismäßig ist.[40] Dies ist dann der Fall, wenn es entweder an einem legitimen Zweck fehlt oder sie nicht zur Zweckerreichung das geeignete, erforderliche und angemessene Mittel darstellt.

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Der Grundsatz der „fairen“ Verarbeitung ist auch Auslegungskriterium im Rahmen der Interessenabwägung des Art. 6 Abs. 1 lit. f. Dieser wird konkretisiert durch den ErwG 47 S. 1, wonach auf die „vernünftige Erwartungshaltung“ der betroffenen Person abzustellen ist. Eine Weitegabe personenbezogener Daten an Dritte zum Zwecke der werblichen Nutzung ohne vorherige Information dürfte damit in der Regel auch dem Grundsatz der Fairness widersprechen.[41]

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