Читать книгу Eine übliche Fahndung mit unüblichen Begleiterscheinungen - Denise Remisberger - Страница 5
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ОглавлениеEva, ganz in lila gekleidet, sass im Zug nach Bern, um eine Lesung einiger ihrer neuesten Gedichte zu halten.
Als sie in der Buchhandlung, in welcher die Veranstaltung stattfinden würde, eintraf, sassen dort bereits zwei gute Bekannte von früher, die sie eingeladen hatte, Kunibert und Fiorella.
Nach ausgiebiger Begrüssung setzte sich Eva vors Publikum und trug vor. Die unbändigen Lachsalven an den lustigen Stellen und die mitfühlenden Seufzer bei den traurigen Passagen zeigten ihr, wie schön es war, andere wachhalten zu können.
Eine gute halbe Stunde später brachen die drei Wiedervereinten auf, Bern zu besichtigen.
Eva hatte extra den Fotoapparat mitgenommen, um all die malerischen Türme aufs Papier zu bannen. Sie konzentrierte sich auf die Bauten und nicht auf die Menschen, welche sich davor tummelten oder ihrer Arbeit nachgingen.
Nachdem der Film durch war, setzten sie sich in ein Café voller Wasserpfeifen, und Kunibert machte sich sofort über eine von ihnen her. Fiorella und Eva begnügten sich damit, die Vanille-Qualmwolken aus einer kurzen Distanz einzuatmen.
Als Eva gerade einen Schluck türkisches Bier die Kehle herunterrieseln liess, spuckte sie die Flüssigkeit beinahe wieder aus, denn sie schaute direkt in die aufmerksamen braunen Augen von Balthasar Bube, der diesmal nicht mit seinem Dienstausweis um sich warf, sondern ganz unbeweglich neben einer dunkelblonden, um etwa zehn Jahre älteren und auch erfahreneren Frau sass, welche ihm geistesgegenwärtig einen Kuss auf den Mund drückte, doch die Ablenkung funktionierte keinesfalls, denn Eva würde jemanden, der so tapsig süss war wie Balthasar Bube, nie mehr wieder vergessen können.
Darum schloss sie logisch, dass die Frau auch von der Polizei sein musste, und da in der Schweiz ein ausgesprochener «Kantönligeist» herrschte, arbeitete sie ziemlich sicher bei der Berner Kantonspolizei, denn die würden die Zürcher Kapo nicht einfach so alleine in ihrem Gebiet herumkücheln lassen.
Die Bernerin tigerte dauernd an Evas Tisch vorbei, um eventuelle staatsgefährdende Wortfetzen mitzubekommen, doch die drei redeten nur über Bücher, und die Zeiten der öffentlichen Bücherverbrennungen waren in Mitteleuropa doch eher vorbei.
Gegen Abend entschlossen sich Fiorella, Eva und Kunibert, im «Vatter» essen zu gehen, wo sie köstlichst bewirtet wurden, ganz im Gegensatz zum armen Balthasar Bube, der, mit einer anderen Bernerin als derjenigen vom Nachmittag, am Nebentisch sass und innerhalb von zwei vollen Stunden nur einen einzigen Kaffee aus dem kargen Berner Budget spendiert bekam.
Dafür nahm sich die diesmal um mindestens fünfzehn Jahre ältere Polizistin seiner brachliegenden Libido an, indem sie ihm, nicht nur zur Tarnung, so lange die Innenseite seines linken Armes streichelte, bis er ganz violett im Gesicht geworden war.
Kunibert war drauf und dran, Balthasar Bube einen zweiten Kaffee zu bezahlen. Leid tat er allen drei.