Читать книгу Eine übliche Fahndung mit unüblichen Begleiterscheinungen - Denise Remisberger - Страница 8
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ОглавлениеKarian Schwengs Wecker klingelte bösartig um sieben Uhr in der Früh und liess ihn als Erstes zum umfunktionierten Wäschekorb eilen, um diesem seine Morgenration an Dope zu entnehmen. Nach erfolgreichem Rollen seines Joints holte er sich aus der Küche ein Glas Ananassaft, begab sich zurück aufs Wohnzimmersofa, wo der Joint wartete, und konsumierte beides.
Dann sprang er unter eine heisse Dusche, zog sich eine grüne Lederhose zu einem blauen, mit Schäfchenwolken bedruckten, langärmeligen Oberteil an, schnappte sich seine gefütterte beige Wildlederjacke aus den Siebzigerjahren und spazierte in schicken Turnschuhen zur Arbeit.
Dort angekommen, zog er sich eine in verschiedenen Blautönen gehaltene Uniform an, denn er war Tramchauffeur.
Während des Tramfahrens wachte er langsam auf, legte bei jeder Station mehr Verve in das Ansagen der Haltestelle und wurde richtig fröhlich dabei, bis der Tumult im Tram immer lauter durch die Glastrennwand zu ihm vordrang und schliesslich jemand an sein Fensterchen pochte.
Er zog es schnell während des Fahrens mit einer Hand herunter und wollte wissen, was da los war.
«Junger Mann!», empörte sich ein älterer Herr mit Hut und Gehstock, «wir sind hier nicht im Dreizehner-Tram, wir sind hier im Elfer-Tram. Sie fahren die falsche Strecke!»
Karian Schweng sah prüfend aus dem Fenster und fand sich tatsächlich schon fast am Fusse des Uetlibergs wieder, der Endstation Albisgütli der erwähnten Nummer dreizehn, anstatt in Richtung Rehalp der Nummer elf.
Er stellte das Mikrophon an und informierte die schimpfende Menge darüber, dass er gleich die Wendeschlaufe der nächsten und letzten Station auf dieser Linie benutzen würde, schliesslich könne er nicht über die Tramschienen fliegend wechseln, und dann wieder an den Paradeplatz hinuntersausen täte, ohne unnötigen Halt, um dort in die Linie elf einzuspuren.
Die Menge rief mehrere unschmeichelhafte Bemerkungen in seine Richtung und harrte dann still der Erlösung.