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Оглавление«Ach, Pfarrer Selri», echauffierte sich Sabine Pfau, das Gesangsbüchlein fest zwischen ihren violett lackierten Krallen. «Wo bleibt denn unser lieber und heiss verehrter Pfarrer Jacques?»
«Wohl eher heiss begehrt, in deinem Fall, liebe Sabine», giftete eine korpulente Dame dazwischen, in braunem, langem Wollkleid mit sowohl in Farbe als auch in Struktur dazu passendem Schal.
«Liebes Mariechen», lächelte Sabine süffisant in Richtung Marie Krug, «wenn ich schon so lange verheiratet wäre wie du, und immer mit demselben Mann, würde ich auch alles, was nur ansatzweise an Anziehung erinnert, überinterpretieren.»
«Anziehung?», giftete die rot angelaufene Marie zurück, «du glaubst doch wohl nicht im Ernst, zwischen dir und unserem Pfarrer Jacques gäbe es auch nur den Hauch einer Anziehung.»
«Meine Damen, bitte, beruhigen Sie sich», tupfte sich Pfarrer Selri, immer unfreiwilligerer Ersatz für die Leitung der evangelischen Frauensinggruppe Kreis Fünf, mit einer Ecke seines Beffchens den Schweiss von der Stirn. «Pfarrer Jacques kommt bald wieder. Spätestens im Februar, meine Damen.»
«Was, so lange noch?», kreischte Sabine Pfau jetzt hemmungslos.
«Ja, das ist wirklich eine Ewigkeit», stimmte ihr sogar Marie Krug zu.