Читать книгу Fidibus und das Pergament aus dem Goldenen Psalter - Denise Remisberger - Страница 11

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Im Kräutergarten wurde heute schwer gearbeitet. Novizenmeister Karl beaufsichtigte die fünf Novizen, welche die mit Brettern eingefassten acht Kräuterbeete von Unkraut befreiten. Die Sonne brannte erbarmungslos auf ihre gekrümmten Rücken, sodass ihnen der Schweiss von den Gesichtern tropfte. Natürlich murrten sie, wie üblich. Die Novizen des Klosters Sankt Gallen hatten schon immer eine rebellische Ader besessen. Mit den Klosterschülern stand es noch schlimmer. Im Jahre des Herrn 937 brannten zwei davon das ganze Kloster nieder. Zum Glück konnten Bücher, Schriften, Schätze und die teuren Glocken gerettet werden. Na ja, sie hatten das karolingische Kloster mit dem Gallusmünster und auch die Michaelskapelle und die Sankt Otmarskirche hinter dem Münster wieder aufgebaut, dachte Karl voller Freude.

«Bertram, also wirklich», tadelte Karl gutmütig einen der Novizen, «nicht das Johanniskraut ausreissen, das brauchen wir doch, um Unheil abzuwehren.»

«Ach, Ihr meint den Jageteufel, Meister Karl.»

Die anderen vier Novizen kicherten.

«Hierher kommt der Teufel bestimmt nicht», rief Novize Hans vorlaut.

«Da täusch dich mal nicht», widersprach Karl. «Und hier steht er schon, der Teufel, in Gestalt einer Frau.» Doch diesen letzten Satz sprach er nicht laut aus. Und er meinte es auch nicht wirklich böse.

«Novizenmeister Karl», rief Fräulein Siegelinde und winkte. Die Novizen liessen ihre Arbeit ruhen und starrten auf die herbeieilende wunderhübsche Frau mit den funkelnden Augen, die Münder offen.

«O je!», hauchte Karl und führte Siegelinde und ihren Panzerreiter Blage geschwind am Sanatorium und an der Sankt Otmarskirche vorbei in den Baumgarten hinüber, der gleichzeitig der Friedhof war, weit weg von den ihm anvertrauten Jünglingen.

«Was führt Euch zu uns, wertes Fräulein?»

«Ich will meinen Verwandten besuchen, Niesbert.»

«Niesbert hebt gerade ein Grab aus, dort, hinter dem grossen Birnbaum, seht Ihr ihn?»

«Ja. Danke.» Und Siegelinde lief in die angedeutete Richtung, Blage dicht auf ihren Fersen, während der Novizenmeister zurück zu seinen Zöglingen ging, um zu sehen, ob sie sich erholt hatten.

Beim grossen Birnbaum angekommen, hörte sie Stimmen, so dass sie innehielt, um zu lauschen. An die alte Rinde gelehnt, standen Fidibus und Kunibert, nicht ahnend, dass da noch jemand mithörte.

«Fidibus, wie sollen wir bloss herausfinden, wer das wertvolle Pergament gestohlen hat?»

«Wahrscheinlich die aus Konstanz. Die hassen uns. Seit jeher. Vielleicht sogar im Auftrag des Bischofs.»

«Du denkst auch immer das Schlechteste, Fidibus.»

«Ja, ich kenne eben die Menschen, Kunibert.»

«Ich könnte euch bei der Suche helfen. Ich reise oft durch die Gegend», begeisterte sich die hinter dem dicken Baumstamm hervortretende Siegelinde. Panzerreiter Blage legte sicherheitshalber seine Hand fester um die Lanze.

«Oh nein! Nicht ausgerechnet Ihr!», warf Fidibus die Hände in die Luft.

«Siegelinde, meine Kleine. Lass dich begrüssen», lachte Niesbert, legte die Schaufel nieder und umarmte seine spassige Verwandte.

«Niesbert, red ihr das aus, auf ihr lastet ein Fluch», flehte Fidibus.

«Erzähl keinen Unsinn. Sie kommt wirklich viel herum. Und sie schnappt eine Menge auf.»

«Kein Wunder, wenn sie hemmungslos lauscht.»


Fidibus und das Pergament aus dem Goldenen Psalter

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