Читать книгу Fidibus und das Pergament aus dem Goldenen Psalter - Denise Remisberger - Страница 12
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ОглавлениеWährend Niesbert mit Siegelinde im Baumgarten spazierte und plauderte, Blage dicht im Schlepptau, Fidibus die neue Lieferung an Leinenstoffen begutachtete und Kunibert ins Sanatorium zurückging, um sich um die Kranken und Rekonvaleszenten zu kümmern, stand der Ministeriale Furdin vor dem in seiner Pfalz sitzenden Bischof Konrad von Konstanz und erzählte nichts Wichtiges.
«Aha, aha», brummte Konrad unzufrieden, mit den Gedanken halb bei den Bauplänen für eine der Pfarrkirchen, nämlich Sankt Paul vor den Mauern, die sich erst ganz am Anfang ihrer Entstehung befand.
«Hast du da nicht eine kleine Freundin? Im Kloster Münsterlingen?»
«Nein, Herr.»
Für den Geschmack des Bischofs rankten sich viel zu viele Legenden um dieses seltsame winzige Frauenkloster. Wie Efeu an einer Mauer. Eine heidnischer als die andere. Warum konnten sich die Leute nicht einfach auf eine einzige und dazu noch fromme Geschichte einigen? Und wenn er ein glaubwürdiges Gerücht streuen würde? Oder sollte er das anderen überlassen, die nach ihm kamen?
«Die Laienschwester, Furdin, die Laienschwester Helwi.»
«Also, sie ist nicht meine Freundin. Ich habe sie noch nicht rumgekriegt, äh, also, ich meine, ich habe ihr holdes Herz noch nicht gewonnen.»
«Na ja, dann tu es. Ich muss wissen, wie innig das Verhältnis zwischen den beiden Klöstern Münsterlingen und Sankt Gallen ist. Ob sie sich gegen Konstanz verbündet haben oder so. Geh jetzt, Furdin, und tu deine Pflicht als mein Ministeriale.»
Furdin eilte schnurstracks den Hügel hinab, durch eines der Tore hindurch und weiter bis ins Gästehaus des Klosters am Bodensee, um nach Helwi zu fragen.
«Helwi muss arbeiten, junger Mann, wie alle anderen auch, ausser dir. Du bist ein richtiger Nichtsnutz», schimpfte Hospitalarin Krätzhilde. Und nicht zum ersten Mal.
«Furdin», rief Helwi, die sich im angrenzenden Raum aufgehalten hatte, einen Stapel Wolldecken im Arm. «Heute nach der Vesper hab ich kurz Zeit für einen Spaziergang am See. Die beiden Pilger und der eine Gast sind alle kerngesund. Wir müssen sie also nur bewirten und nicht auch noch hätscheln.»
«Gut, bis dann», frohlockte Furdin.
«Was für ein dummes Stück», dachte die Hospitalarin grimmig, «die lässt sich von dem Trottel noch ein Kind andrehen. Und dann muss sie ihn heiraten. Und dann hat sie den lebenslänglich an der Backe. Das wäre dann insgesamt viel mehr Arbeit als die Wehwehchen der Gäste zu heilen.»
Helwi war tatsächlich nicht immer die Gescheiteste und liess sich auch prompt von Furdin dazu überreden, Äbtissin Dagoberta ein bisschen auszuspionieren, anscheinend zum Wohl der Dame. Angeblich müsse sie beschützt werden. Vor einem bösen Unhold, der im Schilf am Rande des Bodensees hause und nächtens mit seinem Ruderboot am Klostersteg anlege. Und eventuell die Äbtissin heimsuche. Vielleicht auch nicht. Der Bischof wolle es wissen. Er mache sich Sorgen.