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Seelen können ungeduldig sein

Da ich mir der Kraft und Macht des gesprochenen Wortes bereits bewusst war, wollte ich bei der Diagnosebesprechung nicht dabei sein und bat meinen Mann, dieses Gespräch mit meinem Arzt zu führen. Ich hatte mir ab dem Zeitpunkt der Diagnose untersagt, auch nur die kleinste Kleinigkeit über Krebs zu lesen oder mich anderweitig zu informieren. Weder über Naturheilverfahren noch über schulmedizinische Eingriffe. Ich wollte keine angsteinflößende Beeinflussung von außen. Da mein Mann Zahnarzt ist, kennt er sich in der Schulmedizin etwas aus und er bereitete sich gut auf das Gespräch vor. Er recherchierte ausführlich im Internet, um gezielt Fragen stellen zu können. Manchmal konnte ich an seinem Gesichtsausdruck seine Sorge um mich erkennen, doch ermahnte ich mich gleich, dass es seine Sorge und nicht die meine sei. Mein Mantra war stark! Die Angst war schwach.

Dann war es soweit und wir fuhren wieder nach Bayreuth. Zwar war die Stimmung etwas gelöster als beim ersten Mal, aber die Ungewissheit war unser ständiger Begleiter. Die Mala fest in meiner Hand haltend, setzten wir uns in den Warteraum. In den Augen meines Mannes sammelten sich Tränen und er hatte große Mühe nicht loszuweinen. Mir war seltsamerweise nicht nach weinen zumute, denn ich spürte noch immer eine Präsenz, die mir Kraft und Ruhe schenkte.

Dann wurde mein Name aufgerufen. Ich klärte kurz ab, dass mein Mann zuerst das Gespräch führen und ich erst später zur Therapiebesprechung dazukommen würde. Beides war in Ordnung und so setzte ich mich ins Wartezimmer und hörte über mein Smartphone Entspannungsmusik, während mein Mann mit dem Arzt sprach. Ich erinnerte mich an die Atemübungen, die mich Cornelia gelehrt hatte, und atmete tief und entspannt ein und wieder aus. Als ich gerade meine Augen schließen wollte, um tiefer in das Gefühl von Entspannung einzutauchen, hörte ich plötzlich eine süße, kleine Stimme: „Wann geht es denn nun endlich los mit unserem Abenteuer?“ Ich spürte eine euphorische Neugier in mir aufsteigen. Vor meinem inneren Auge tanzte freudvoll ein kleines Licht. Ein Lächeln legte sich über mein Gesicht, denn ich erkannte meine Seele, die es kaum erwarten konnte, in dieses Erlebnis einzutauchen. Ja, das war es in der Tat: ein Abenteuer, ein Erlebnis.

Die Tür öffnete sich und ich wurde ins Arztzimmer gebeten. Mein Herz schlug schneller. Als erstes suchte ich den Augenkontakt zu meinem Mann, um aus seinem Gesicht lesen zu können: Puh, es war entspannt. O. k., dann mal los. Aufmerksam folgte ich den Worten meines Arztes, der sachlich, ruhig und sehr einfühlsam sprach. Und obwohl ich vieles nicht verstand, spürte ich eine unsagbare Vertrautheit zu diesem Menschen.

Wie er bereits schon vermutete, war der Tumor in meiner Brust bösartig, weshalb er als Behandlungsformen Chemotherapeutika und eine Immuntherapie vorschlug. Er klärte mich über mögliche Nebenwirkungen auf und unterbreitete uns den Vorschlag eine Zweitmeinung einzuholen. Da ich mich jedoch in seiner Gegenwart sehr wohl fühlte, empfand ich das nicht als nötig und auch mein Mann stimmte dem zu. Daraufhin wurden gleich Termine für den Therapiebeginn vereinbart. Zuerst sollte ein Port gelegt werden, ein kleines Döschen, das unter die Haut eingepflanzt wird, um problemlos Medikamente und Infusionen einzubringen. Damit würden die Chemo und die Antikörper unkompliziert in den Körper gelangen. Gleichzeitig sollte mein Wächterlymphknoten, eine der ersten Schlüsselstellen des Immunsystems, entfernt werden, um eine Streuung des Tumors zu vermeiden. Ich muss dazu sagen, dass auch mein Arzt zum Zeitpunkt der Besprechung noch nicht wusste, wie weit sich die Zellen bereits verirrt hatten. Nachdem dies klar war, wurde auf eine Entfernung des Wächterlymphknotens verzichtet.

Um den Port zu legen, war ein kleiner operativer Eingriff notwendig und noch am selben Tag wurde Blut genommen und die Lunge geröntgt. Weitere Untersuchungen und das Aufklärungsgespräch mit dem Anästhesisten wurden auf die darauffolgenden Tage gelegt. Dazwischen lag ein Wochenende. Da nach der Operation gleich die Chemo- und Antikörpertherapie beginnen sollte, beschlossen wir kurzfristig mit den Kindern zum Mondsee nach Österreich zu fahren. Da das Wetter sehr gut war, konnten wir unseren geplanten Klettersteig durchführen, der uns drei Stunden den Berg nach oben führte. Außer den seltsamen Rückenschmerzen ging es mir recht gut. Leider konnte ich die Wanderung nicht so recht genießen, da mir meine bevorstehende therapeutische Reise im Genick saß. Außerdem hatten sich die Rückenschmerzen bis zum Zeitpunkt des Abstiegs höllisch verstärkt. Ich ahnte Schlimmes.

1 x Chemo mit Esprit, bitte!

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