Читать книгу 1 x Chemo mit Esprit, bitte! - Diana Grünberg - Страница 17
Оглавление„Denn sie wissen nicht, was sie tun“
Es war ein Montag, an dem die Voruntersuchungen für die Operation durchgeführt wurden. In dem Glauben, dass darüber hinaus nichts Besonderes geschehen würde, beschloss ich, alleine in die Klinik zu fahren. Immer wieder holte ich mir zur Beruhigung mein Mantra ins Gedächtnis. Im Warteraum saß eine ältere Dame, die, wie sich später herausstellte, auch wieder als Engel an meine Seite gestellt wurde. Als wir ins Gespräch kamen, erfuhr ich, dass sie selbst Brustkrebs gehabt hatte und jetzt, immer montags, ehrenamtlich in der Klinik Patientinnen zur Seite stand.
Da es eine weit verwinkelte Klinik war, war es ganz gut, eine Begleitung zu haben, die einen von einer Untersuchung zur nächsten bringt. Alleine hätte ich die Wege nicht gefunden. So begleitete sie mich nach dem Anästhesievorgespräch auch zum geplanten Herzecho. Weiter waren keine Untersuchungen vorgesehen
Die Ärztin, die für das Herzecho zuständig war, zeigte sich sehr wortkarg und eher kühl. Nachdem sie das Herz untersucht hatte, wollte sie auch noch die Leber über Ultraschall anschauen. „Oh nein“, dachte ich, „wieso denn das?“ Ich musste mich umdrehen und mir wurde schlecht. Wahrscheinlich ahnte ich schon etwas Ungutes. Kaum gedacht, sagte sie auch schon ganz entsetzt: „Ihre Leber, nein, also Ihre Leber ist gar nicht in Ordnung!“ In mir schien das Blut zu gefrieren. Ich bekam kaum noch Luft und musste mir das Weinen verkneifen. „Hat man Sie nicht aufgeklärt?“ fragte sie mich. „Aufgeklärt? Worüber?“, dachte ich nur kopfschüttelnd, da ich immer noch keinen Ton von mir geben konnte. Während ich mich wieder ankleidete, fragte sie mich noch: „Haben Sie Kinder?“ Als ich nickte, schüttelte sie seufzend den Kopf und in ihren Augen spiegelte sich Bestürzung. „Jetzt hast du dein Todesurteil erhalten“, dachte ich mir und verließ das Behandlungszimmer. Ich begann zu weinen und zitterte am ganzen Körper. Der Ohnmacht nahe, setzte ich mich auf den Stuhl im Wartezimmer und erst als sie meine Hand nahm, um mir Trost zu spenden, erkannte ich meine Begleiterin von vorhin, die die ganze Zeit auf mich gewartet hatte, obwohl sie hätte gehen können. Ich erzählte ihr, was vorgefallen war und sie versuchte ganz rührend mir wieder Mut zu machen, indem sie mich mit Fragen über meinen Beruf und meine Familie ablenkte.
Der mir bereitgestellte Engel in Menschengestalt blieb noch bei mir und brachte mich wieder zurück ins Anmeldezimmer des Brustzentrums. Ich war so froh und dankbar für die Anwesenheit diese Frau. Sie hat mich in einem meiner schlimmsten Momente aufgefangen.
Wieder hatte ich Wärme und Zuwendung erfahren, was in solch schwierigen Momenten so wertvoll ist.
Und erneut hatte sich gezeigt, wie macht- und kraftvoll Worte auf uns wirken können. Wie kann ein Mensch so gefühl- und taktlos sein? Wie kann ein Arzt so unwissend die Macht der Sprache einsetzen? Doch es sind eben auch nur Menschen und ich hoffe sehr, dass viele Ärzte dieses Buch lesen und ein Bewusstsein für die Wirkung von Worten entwickeln. Mein Arzt jedenfalls hatte das bereits erkannt.