Читать книгу Warum ich? - Diana Jäger - Страница 12

Kapitel X

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Irgendwann im Laufe des Vormittages klingelte mein Handy in der Tasche. Es war nur ein kurzes Ploppen von WhatsApp, aber es erregte sofort Markus Aufmerksamkeit. Sein Kopf drehte sich sofort in meine Richtung und er starrte mich an, als ob er mich fressen möchte.

„Schalt es aus!“ Er klang immer noch nicht freundlicher als zuvor.

Ich nuschelte irgendetwas mit Entschuldigung und suchte mein Handy in meiner Tasche. Ein kurzer Blick auf die Nachricht musste sein.

Ella: Mädels, ich will heute Abend fortgehen. Wer ist dabei?

Gerade als ich mit der Nachricht fertig war, wurde mir mein Handy aus der Hand gerissen.

„Ausschalten habe ich gesagt, nicht lesen“, Markus war um den Tisch herum gegangen und stand neben mir.

Trotzig antwortete ich: „Tut mir leid, es hätte auch was Wichtiges ein können.“

Er warf mir einen strengen Blick von oben herab zu, sagte aber nichts weiters. Mein Handy behielt er einfach und legte es neben seine Maus. Als wäre nie etwas passiert, ging er wieder an die Arbeit. Ich tat es ihm gleich, eine Diskussion würde nichts bringen.

Mein Handy hatte er aber nur auf lautlos geschalten und ich sah, wie das Display immer wieder aufleuchtete. Markus nahm das Handy, drehte es schlichtweg um, warf mir noch einen ermahnenden Blick zu und machte weiter.

Trotz der Schmerzen verging der Vormittag, zumindest der restliche Vormittag, ziemlich schnell und ohne Zwischenfälle. Um kurz nach 12 Uhr stand Markus auf und sagte:

„Mittagessen. Komm!“

„Danke, aber ich habe mir etwas mitgenommen.“, meine Antwort fiel geschäftsmäßig aus.

„Das war keine Frage, komm!“, Markus Stimme wurde lauter und es schwang eine Warnung mit.

„Wieso muss ich Mittagessen gehen?“ Ich bemühte mich freundlich zu bleiben.

„Damit ich dich im Blick habe“, seine Antwort war zumindest ehrlich.

Seufzend stand ich auf und befand gegenüber von meinem wahnsinnigen Vorgesetzen. Sein Blick schweifte an mir herab und blieb auf meinen Schuhen hängen. Ich hatte immer noch meine flachen Schuhe von heute morgen an. Bei dem ganzen Theater hatte ich vergessen sie umzuziehen. Mit einem fragenden Blick starrte Markus mich an. Ich versuchte mich zu erklären.

„Ich wollte nicht mit dem Auto herfahren, weil ich es nicht mag in der Stadt zu fahren und zu Fuß dauert es nur 15 Minuten. Meine Füße sind es nicht gewohnt, ganzen Tag in hohen Schuhen herum zu laufen, deshalb habe ich mir für den Weg flache Schuhe angezogen und die hohen in meine Tasche geworfen. Nur bei der Aufregung von heute, habe ich vergessen sie umzuziehen.“

„Dann mach es jetzt“, er klang wirklich angepisst.

„Aber wir laufen bestimmt wieder weit, warum kann ich nicht die flachen anbehalten und nachher die hohen anziehen?“, ich sollte nicht mit ihm diskutieren, aber ich will nicht in hohen Schuhen durch halb Wien laufen.

Markus ignorierte mich, ging zur Tür, öffnete diese und wartete dort. In diesem Moment erschien Dominik in der Tür.

„Bereit?“, er war wieder der freundlichste Mensch, so wie gestern beim Mittagessen.

Markus antwortete immer noch ärgerlich: „Sie muss sich nur mehr die richtigen Schuhe anziehen.“

Dominiks Blick fiel auf mich, dann auf meine Schuhe, dann auf mein Gesicht, dann auf den Plastiksessel, dann nochmal auf mich und schließlich zu Markus.

„Die Jogginghose?“, er fragte leicht amüsiert.

Markus seufzte: „Gestern dürfte nicht viel bewirkt haben, so viel, wie sie heute mit mir diskutiert.“ Sein Blick fiel auf mich und auf meine immer noch flachen Schuhe.

Ich gab mich geschlagen und zog mir die 10 Zentimeter Schuhe an.

„Stopp“, sagte Dominik, „so können wir nicht mit ihr raus.

Was war jetzt schon wieder das Problem? Dominik hielt mir sein Handy mit der Innenkamera vors Gesicht. Mein Mascara war in meinem kompletten Gesicht. Ich sah aus wie ein Pandabär.

Markus griff ein:

„Ich hätte sie noch ins Badezimmer geschickt.“

Mit einem Nicken deutete mir Dominik, dass ich ins Bad gehen sollte. Ich folgte wortlos seinem stummen Befehl und lief als Panda durchs Büro. Keiner meiner Kollegen würdigte mich eines Blickes, obwohl die Hälfte der Schreibtische sowieso leer war. Mittagspause eben.

Die Mittagspause selbst verlief so wie die gestrige. Freundliche, fast freundschaftliche Gespräche. Markus war wie ausgewechselt und gut drauf. Eigentlich sollte mein Kopf rauschen durch das ganze Durcheinander, aber ich fühlte mich bei den beiden wirklich wohl.

Zurück im Büro gab mir Markus mein Handy wieder.

„Du hast noch fünf Minuten. Jetzt kannst du antworten. Danach liegt es wieder hier.“

Ich nahm mir mein Handy und las die letzten paar Nachrichten von meinen Mädels.

Sarah: Es ist Dienstag. Normale Menschen arbeiten morgen.

Ella: Du beaufsichtigst kleine Kinder. Das ist keine Arbeit.

Miranda: Keinen Bock.

Sarah: Stell du dich in den Kindergarten und dann sprechen wir weiter…

Ella: Ava, was ist mit dir? Oder hast du schon ein Date mit deinem Kollegen?

Miranda: Wenn du eins hast, er soll einen Freund mitnehmen…

Sarah: Beine zusammen lassen, Mädchen!!

Ava: Ich bleib zu Hause. Bin müde.

Ella: Jetzt seid ihr alle alt!

Miranda: Erwachsen, du meintest erwachsen.

Ich legte das Handy wieder zurück und ging an meine Arbeit. Mein Hintern erinnerte mich beim Hinsetzen an meine Vergehen. Markus grinste nur, als er das sah und nahm sich mein Handy.

„Was machst du da?“, fragte ich ihn nervös.

„Dein Handy kontrollieren.“

„Geht´s eigentlich noch?“, entfuhr es mir.

Er hob eine Augenbraue und es folgte ein ermahnender Blick.

„Entschuldigung“, sagte ich kleinlaut und erhielt ein bestätigendes Nicken.

Er scrollte durch irgendetwas. Las er meine Nachrichten?

„Erzähl mir was über deine Freundinnen“, forderte er mich auf.

Ich begann zu erzählen: „Sarah kenne ich am längsten. Wir waren schon gemeinsam im Kindergarten. Ella und Miranda sind in Wien dazu gestoßen. Sarah ist Kindergärtnerin, Ella studiert noch und Miranda ist Sekretärin.“

„Wie sind sie so?“

„Sarah und ich sind eher ruhiger und direkt. Miranda liebt da Singleleben und Ella ist immer überdreht.“

Markus lehnte sich nickend in seinem Sessel zurück.

„Du stehst also auf blond, Kleines?“

„Warum immer Kleines?“ Ich ging nicht auf seine Frage ein. Da konnte nichts Gutes dabei raus kommen.

„Du bist klein“, er grinste.

„Durch deine Zwangsbeglückung mit den Schuhen um zehn Zentimeter größer“, jetzt grinste ich auch.

„An die Arbeit, Kleines!“, er lächelte immer noch.

„Jawohl, Chef“, antwortete ich pflichtbewusst.

„Dein Handy liegt in Zukunft immer auf meinem Schreibtisch.“ Er fragte nicht, es war eine Feststellung.

Gedankenlos verdrehte ich die Augen, stoppte aber in der halben Bewegung und blickte ängstlich zu Markus. Sein Blick war wieder versteinert und von der Lockerheit gerade eben keine Spur mehr. Seine Augen verengten sich. Nickend widmete er sich wieder seinem Bildschirm. Wie schafft dieser Mann es nur mit einem Blick mir so eine Angst einzujagen? Bevor ich in dieser Irrenanstalt war, hatte ich mir von niemanden etwas gefallen lassen. Jetzt bin ich den zweiten Tag hier und ein Blick reicht, damit ich zögere.

Der Nachmittag verlief genauso ereignislos wie der Vormittag. Kurz vor 17 Uhr packte ich meine Sachen. Musste ich wirklich Fragen, ob ich gehen darf? Außerdem wollte ich heute noch ins Fitnessstudio. Als ich aufstand fragte ich:

„Kann ich jetzt ins Fitnessstudio gehen?“ Das war zumindest nicht ganz so demütigend.

Markus drehte sich mit seinem Sessel in meine Richtung und schüttelte ärgerlich den Kopf.

„Du weißt, wie du Fragen sollst.“

Zögerlich seufzte ich. Diskussionen bringen nichts bei ihm.

„Darf ich nach Hause gehen?“, es war so demütigend.

Wie gestern stand er auf, drückte mich an seine Brust und einen Kuss in meine Haare.

„Bis morgen, Kleines.“

Markus öffnete die Tür.

Mitten in der Nacht läutete mein Handy sturm. Nachricht um Nachricht traf ein. Ich sah auf die Uhr. 05:02. Es war nicht mitten in der Nacht, in einer Stunde würde mein Wecker klingeln, aber mir kam es zumindest so vor. Ella bombardierte uns mit Nachrichten.

Ella: Oh Gott, ihr glaubt nicht was passiert ist.

Ella: Morgen Abend, Pizzaabend bei mir.

Ella: Also heute Abend.

Ella: Ihr werdet es nicht glauben.

Ella: Er war so verdammt heiß!!

Ella: Er war der Beste, den ich jemals hatte!!

Es hörte sich so an, als hätte sie heute Nacht Sex gehabt. Ich antwortete nicht und versuchte noch ein bisschen zu schlafen. Um 6 Uhr klingelte mein Wecker und ich fühlt mich, als wäre es erneut mitten in der Nacht. Auf geht’s in einen neuen grauenvollen Arbeitstag. High Heels nicht vergessen.

Im Büro legte mich mein Handy auf Markus Schreibtisch und wechselte die Schuhe. Er war heute noch nicht im Büro, aber ich dachte mir nichts dabei. Als er um 08:00 Uhr immer noch nicht da war, begann ich mich zu wundern. Erstens darüber, dass er nicht da war, zweitens über das, was ich jetzt machte. Eigentlich sollte ich froh sein, dass ich meine Ruhe hatte. Ich ging zur Tür und versuchte sie zu öffnen. Erstaunlicherweise gelang es. Ganz sicher war ich mir nicht, aber die große schwarze Tür sah aus wie das Tor zur Hölle im Sozialraum. Dahinter musste wohl Dominiks Büro liegen. Gerade als ich nach der Klinke greifen wollte, hörte ich hinter mir jemanden.

„Ich würde es nicht tun.“

Verwirrt drehte ich mich um und suchte nach dem Sprecher, aber niemand sah von seinem Computer auf und offenbarte sich. Was soll das?

Anklopfen könnte nicht schaden, dachte ich mir und setzt es gleich in die Tat um.

Von drinnen hörte man ein „herein“. Also ging ich hinein und wieder einmal fragte ich mich, warum ich?

Warum ich?

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