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Kapitel XIII

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Irgendwo hörte ich ein Piepen, aber weit entfernt. Träume ich? Mühsam öffnete ich meine Augen und bereute es im selben Moment wieder. Es war viel zu hell. Mein Kopf tat weh und mir war schwindlig. Und warum zum Teufel hörte ich die Kaffeemaschine aus der Küche? Ich rappelte mich auf und tapste, so wie ich war, langsam in die Küche. Schlagartig war ich wach.

Markus stand im Anzug in meiner Küche mit einem Kaffee in der Hand und starrte mich amüsiert an. Jetzt wusste ich wieder was gestern Abend passiert war. Am liebsten würde ich im Boden versinken. Erst jetzt sah ich an mir hinunter. Verdammt, ich war immer noch halb nackt. Ohne ein Wort zu sagen, zischte ich zurück ins Schlafzimmer und hörte Markus hinter mir nur lachen. Ich zog mich an und machte mich fertig. Heute war ein bisschen mehr Make-Up notwendig als gewöhnlich. Zurück in der Küche drückte mir Markus kommentarlos ebenfalls einen Kaffee in der Hand. War er ganze Nacht hier gewesen? Wie war ich ins Bett gekommen? Warum sah er so verdammt gut aus, obwohl er wahrscheinlich auch nicht länger geschlafen hat als ich? Markus durchbrach das Schweigen:

„Guten Morgen, Kleines. Gut geschlafen?“, er grinste immer noch. So lustig fand ich es nicht.

„Ja, ja, lach du nur. Mein Kopf explodiert demnächst“, ich war schlecht drauf und das ließ ich ihn auch spüren.

Augenblicklich änderte sich sein Gesichtsausdruck, seine Haltung und die ganze Atmosphäre im Raum. Ohne ein einziges Wort schaffte er es, dass ich mich fürchtete. Bevor ich wieder eine Moralpredigt bekam, übernahm ich das Wort:

„Tut mir leid, ich wollte nicht zickig sein. Ich bin nur gerade mit der Situation überfordert.“

„Besser“, Markus nickte langsam, „du warst betrunken, ich habe dich nach Hause gebracht, wollte dich bestrafen, du wurdest emotional und bist an meiner Brust eingeschlafen. Ich habe dich ins Bett gelegt und selbst auf der Couch geschlafen, weil ich sicher gehen wollte, dass du heute pünktlich in der Arbeit bist. Sonst noch Fragen?“

Nicht nur ich war emotional geworden, er genauso. Wo war diese Seite von ihm geblieben?

„Nein, keine Fragen“, gab ich resigniert zu.

Markus sprach weiter:

„Wir werden jetzt in die Agentur fahren und deine Strafe von gestern nachholen.“

Geschockt fixierte ich sein Gesicht. Das kann nicht sein Ernst sein. Er hat mich gestern schon bestraft.

„Warum nochmal?“, fragte ich entrüstet.

„Weil ich es gestern nicht beendet habe. Wir werden das genauso, wie es gestern war, im Sozialraum fortsetzen. Vergiss den Kochlöffel nicht.“

Ich wurde sofort laut, bettelte aber schon fast:

„Nicht der Kochlöffel. Der bleibt hier. Nimm irgendetwas anderes, aber der Löffel bleibt.“

Die Verzweiflung in meiner Stimme war unüberhörbar. Falls in seiner Brust irgendwo ein Herz vergraben war, dann musste es spätestens jetzt etwas spüren.

„Warum ist er dir so wichtig?“, fragte Markus besorgt.

„Ich will nicht darüber reden.“

Die Besorgnis wich aus Markus Blick und die Strenge kam zurück.

„Wenn du mir keinen Grund nennst, dann kommt der Löffel mit.“

Ich schloss die Augen und wäre jetzt am liebsten woanders. Er würde mich nicht davon kommen lassen, wenn ich ihm nicht die Wahrheit sagte. Ich kann es ja umschreiben.

„Er ist ein kleines Stück Heimat für mich“, sagte ich leise und schaute zu Boden.

Markus trat auf mich zu, griff zu meinem Kinn und zwang mich ihn anzusehen. Sein Blick war intensiv, mit einem Hauch von Mitleid. Seine Augen wurden weicher.

„Ich weiß nicht was dir passiert ist, aber es tut mir wirklich leid. Von mir aus bleibt der Kochlöffel hier, aber das bedeutet nicht, dass du verschont bleibst. Dein Verhalten gestern war absolut inakzeptabel. Hol dir deine Sachen, wir müssen zur Arbeit.“

In Stille packte ich meine Sachen und folgte Markus zu seinem Auto. Sollte ich es wagen?

„Markus, fragte ich vorsichtig, „darf ich vielleicht damit fahren?“

Belustigt schaute er mich an und sagte:

„Hättest du gestern nichts getrunken, ja. Aber nachdem ich mir nicht sicher bin, ob du schon nüchtern bist, greifst du mein Auto sicher nicht an. Selbst schuld Kleines.“

Schmollend stieg ich auf der Beifahrerseite ein und wartete auf Markus. Wenige Augenblicke später fuhren wir los. In der Firma angekommen, wollte ich ins Büro gehen. Doch Markus hielt mich auf und steuerte auf die Tore zur Hölle zu. Was sollen wir in Dominiks Büro?

Markus ging ohne anzuklopfen hinein und sah etwas überrascht aus als das Büro leer war. Ich nutzte die Chance und fragte Markus etwas, dass mich seit gestern beschäftigt:

„Als ich dich gestern suchen gegangen bin und in Dominiks Büro betreten wollte, hat jemand hinter mir gesagt, dass ich es nicht tun sollte und als ich zurück in unser Büro ging, sahen mich alle an, als wäre ich der erste Mensch. Was war da los?“

Markus sah mich kurz an und es wirkte, als müsse er überlegen, was er jetzt sagen soll. Nach ein paar Sekunden sprach er:

„Niemand betritt normalerweise unaufgefordert und freiwillig Dominiks Büro. Man wird nur hierher bestellt, wenn man große Probleme hat. Als du wieder hinaus gegangen bist, waren sie wahrscheinlich überrascht, dass du heil davongekommen bist. Wer hat gesagt, du sollst nicht hineingehen?“

„Ich weiß es nicht. Als ich mich umgedreht hatte, hat sich niemand zu erkennen gegeben“, gab ich zu.

Markus fragte weiter:

„War es eine Frau oder ein Mann?“

Ich zögerte mit der Antwort. Es war eine Frau, aber wenn ich das verriet, dann fand er sicher einen Weg sie zu identifizieren. Ich schwieg, was Markus gar nicht passte. Seine Augen wurden wieder dunkler und verengten sich. Bevor er etwas sagen konnte, sahen wir, dass sich der Lift in Bewegung setzt und herauffuhr. Dominik musste auf den Weg hierher sein. Das machte es nicht unbedingt besser für mich. Wahrscheinlich war Dominik noch erpichter darauf, diese Person zu finden. Als die Lifttüren aufgingen, wusste ich, dass das Leben irgendetwas gegen mich hatte. Ich wusste nicht, was ich verbrochen hatte, warum ich immer Pech hatte, aber jetzt war es wieder mal so weit.

Nicht nur Dominik stieg aus dem Lift aus, sondern auch Daniel. Beide waren komplett schwarz angezogen und sahen aus wie ein Todeskommando. Dominik ging mit breiter Brust voraus und machte mir Angst, ohne dass ich wusste warum. Seine Macht war fast greifbar im Raum. Genauso angsteinflößend, aber weit weniger berechenbar folgte Daniel.

„Seit wann haben wir ein Begrüßungskomitee im Büro?“, Daniel grinste.

„Was hat sie schon wieder gemacht?“, fragte Dominik verärgert und verdrehte die Augen.

Markus entgegnete ihnen: „Ich bin grundsätzlich nicht wegen ihr hier. Aber wir brauchen ein neues Instrument.“

„Ich höre“, Daniel wartete, offensichtlich wirklich gespannt.

Markus erklärte ihnen: „Es gibt Kochlöffel, die in der Mitte verschiedenen Dinge ausgeschnitten haben, zum Beispiel Herzen oder so. Damit erhält man sicher ein hübsches Muster.“

Ich wusste gar nicht, dass Markus so diabolisch sein konnte. Die drei Verrückten waren in ihrem Element und ich stand daneben und hoffte ihre Aufmerksamkeit nicht auf mich zu ziehen.

Dominik schien ebenfalls begeistert: „Ich werde gleich jemanden schicken.“ Danach fixierte er mich mit seinem Blick und sagte: „So wie ich dich kenne, bist du die erste bei der wir es ausprobieren können.“ Das Gold in seinen Augen funkelte. Ihm machte das deutlich Spaß. Perverser Sadist.

„Aber wir haben noch ein anderes Problem“, zog Markus die Aufmerksamkeit auf sich und sprach weiter:

„Als sie gestern in dein Büro gehen wollte, hat sie irgendjemand gewarnt, es nicht zu tun…“ Markus wollte noch weiterreden, doch Daniel unterbrach ihn, indem er auf mich zu stürmte, mich bei den Schultern packte und gegen die Wand drückte. Völlig perplex reagierte ich nur, anstatt mich zu wehren. Ich stolperte zurück, bis die Wand mich stützte. Gegen die Wand gedrückt war Daniel nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Er fixierte mich mit seinen schwarzen, gefühllosen Augen und ich hatte das Gefühl Zentimeter für Zentimeter zu schrumpfen. Er drehte langsam den Kopf seitlich und kam mir noch näher. Dann sprach er, langsam und ruhig:

„Sag mir, Mäuschen, wer wollte dich da warnen?“

Daniel war eindeutig der größte Psychopath von den dreien und das ist wirklich eine Leistung.

Stotternd antwortete ich:

„Ich, ich, w… weiß es nicht.“

„Was heißt da, du weißt es nicht?“, er schrie mich an. Im selben Moment drehte er sich weg von mir und tigerte im Büro auf und ab. Völlig verängstigt blieb ich an Ort und Stelle stehen und wartete darauf, dass Markus oder Dominik die Situation übernahmen. Die beiden wirkten aber nicht sonderlich überrascht. Vielleicht hatte Daniel öfters solche Ausbrüche. Unsicher suchte ich Markus Blick. Er kam sofort zu mir und nahm mich in den Arm. Dabei flüsterte er mir zu, dass ich jetzt einfach still sein sollte. Dieser Bitte kam ich gerne nach.

Dominik versuchte Daniel zu beruhigen:

„Reiß dich zusammen und mach sie nicht grundlos fertig. Das ganze Büro ist videoüberwacht. Wir werden gleich herausfinden, wer es war. Außerdem hat sie ja noch nicht mal gesagt, ob es ein Mann oder eine Frau war und schon gar nicht ob es eine von deinen war. Also komm runter. In meinem Büro behandelst du sie nicht so.“

Wow, Dominik war menschlicher als ich erwartet hatte. Er verteidigte mich sogar. Vielleicht war er doch kein Unmensch. Daniel blieb stehen und fixierte mich wieder:

„War es ein Mann oder eine Frau?“, wollte er sofort wissen.

Unsicher was ich machen sollte, blickte ich zu Markus. Aber seine Augen waren wieder dunkel. Er wollte es genauso wissen wie Daniel und würde mir jetzt nicht helfen. Mein nächster Blick ging zu Dominik. Ebenfalls Fehlanzeige. Alle drei wollten wissen, wer es war. Dominik übernahm wieder:

„Entweder du sagst es uns jetzt oder ich lasse Daniel auf dich los. Deine Entscheidung.“

So viel zum Thema Unmensch. Daniel grinste diabolisch. Er hätte viel Spaß daran mir seine Regeln beizubringen. Also musste ich mir der Sprache rausrücken.

„Es war eine Frau.“

Daniel fuhr sich durch die Haare und tigerte wieder auf und ab. Dominik ging zu seinem Computer und sagte zu Markus: „Bring sie in dein Büro, gib ihr etwas zu tun und sperr sie ein. Ich brauche dich dann hier.“

Markus nickte nur und führte mich aus dem Büro. Draußen erhielten wir neugierige Blicke. Allerdings sahen alle sofort wieder auf ihren Bildschirm, als Markus sich räusperte. In unserem Büro setzte ich mich auf meinen Plastiksessel und sah Markus schmollend an. Er sagte nur:

„Du hast ihn dir jetzt noch nicht verdient. Versuch es, ihn dir zu nehmen und du wirst sehen was passiert.“

Ich akzeptierte seine Antwort, fragte ihn aber, was da drüben jetzt los sei. Er kramte irgendetwas bei seinem Schreibtisch herum und antwortete dann:

„Erklär ich dir nachher. Wir haben jetzt andere Probleme. Benimm dich, während ich weg bin.“

Schon war er durch die Tür verschwunden. Nachdem ich eingesperrt war, blieb mir eh nichts anderes übrig als an die Arbeit zu gehen. Dennoch wird die Frau, die mich gewarnt hat, wahrscheinlich großen Ärger bekommen. Auch wenn ich nicht verstand, was da das riesen Problem war und warum Daniel gar so durchdrehte. Aber Antworten würde ich, wie es aussah, erst später bekommen.

Warum ich?

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