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Reformansätze in der Reichskirche

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Anton Schindling betont, dass die Reichskirche in den Hochstiften über genügend „theologische, geistliche und moralische Reserven“ verfügte, um den Herausforderungen der Reformation begegnen zu können. Eine scholastisch geprägte Theologie, spätmittelalterliche Frömmigkeitsbewegungen, eine erneuerte Spiritualität und christlicher Humanismus konnten sich zur Resistenz gegen die Reformation zusammenschließen. Die Fürstbischöfe und Domkapitel der Reichskirche brachten freilich den Forderungen Luthers wie den Erfordernissen einer innerkirchlichen Reform nur geringes Verständnis entgegen. Ihr Verharren bei formaler Altkirchlichkeit bedeutete allerdings kein Engagement für die katholische Reform. Vielmehr konzentrierten sich die meist kanonistisch gebildeten Bischöfe auf die Wahrung ihrer Rechtspositionen.

Wenn man die Lage der Kirche in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts untersucht, muss aber auch der Teil des Klerus in den Blick genommen werden, der die eigentlich geistlichen Leitungsaufgaben wahrnahm. Diese „sekundären Führungsgruppen“ waren Weihbischöfe, bürgerliche Stiftsherren in der Diözesanverwaltung und Prediger. Der zeitweilige Mainzer Weihbischof Michael Helding und der Bischof von Chiemsee (1508 –1526) Berthold Pürstinger sind mit ihren Reformforderungen hier zu nennen. In der Flugschrift Onus ecclesie (Landshut 1524) geißelte der anonyme Verfasser, als der Pürstinger vermutet wird, bestehende Missstände und forderte die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern.

Zentren des altkirchlichen Behauptungswillens existierten in Köln, Trier, Mainz, Würzburg und Augsburg. Von hier aus liefen Einflüsse zur Festigung des Katholizismus auch in die benachbarten Hochstifte. Während der Kölner Kurfürst Hermann von Wied zur Reformation neigte, erfolgte in der Stadt Köln eine erste Welle altgläubiger Reformen. Der aus dem Patriziat stammende Johannes Gropper spielte bei der Absetzung dieses Erzbischofs eine Schlüsselrolle. Er legte dem Domkapitel den Entwurf für die am 24. Januar 1547 beschworene Wahlkapitulation vor, welche die Forderung nach fristgerechter Priester- und Bischofsweihe wie die Konfessionalitäts-Klausel für den Elekten enthielt. Auch die entscheidenden Reforminstrumente – Visitationen, Bistums- und Provinzialsynoden – finden sich in diesem Dokument. Der Nachfolger, Kurfürst Adolf von Schaumburg (1547–1556), beschwor seinen orthodoxen katholischen Glauben in Gehorsam zum Heiligen Stuhl. Er bemühte sich um die Umsetzung der Formula reformationis in Köln und den westfälischen Suffraganbistümern. Die Provinzialsynode von 1549 und das Visitationsformular von 1550 kamen unter dem Einfluss Groppers zustande.

Von der Kartause und dem Karmelitenkloster in Köln gingen durch die Verbreitung von Schriften, Predigt und Seelsorge Reformanstöße aus. So setzte sich der niederdeutsche Karmelitenprovinzial Eberhard Billick (1499–1557) für Verbesserungen bei der theologischen Ausbildung wie bei der Seelsorge ein. Die Kölner Kartäuser wirkten durch die Publikation aszetischer und mystischer Werke. Mit der Edition ungedruckter spätmittelalterlicher Traktate sorgten sie für die Verbreitung nicht-reformatorischer Theologie. Zu einem förmlichen „Bestseller“ (Gérald Chaix) für das katholische Publikum wurde das Werk Commentarius (1566), in dem Laurentius Surius (1523 –1578) in anschaulicher Form Ereignisse der Zeitgeschichte kommentierte. Als Krönung des wissenschaftlichen Œuvres dieses Kartäusers gilt eine sechsbändige Ausgabe von Heiligenviten (1570/75).

1549 fand in Mainz ein Provinzialkonzil statt, bei dem aber nur der Eichstätter Bischof Moritz von Hutten (1540 –1552) persönlich erschien. Weihbischof Helding leitete die Reformkommission, in der das wohl von ihm entworfene Programm beraten wurde. Die Übernahme der kaiserlichen Reformationsformel und der dogmatischen Artikel wurden beschlossen, ein Katechismus aus der Feder Heldings beigegeben. 1550 wurden die Mainzer Beschlüsse in Paris nachgedruckt.

Katholische Reform und Gegenreformation

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