Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 19
Gut gedengelt und gesenst
ОглавлениеIm Hochsommer ganz früh am Morgen war mein Großvater schon am Sensendengeln. Sein Dengelplatz war unter dem großen Walnussbaum. Beim Schlagen der Sensenblätter – fast im Takt – wurden wir Kinder aus dem Schlag geweckt. Zuerst prüfte Großvater, ob das Sensenblatt noch scharf genug war. „Die Klinge muss so flach wie eine Rasierklinge sein“, sagte mein Großvater. Zuerst drehte er das Sensenblatt mit dem passenden Inbusschlüssel herunter und begann mit dem ersten Arbeitsschritt, dem Vordengeln. Er legte das Sensenblatt mit der Wölbung nach oben auf die Ambossauflage und begann am breiten Ende des Sensenblattes. Zum Dengeln nahm er einen schweren Schlosserhammer, der am stumpfen Ende leicht gewölbt war. Er hielt das Blatt immer gut fest. Beim Vordengeln ragte das Blatt etwa einen Millimeter über die Auflage des Ambosses hinaus. Großvater platzierte einen Schlag dicht neben dem anderen, bis er fast an der Spitze angelangt war. Seine Hammerschläge kamen nur aus dem Handgelenk heraus. Sie schallten weithin ins Dorf hinein.
Dann wurde der zweite und dritte Arbeitsgang mit jeweils leicht verschobenem Sensenblatt durchgeführt und die drei Gänge wiederholt. Mit dem Inbusschlüssel schraubte er das scharfe Blatt wieder fest. Wichtig beim Dengeln war das Wetzen zwischendurch. Dabei fuhr er von beiden Seiten mit der schmalen Seite des nassen Wetzsteins an der Klinge entlang. Nach getaner Arbeit brachte meine Großmutter eine „Butterschmeer“ und schwarzen Zichoriekaffee heraus.