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Vorspann: Die Entrümpelung des Speichers in der alten Schule in Hoof
ОглавлениеDer „Herrgott“ in Leitersweiler war ein gebürtiger „Heemer“
Meine erste Stelle als Junglehrer trat ich am 15. April 1958 in der Evang. Volksschule in Brebach-Fechingen an, wo ich im ersten Jahr eine 8. Klasse mit „sage und schreibe“ 82 Schüler unterrichtete: für die heutige Zeit unvorstellbar. Schon in jener Zeit fuhren wir von meinem Geburtsort Steinbach aus an Samstagabenden und an Sonntagen mit dem Ostertal-Zug, dem „Ostertaler Lottchen“, bis nach Niederkirchen, Hoof und Osterbrücken. Nach Fürth, Dörrenbach und Werschweiler liefen wir zu Fuß.
Nach Ablegung meiner 2. Lehrerprüfung in Brebach am 24. Juni 1960 wurde ich an die Evang. Volksschule in Hoof versetzt, wo ich am 28. August 1960 meinen Dienst antrat. Damals bestand ja für die Lehrer eine Dienstpflicht, sie mussten in dem Ort wohnen, wo sie unterrichteten. So wohnte ich vorher auch 2 ½ Jahre in Brebach-Fechingen, wo ich u. a. auch im Haus von Herbert Binkert wohnte, der ja in den 50er Jahren Fußballspieler beim 1. FC Saarbrücken war, ein legendärer saarländischer Fußballnationalspieler.
Es war ein unendlicher Zufall, wie ich als gebürtiger Steinbacher letztendlich als junger Lehrer nach Hoof kam. Auf der Steinbacher „Quetschekerb“ (Septemberkirmes) lernte ich im September 1959 meine spätere Ehefrau Waltrud kennen. Sie war dort mit ihrer Schwester Marga zusammen auf der Kirmes. Ihre Cousine Irmtrud aus dem benachbarten Dörrenbach war nach Steinbach verheiratet. Irmtrud hatte Waltrud und Marga zur Kirmes eingeladen, wie das früher unter Verwandten so war. Beim Kirmestanz im Zelt lernten wir uns kennen. Es war meine erste Liebe. Von da ab fuhr ich fast jeden Samstagabend, wenn ich von Brebach nach Steinbach zurückkam, mit dem Ostertaler „Lottchen“ nach Hoof. Es war eine wunderschöne Zeit. Und die Hoofer Aprilkirmes, das erste Kirchweihfest im Jahr, zog hunderte von jungen Besuchern magisch an.
Doch drehe ich diese Zeit einige Jahre zurück, denn die ersten Erlebnisse in Hoof hatte ich schon Anfang und Mitte der 50er Jahre. Ich spielte in der Steinbacher Jugendmannschaft Fußball und da bekam ich die ersten Kontakte mit den Jugendfußballspielern in Hoof. Ich erinnere mich ganz besonders an zwei Jugendfußballspiele in Hoof und in Steinbach, das muss wohl 1952 und 1953 gewesen sein. Wir spielten im Hoofer „Gerberstall“, wo damals der erste Hoofer Sportplatz war. Es war ein recht kleines Spielfeld. Ich machte einen Abschlag von der Strafraumgrenze unseres Tores und der Ball flog ins Hoofer Tor. Ein anderes Jugendspiel in jener Zeit auf dem Sportplatz in Steinbach gegen Hoof ist in die Geschichte eingegangen, und noch heute erinnern sich die Hoofer an dieses legendäre Fußballspiel. Das Spiel in Steinbach stand unentschieden 1:1. Unsere Steinbacher Mannschaft brauchte aber einen Sieg, um Meister zu werden; auch Hoof brauchte zur Meisterschaft einen Sieg. Nun war aber aus unerklärlichen Gründen der Schiedsrichter ausgeblieben. Ein Einheimischer pfiff das entscheidende Spiel. Es war Erich Spettmann, kein gebürtiger Steinbacher, sondern ein im Krieg Vertriebener aus Ostpreußen. Das Spiel stand immer noch 1:1, doch Spettmann ließ weiterspielen, immer wieder, immer wieder. Er überzog die normale Spielzeit um wohl eine halbe Stunde, bis das Steinbacher Siegestor fiel. Das wäre für uns Steinbacher die Meisterschaft gewesen. Die Hoofer Jugendspieler ärgerten sich außerordentlich, wurden sie doch regelrecht beschissen. Auf Beschwerde des SV Hoof wurde dann das Spiel in St. Wendel wiederholt, wo Hoof dann verdient gewann und Meister wurde.
Ich erinnere mich auch, dass wir in dieser Zeit nach dem Fußballspiel im Gerberstall immer in „Alt-Kleeje – Wirtschaft“ in einer „Bütt“ (Wanne) im Flur uns waschen konnten. Duschgelegenheiten gab es noch nicht.
Und wie war es nun, als ich durch Zufall an die evang. Volksschule nach Hoof kam? Als ich dann 1959 meine spätere Ehefrau Waltrud kennenlernte, war ja ihre Mutter schon gestorben. Sie starb kurz nach ihrem 40. Geburtstag und hinterließ sechs Kinder. Von ihnen starb ihr jüngster Bruder Günter im Alter von 21 Jahren bei einem Autounfall auf der Straße zwischen Ruthweiler und Thalichtenberg. Es war schon ein Drama, wie Waltruds Mutter Hedwig starb. Sie war im 8. Monat schwanger und erwartete ihr 7. Kind. Sie hatte vorgezogene Wehen. Der legendäre Arzt Dr. Günther aus Niederkirchen kam und gab ihr eine Spritze. Wenige Minuten später starb sie an Embolie. Hedwig war so alt wie „Schule Friedche“ und Bertha Zimmer. Für die sechs hinterbliebenen Kinder war dann ihre Großmutter Lina, „Awersch Lina“, ihre „Mutter“.
Damals gab es im Dorf noch den „Plumpsklo“ auf dem Hof. Ich erinnere mich auch, wie ich im März 1960 in den Osterferien einen Wagen voll Mist aufladen musste, denn die Familie führte noch als Nebenerwerb eine Landwirtschaft.
Am 2. Juni 1960, kurz nach unserem 23. und 20. Geburtstag heirateten wir und wurden in der evangelischen Kirche in Steinbach getraut. Wie das damals noch vorgeschrieben war, wurde am Bürgermeisteramt in Steinbach das „Aufgebot“ ausgehängt. Als ich einige Tage später das „Aufgebot“ sah, hatte sich ein Steinbacher Schulkamerad einen Scherz erlaubt. „Vogels Fritz“ hatte neben dem Aushängekasten ein kleines Schild angebracht, auf dem stand: „Der Herr Lehrer muss mal!“ Vom 3. Juni 1960 bis zum 15. Juli 1960 wohnten wir beide noch in Brebach, bis ich dort meine 2. Lehrerprüfung ablegte.
In dieser kurzen Zeit geschah ein wahres Wunder. Ich hatte eine Klassenkameradin aus Ottweiler, Brigitte Müller, mit der ich zusammen das evangelische Lehrerseminar in Ottweiler besuchte. Ihre erste Lehrerstelle war in Hoof, die meine in Brebach-Fechingen. Brigitte hatte einen Freund aus Bübingen, der nur zwei Kilometer entfernt von Brebach wohnte. Wir beide mussten heiraten, doch ich wollte als Lehrer nicht in Brebach bleiben und sie nicht in Hoof. Also gingen wir beide gemeinsam zum Kultusministerium in Saarbrücken und stellten den Antrag auf Versetzung. Und so wurde ich mit Wirkung vom 28. August 1960 an die Volksschule in Hoof und Brigitte an die Volksschule in Brebach-Fechingen versetzt. Wir haben also miteinander „getauscht“. Wäre Brigitte Müller nicht Junglehrerin in Hoof gewesen, und ich nicht in Brebach, so wäre ich wohl nicht nach Hoof gekommen. Brigitte heiratete am gleichen Tag wie ich, zog nach Bübingen um, wo sie auch heute noch wohnt.
Waltrud und ich wohnten ab Ende Juli 1960 zuerst in Hoof im Haus von Kurt Stamm rechts unterhalb der alten Schule, später im Haus von Paul Alles direkt gegenüber der Schule. In Hoof kamen unsere beiden Kinder auf die Welt, Sohn Stefan (geb. am 5. 11. 1960) und Tochter Julia (geb. am 15. 7. 1963). Sohn Stefan wurde mit 18 Jahren Bundessieger in Mathematik und vom damaligen Bundespräsidenten Prof. Dr. Carl Carstens in Bonn geehrt. Er studierte Mathematik an der Uni in Saarbrücken und wurde schon mit 22 Jahren der jüngste Doktor im Saarland.
Kurz vor meinem Dienstantritt an der Volksschule Hoof musste ich mich, wie das damals noch vorgeschrieben war, beim Bürgermeister vorstellen. Am 20. August 1960 besuchte ich Arnold Merscher, der damals über die „Freie Liste“ Bürgermeister von Hoof wurde. Schon bei der „Vorstellung“ wurden wir „per Du“. Arnold war einer meiner besten Freunde. Zweimal in der Woche trafen wir uns in seinem Büro: Arnold, Erhard Kraushaar und ich. Das waren immer schöne Stunden. Gute Kontakte bestanden auch zu Alfons Schneider, dem früheren Bürgermeister von Hoof, der mit mir und Albert Gerhardt („Balze Albert“) zusammen am 19. Mai Geburtstag hatte. Gute Freunde von mir waren auch Bernhard Schreiner, Arthur Schneider („de Momber“), Hans Kraushaar, Werner Kratz, Robert Kratz, Erich Schneider, Karl Heinrich und August Koch.
Nur wenige Tage nach meinem Einzug in Hoof war schon Erich Schneider bei mir und engagierte mich für den Obst- und Gartenbauverein Hoof, in dessen Vorstand ich später gewählt wurde. Das gleiche tat Bernhard Schreiner, der damalige Vorsitzende des Sportvereins Hoof. So wurde ich auch bald in den Vorstand des Sportvereins gewählt und übernahm das Amt des Theaterleiters. Damals hatte der Sportverein noch eine aktive Theaterabteilung.
In der Schule gründete ich eine Theatergruppe. Bei einem Theaterspiel mit meiner Schule in der Adventszeit 1962 in „Kleeje Saal“ war das Haus „proppevoll“. Hans Hoffmann spielte die Hauptrolle in dem Theaterstück „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal. Auch der damalige Landtagsabgeordnete Dr. Hans Maurer war unter den Besuchern. Das Theaterstück gefiel ihm so gut, dass mir das Kultusministerium in Saarbrücken einen Leitz- Dia-Projektor für meine Schule schenkte. Ein Dia-Projektor war damals in einer Schule sehr selten.
Jeden Freitagabend auf dem „Tippabend“ in Kleeje-Wirtschaft traf sich dort der Spielausschuss des SV Hoof, um die Mannschaften für die Sonntagsspiele der 1. und 2. Mannschaft aufzustellen. So war das damals noch üblich. Zum Spielausschuss gehörten Bernhard Schreiner, Otto Stuber und ich. Wenn dann Albert Gerhardt („Balze Albert“) und Karl Bayer („de Bayer-Karl“) anwesend waren, gab es auch hin und wieder Streitereien zwischen den beiden. Karl Bayer war der Vater der Wirtin „Kleeje“ Gertrud und stand selbst oft hinter der Theke. Als beide dann alt waren, sagte „Balze Albert“ immer wieder, wenn er einen zu viel getrunken hatte, zum „Bayer Karl“: „Du bischt jo gar kein Heemer. Ich benn de älteste Heemer, nett Du.“ Karl Bayer war ja in Seitzweiler geboren, wohnte dann in Osterbrücken, von wo aus er dann nach Hoof einheiratete.
1962 gründete ich den DRK –Ortsverein Hoof und wurde 2. Vorsitzender.
Die Gemeinderatssitzungen fanden abwechselnd im Gasthaus Holzapfel-Dell („Fischers“), in Schule beim Anni und beim Friedche, Im Gasthaus Gerhardt („Kleeje) und beim Aulenbacher am Hoofer Bahnhof statt. Die Sitzungen waren damals immer gut besucht. Ich erinnere mich an zwei Sitzungen des Gemeinderats beim Aulenbacher und in „Schule“. Im September 1961 fand eine Sitzung beim Aulenbacher statt. Hauptberatungspunkt war das zu erschließende Neubaugebiet am Puhl. Der Wirt Aulenbacher hatte an diesem Tag seinen 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass gab er den damals so beliebten Schnaps „Ratzeputz“ an die Gemeinderatsmitglieder und die Zuhörer aus. Und einige von ihnen tranken wohl zu viel davon. Erst am frühen Sonntagmorgen kamen wir torkelnd nach Hause.
Einmal war eine Gemeinderatssitzung im Nebenzimmer in „Schule-Wirtschaft“. Auch hier stand ein Bericht über das Neubaugebiet auf der Tagesordnung. Ich hatte mich mit meiner Abschlussklasse zur Sitzung angemeldet, wollte ich doch den Jungen und Mädchen einmal zeigen, wie so eine Sitzung ablief. Nach gut einer Stunde mitten in der Beratung war ein Bauer, der Mitglied im Gemeinderat war, eingeschlafen. Die Kinder lachten darüber. Das kam übrigens öfters vor.
Ich war kaum vier Wochen an der Hoofer Schule – es war Mitte/Ende September 1960 – als Folgendes geschah: Ich stieg hinauf auf den alten Schulspeicher und schlug die Hände überm Kopf zusammen. Der ganze Speicher lag voll mit Gerümpel. Darunter waren uralte Schultagebücher, Schulreskripte-Bücher, Hefte und Broschüren von Gemeinderatssitzungen und andere Akten, auch uralten Karten von der Gemarkung Hoof aus den Jahren 1862 und 1880. Doch leider war fast alles, was da auf dem Boden lag, verschimmelt und verstaubt. Ich säuberte z. B. ein altes Protokollbuch der Schule aus dem Jahre 1906. Leider war manche Schrift nicht mehr zu entziffern. Nun wusste ich, dass alles was da oben im Speicher lag, wertvolle heimatkundliche Unterlagen waren, die nicht verloren gehen durften. Doch am anderen Tag geschah was Unglaubliches! Zwei Männer in Schaffanzügen vom Bauhof in Niederkirchen kamen – Hoof gehörte früher ja zur Bürgermeisterei Niederkirchen. Die Männer hatten vom Bürgermeisteramt in Niederkirchen den Auftrag, den Speicher in der alten schule zu entrümpeln und alles zu verbrennen. „Ach, Gott!“ sagte ich, „das darf nicht geschehen!“ Ich sagte ihnen, dass da oben uralte wertvolle Akten lagen, die ich vor dem Verbrennen retten wollte. Ich bat die Arbeiter, einige Tage zu warten. Am anderen Nachmittag machte ich mich selbst ans „Entrümpeln“. Vieles war allerdings nicht mehr brauchbar. Zusammen mit meinem Schüler Hans Kratz, der „Bibliothekar“ an meiner Schule war – damals gab es noch eine Schulbibliothek, die jeden Samstagnachmittag zur Ausleihe von Büchern an die Kinder und ihre Eltern geöffnet war – trugen wir beide die alten Schul- und Gemeindeakten zu mir in meine Mietwohnung, wo sie in meiner „Schatztruhe“ verwahrt wurden. Heute befinden sich diese Unterlagen im Museum im Mia Münster-Haus in der Stadt- und Kreisbibliothek St. Wendel. Aus diesen alten Akten stammt auch eine Vielzahl von Artikeln, die ich im Laufe der Jahre in den Heimatbüchern des Landkreises St. Wendel und in der Saarbrücker Zeitung veröffentlichte, deren freier Mitarbeiter ich über 50 Jahre lang war. Mit die ersten Berichte waren schon Mitte der 60er Jahre: „Das ehemalige Steinkohlebergwerk in Hoof“ und „Die alte Glashütte zu Hoof“.
Beim Durchstöbern der alten Schul- und Gemeindeprotokolle hatte ich aber zunächst ein großes Problem, waren sie doch noch zum allergrößten Teil in altdeutscher Sütterlinschrift aufgezeichnet. (Sütterlinschrift: Nach dem Schulmann Ludwig Sütterlin, 1865 bis 1917, genannte deutsche Normalschrift bis 1945). Diese Schriftform hatte ich ja nicht mehr kennengelernt. Doch meine Mutter half mir da. Sie „übersetzte“ einige Unterlagen und ich schrieb sie auf. Und nach recht kurzer Zeit war ich selbst in der Lage, die alte deutsche Schrift zu entziffern und langsam zu lesen.
Am Kirmesmontag 1961 – das war Ende April – machte ich mit meiner Abschlussklasse eine Bannwanderung hinauf zur „Schermeshöhe“ an die Gemarkungsgrenze des Nachbarortes Haupersweiler. Ein Hoofer Bauer hatte mir erzählt, er habe beim Pflügen dort oben immer wieder Ziegelscherben entdeckt, was sogar heute noch der Fall ist. Wir sammelten einen Korb voll Ziegelscherben, die ich dann eine Woche später mit dem Zug zum Landeskonservatoramt in Saarbrücken brachte. Alfons Kolling, der Landeskonservator aus St. Wendel, war bass erstaunt. Er teilte mir dann später mit, dass es sich um Überreste eines römischen Gutshofes handelte. Damit war endlich bewiesen, was ich ja schon aus den alten gefundenen Akten schon wusste. Die „Schermeshöhe“ (Scherbenhöhe) war eine historische Siedlungsstätte aus keltischer, römischer und fränkischer Zeit. Leider waren für Ausgrabungen kein Geld vorhanden – und das bis heute nicht. Dort befindet sich auch noch ein Brunnen aus römischer Zeit, der im Rahmen der Feierlichkeiten des Hoofer Heimatfestes 1978 von einem in ganz Deutschland bekannten Wünschelrutengänger haargenau ausgependelt wurde.. Es war Wilhelm Mörsdorf, der Vater des ehemaligen saarländischen Umweltministers Stefan Mörsdorf.
Mitte der 1970er Jahre wurden dann auch beim Hausbau auf dem „Quetterling“ und beim Ausbau des Feldweges im oberen „Staffel“ in direkter Nähe des „Reiherswald“ keltische Brandgräber entdeckt. Auch der Name „Klingelwald“ dort zwischen Hoof und der Gemarkung Leitersweiler weist auf Fundstätten aus früherer Zeit zurück. Der Flurname „Klingelwald“ weist auf das Wort „Klinker“ hin, was ursprünglich ein hartgebrannter, „klingender“ Ziegel war. Auf eine frühe Besiedlung hier weisen im Klingelwald auch viele große Bodenflächen von Immergrün hin, die im Wald dort ganze Teppiche bilden. Immergrün wurde im frühen Mittelalter immer in unmittelbarer Nähe von Klöstern und Abteien angepflanzt.
Das wohl schönste und größte Fest in Hoof war das erste Heimatfest 1963, das auf der Wiese am „Bornacker“ in der Hoofer Vorstadt stattfand. Dort war ein großes Festzelt aufgebaut. Es war ein unvergängliches Ereignis in Vorbereitung und Gestaltung ein gemeinschaftliches Fest aller dörflicher Vereine mit Unterstützung der Volksschule Hoof. Schirmherr des Heimatfestes war der damalige Landrat Werner Zeyer. Zum Festausschuss gehörten Dieter Kremp, Bernhard Schreiner und Günther Oswald. Festausschussvorsitzender war Dieter Kremp. Mit ein Höhepunkt des Festes war die Aktion „Luftballon“ der Volksschule, bei dem Hans Jürgen Clohs den ersten Preis errang. Sein Luftballon landete in Lodz in Polen und legte – sage und schreibe – rund 900 Kilometer zurück. In seinem Grußwort sagte Bürgermeister Arnold Merscher: „Wollen Sie bitte das hier erlebte in ihren Herzen aufbewahren und gerne an die beiden Festtage in Hoof zurückdenken.“
Ich erinnere mich noch heute an ein tieftrauriges Ereignis im Frühjahr 1963. Es war ein wunderschöner warmer Frühlingstag, ein Samstag im April. Ich unterrichtete die Abschlussklasse und stellte die Fenster des Klassenzimmers auf, weil es draußen so angenehm warm war. Die Kinder waren gerade dabei, einen Aufsatz zu schreiben. Ich schaute das Fenster hinaus auf die Straße, als Heinz Kraushaar vorbeikam, im Volksmund „de Matz“ genannt. Mit der Motorsäge im Arm ging er hinauf in den „Puhle Wald“, wo gerade mit der Erschließung des Neubaugebietes begonnen wurde. Heinz Kraushaar war von Beruf Forstangestellter und gerade 28 Jahre alt. Er wollte an diesem Samstagmorgen da oben im Wald Bäume fällen. Der Wald musste ja gerodet werden. „De Matz“ war ein guter Freund von mir, ein guter Fußballspieler. Wir schwatzten kurz miteinander. Dann ging Heinz Kraushaar weiter hinauf in den Wald und fing an, Bäume zu fällen. Man hörte laut das Geräusch der Motorsäge. Doch plötzlich verstummte das Motorengeräusch. Das dauerte aber seltsam eine lange Zeit. Einem Anwohner nahe der Schule, Ferdinand Müller, war das auch aufgefallen. Er ging eilends an der Schule vorbei hinauf an den Wald und fand den „Matz“ tot unter einem Baumstamm liegen. Ein Baum hatte ihn beim Fällen erschlagen. Ich war wohl der Letzte, der ihn lebend gesehen hatte. Sein Tod war ganz besonders schlimm, denn seine Frau war schwanger und erwartete ein Kind. Das Mädchen hat also seinen Vater nicht erlebt. Manuela ist heute 54 Jahre alt, so alt wie meine Tochter Julia.
Ich erinnere mich auch an ein ganz anderes Ereignis, das mehr zum Schmunzeln geeignet ist. Im Spätsommer 1961 ging ich hinauf auf die „Fröhn“, um dort Brombeeren zu pflücken. Ich befand mich schon auf der Leitersweiler Gemarkung, als der legendäre, im Dorf eher unbeliebte, Leitersweiler „Feldschitz“ (Feldschütz) Spengler erschien, der im Volksmund den Spitznamen „de Herrgott“ hatte. „De Herrgott“ hatte wirklich zu bestimmen wie der liebe Gott. Spengler war in Hoof geboren und nach Leitersweiler verheiratet. Er kontrollierte jeden Tag die Gemarkung von Leitersweiler, im Frühherbst besonders oft, weil er auch Obstfrevler erwischen wollte. Spengler kam mir auf der Höhe entgegen und verwies mich von der Leitersweiler Gemarkung: „Ein Heemer (Hoofer) darf nicht auf unserer Gemarkung Brombeeren pflücken.“
Und wie kam Lehrer Werner Deller als Schulleiter nach Hoof? Eine Episode spielte sich da im Vorfeld ab – noch heute zum Schmunzeln geeignet. Schulleiter in Hoof war Anfang 1962 noch Lehrer Spengler, der Vater von Dr. Gernot Spengler, der Ende des Schuljahres zur Rektorstelle nach Niederkirchen wechselte. Die Hoofer Schulleiterstelle wurde nun ausgeschrieben und Lehrer Werner Deller erhielt die Rektorstelle. Nun wollte aber Bürgermeister Arnold Merscher unbedingt vorher wissen, wer denn Lehrer Werner Deller sei. Arnold hatte ja als Bürgermeister vorher auch die Unterlagen vom Schulamt in St. Wendel erhalten und fuhr mit mir am 7. Februar 1962 nach Otzenhausen bei Türkismühle, wo Deller angeblich Lehrer an der Volksschule in Otzenhausen sei. In Otzenhausen angekommen, gingen wir auf Spurensuche, doch niemand, den wir nach einem Lehrer Deller auf der Straße fragten, kannte ihn. Er war hier in Otzenhausen unbekannt. So gingen wir ins nächste Gasthaus, doch auch hier kannte keiner den Namen Deller. Seltsam war es im Gasthaus in Otzenhausen! Der Inhaber der Gastwirtschaft war der frühere saarländische Fußballnationalspieler in den 50er Jahren – Theo Puff vom 1. FC Saarbrücken. Als wir im Gasthaus saßen und der Wirt das Radio anmachte, erschien die unfassbare, unendlich traurige Meldung vom schweren Grubenunglück in der saarländischen Grube Luisenthal, wo 299 Bergleute starben. Wir fuhren nun zurück nach Hoof, wo Arnold noch einmal die Unterlagen vom Schulamt durchlas und plötzlich merkte, dass er sich geirrt hatte. Werner Deller war nicht Lehrer in Otzenhausen, sondern in Ottenhausen in der Nähe von Gersheim bei Saarbrücken. Merscher hatte also Otzenhausen und Ottenhausen miteinander verwechselt. Und so trat dann zum Schuljahresbeginn 1962/63 Werner Deller seinen Dienst als Schulleiter an der Volksschule in Hoof an. Ich selbst kam dann ja im Sommer 1964 als Schulleiter an die Volksschule in Leitersweiler.
Ein viel schlimmeres Erlebnis mit dem „Herrgott“ hatte ich im Spätherbst 1964 in Leitersweiler, wo ich im September meine Schulleiterstelle antrat. Ich wohnte in einer Lehrerdienstwohnung im ehemaligen Zollhaus an der Grenze zwischen Preußen und Bayern. Die Leitersweiler Kirche wurde renoviert. Auf Wunsch des Presbyteriums erklärte ich mich gerne bereit, beim Festgottesdienst ein Theaterstück mit meiner Schule aufzuführen. Spengler war der Vorsitzende des Presbyteriums. Die Hauptrolle in dem Theaterstück spielte Karin, ein Mädchen, dessen Familie neben uns im Zollhaus wohnte. Das Mädchen war katholisch, was dem Spengler gar nicht passte. Seine Mutter hatte im Dorf „keinen guten Ruf“, war sie doch geschieden und lebte mit einem jüngeren Partner zusammen. Als „de Herrgott“ hörte, dass Karin im Theaterstück in der Kirche mitspielen sollte, kam er wutentbrannt zu mir in die Schule und sagte: „Karin darf nicht mitspielen; sie ist katholisch und ihre Mutter ist geschieden.“ Und ich erwiderte: „Wenn Karin nicht mitspielen darf, wird meine Schule das Theaterstück nicht aufführen.“ Schließlich durfte Karin doch mitspielen und die Aufführung beim Festgottesdienst in der evangelischen Kirche war ein großer Erfolg.
Etwas anderes, von kirchlicher Seite kommend, ärgerte uns alle in dieser Zeit in Leitersweiler. Den Schulkindern war es von dem legendären, strengen Pfarrer Seynsche verboten, sich an Fastnacht zu verkleiden und in „Paffe Saal“ auf den Kindermaskenball zu gehen. Wenn es die Kinder trotzdem taten, schrie er die Eltern an. Auch mit den Beatles hatte der „altertümliche“ Pfarrer seine Probleme. Im Konfirmandengottesdienst zeigte er mit seinem Finger auf meinen Sohn, der als Konfirmand ganz vorne saß: „So, jetzt kommt der Fratz mit den langen Haaren dran!“ Die Beatles trugen damals lange Haare.
Mein erster Schulpraktikant an der evang. Volksschule in Leitersweiler war 1964 Armin Harth („de Asi“) aus Bubach. Als er sich bei mir vorstellte war ich bass erstaunt. Er hatte sich bei einem Fußballspiel die rechte Hand gebrochen und konnte nicht schreiben. So hielt er zwar den Unterricht in meiner Klasse, doch ich musste für ihn an die Tafel schreiben.
Als ich 1964 als Rektor nach Leitersweiler kam und dort auch wohnte, rissen die engen Verbindungen mit meinen Hoofer Freunden nicht ab. Der Bürgermeister von Leitersweiler war Fritz Bittel, mit dem ich immer die besten Kontakte hatte. Schon im September 1964, kurz nach meinem Dienstantritt an der Leitersweiler Schule, trat ich in den Sportverein ein und wurde alsbald in den Vorstand gewählt, wo ich das Amt des Schriftführers übernahm. Der erste Vorsitzende war Ewald Theiß, ebenso ein guter Freund. In dieser Zeit war ich auch Schriftführer und Organisationsleiter des neu gegründeten Ostertaler Leichtathletik-Vereins. 1967 wurde ich als Biologielehrer ans Gymnasium Wendalinum versetzt, wo ich 18 Jahre lang Biologie unterrichtete. Mitte der 1960er Jahre begann auch meine Laufbahn, meine anderen Hobbys zu pflegen. Ich war 50 Jahre lang im ganzen Saarland und in der benachbarten Pfalz als Referent in Sachen Heilkräuter, Pilzkunde und biologischer Gartenbau tätig. Vorträge und Exkursionen standen das ganze Jahr über auf dem Programm. In der Zeit war ich auch in der saarländischen Lehrerfortbildung erfolgreich tätig.
Ein anderes schreckliches Ereignis, das sich in Leitersweiler zutrug, habe ich bis heute noch nicht vergessen. In meiner Abschlussklasse unterrichtete ich einen 14 Jahre alten Schüler namens Harald Müller. Es war April 1965. Harald und ein Klassenkamerad von ihm waren zusammen auf dem ehemaligen Munitionsdepot der Amerikaner oberhalb der „Schermeshöhe“ auf der Gemarkung Haupersweiler. Sie entrümpelten dort den Boden und nahmen Granaten mit nach Leitersweiler. Im Keller von Harald Müller hantierten sie an der Munition, ohne dass die Eltern dies merkten. Ein Blindgänger explodierte und der Junge wurde tödlich verletzt. Und dies geschah wenige Tage vor seiner Konfirmation. Einige Wochen später wurde das Munitionsdepot endlich entsorgt.
1975 wurde unser Haus in Hoof am Eltzenberg erbaut und im Dezember desselben Jahres zogen wir von Leitersweiler nach Hoof. Sofort übernahm ich im Obst- und Gartenbauverein das Amt des Schriftführers, das ich 35 Jahre lang ausübte. Etwa zur gleichen Zeit wurde ich Vorstandsmitglied im Bund Naturschutz Ostertal, einem der ersten Naturschutzvereine im Saarland. 1976 wurde ich in den Landesvorstand des Verbandes der Obst- und Gartenbauvereine Saarland/Rheinland-Pfalz gewählt, wo ich 25 Jahre lang als Schriftführer aktiv tätig war, ebenso als Mitgestalter der Verbandszeitschrift „Unser Garten“. Auch in den Vorstand des Kreisverbandes St. Wendel der Obst- und Gartenbauvereine trat ich damals ein – und das bis heute.
Ein echter „Heemer“ (Hoofer) bin ich wohl schon und stolz bin ich, ja gleich drei Heimatdörfer in meinem Herzen verankert zu haben: Hoof, Steinbach und Leitersweiler.
(Anmerkung: Sämtliche Schulreskriptenbücher, Schultagebücher und Gemeindeakten von 1860 bis 1945 befinden sich seit 1960 im Stadt Archiv im Dienstgebäude der Stadt St. Wendel, wo ich sie im Spätherbst 1960 abgab. Ich kann aber jederzeit dort, nach Anmeldung, Einsicht in die Akten nehmen, wozu ich eine Lupe brauche. Leider werden die dort verzeichneten Unterlagen nicht ausgeliehen. Man kann aber Schriften kopieren.)