Читать книгу Verschollen in Somalia - Dieter Semma - Страница 8

Оглавление

Erstes Kapitel

1

Ein kalter Wind fegte Staub hochwirbelnd durch die Straßen von Köln. Die tief stehende Märzsonne hatte an diesem Nachmittag nur noch wenig Kraft und warf bereits lange Schatten. Nur ein paar Menschen in wärmender Winterkleidung waren unterwegs. Schnellen Schritts strebten sie ihren Zielen entgegen. Raus aus der Kälte – an einen warmen Ort.

Eine Gruppe von Studenten verließ gerade das Hauptgebäude der Universität. Denn vor ein paar Minuten hatte ein Professor seine Vorlesung ‚lineare Algebra und analytische Geometrie‘ für den heutigen Tag beendet. Schnell raus aus dem Hörsaal, Mütze und Schal angelegt, den Mantel umgehängt und schon ging es bei angeregtem Gespräch nach Hause. Laura Schmitz, eine Studentin für das Lehramt in Naturwissenschaften, war mitten unter ihnen. Sie trug einen langen weinroten Wintermantel mit Fellbesatz und unter der roten Strickmütze schauten zwei lebhafte blaue Augen und lange blonde Haar hervor. Sie rückte den Riemen ihrer Umhängetasche zurecht und spürte, dass sie heute ganz schön schwer auf ihrer Schulter lastete, aber sie klagte nicht, sie hatte es nicht weit. Obendrein quälte sie der Hunger, denn an diesem Tag hatte sie auf ihr Frühstück verzichtet. Deshalb kam ihr der Gedanke, dass sie in den nächsten Coffeeshop auf eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen gehen könnte. Aber nein! Zu teuer und zu fett.

Vielleicht ein andermal. Sie würde sich zu Hause etwas viel Besseres zubereiten. Insbesondere hatte sie Lust auf einen leckeren Tomatensalat mit Ei und Mozzarella. Genau das würde sie sich machen.

Mit einem „Tschüs!“, ihre rechte Hand hin und her schwingend, winkte sie ihren Kommilitonen noch einmal zu. Und danach begab sie sich voller Eile auf den Weg zu ihrer Studentenbude. Es dauerte nicht lange, bis sie zu ihrem Ziel kam; es war eines dieser fünfstöckigen Stadthäuser, die die Bomben des Zweiten Weltkrieges überlebt hatten. Und sie wohnte ganz oben, ein beschwerlicher Weg. Aber dafür hatte sie einen überwältigenden Ausblick, wenn sie an ihrem Fenster stand und die Umgebung betrachtete. Sie trat in das Haus ein, stürmte an der Wand mit den Briefkästen vorbei und erreichte die erste Treppenstufe.

‚Halt! Zurück, es müsste Post gekommen sein‘, dachte sie und kehrte wieder um. Sie öffnete ihren Briefkasten und fand darin eine Zeitung und zwei Briefe. Sie nahm alles an sich und stieg Stufe für Stufe – 85 an der Zahl – hinauf. Schließlich stand sie vor der Tür zu ihrer kleinen Studentenbude.

‚Schon drei Jahre wohne ich hier und immer noch kommen Papa und Mama für die Miete und meinen Lebensunterhalt auf. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar‘, dachte sie. ‚Ich werde mich anstrengen, um möglichst bald mein Studium zu Ende zu bringen. Danach beginnt für mich ein neuer Lebensabschnitt, dann bin ich unabhängig und kann zeigen, zu was ich fähig bin.‘

In ihrer Bude hatte sie es sich individuell und kreativ, aber auch gemütlich eingerichtet: Alles war aufgeräumt und sauber. Sie schaute auf das Foto in einem Bilderrahmen an der Wand, sie selbst mit ihren Eltern und ihrem Bruder Kai. Zufällig erblickte sie im Regal die zwei Pokale, die sie beim jährlichen Wettbewerb im Langstreckenlauf gewonnen hatte. Acht Jahre lang hatte sie dafür eisern trainiert, aber erst mit 21 hatte sie in einem Wettkampf den ersten Platz erzielt. Und vor ein paar Wochen mit 22 hat sie gleich den zweiten Pokal abgeräumt. Das Essen musste noch warten, die Post war ihr wichtiger. Sie öffnete die Briefe. Der Erste enthielt eine Rechnung von ihrem Handyprovider, diese legte sie erst einmal beiseite, sie würde sich später darum kümmern. Der zweite Brief brachte eine große Überraschung. Die Redaktion des Kölner Tagblatts hatte geschrieben:

‚Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie bei unserem Kreuzworträtsel-Wettbewerb als Gewinner des ersten Preises ausgelost wurden. Kommen Sie möglichst bald in unsere Redaktion, damit wir Ihnen im Rahmen eines Empfangs den Hauptgewinn überreichen können.‘

Laura zog die Stirn kraus und überlegte:

‚Was war das noch für ein Rätsel? Und ausgerechnet ich habe gewonnen? Und was hatten sie als ersten Preis ausgeschrieben?‘

Alles Fragen, die sie in den nächsten Minuten beschäftigen würden. Langsam kam die Erinnerung zurück. Sie hatte das Rätsel gelöst, das Lösungswort auf die Antwortkarte geschrieben und an die angegebene Adresse abgesandt. Ja, genauso war es vor ungefähr einem Monat und eine Kreuzfahrt war der Hauptgewinn.

Mit zitternder Hand ergriff Laura ihr Smartphone, verwählte sich gleich dreimal und hatte dann endlich eine Verbindung zur Zeitungsredaktion.

Sie konnte es nicht fassen, was sie zu hören bekam: Ja, sie hätte wirklich den Hauptpreis gewonnen und sie möge gleich morgen um neun Uhr vorbeikommen. Sie wollten in ihrem Empfangssaal eine förmliche Preisübergabe organisieren.

Laura war völlig aufgewühlt, die Gedanken an morgen und erst recht an eine Kreuzfahrt ließen sie nicht mehr los. Selbst am späten Abend im Bett konnte sie lange Zeit keinen Schlaf finden.

Doch als sie am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich erstaunlich frisch. Immer wieder schaute sie auf ihre Uhr, denn sie wollte auf gar keinen Fall zu spät kommen. Endlich war es so weit, sie machte sich voller Elan auf den Weg zur Redaktion. Je näher sie dem Ziel kam, desto unsicherer wurde sie und umso mehr quälten sie ihre Gedanken.

‚Ich soll in einen Empfangssaal kommen, wie groß wird denn dieser Saal sein? – ein normaler Raum ist das wohl nicht – wie viele Leute werden darin versammelt sein? Was wollen die von mir wissen? Hoffentlich wird das Ganze nicht peinlich.‘

Der Elan von vorhin war wie weggeblasen. Voller Bedenken erreichte sie kurz vor neun Uhr das Eingangsportal zur Zentrale des Kölner Tagblatts.

‚Nein! Das wird nichts und das kann ich nicht‘, dachte sie. ‚Am besten breche ich hier ab und verschwinde unerkannt.‘

Fast hatte sie den Türknauf in der Hand, da drehte sie sich völlig verunsichert und nervös um und wollte gerade ihren Entschluss in die Tat umsetzen und davonlaufen. Doch zu spät, sie hörte, wie sich das Portal öffnete und dann eine freundliche Stimme:

„Sind Sie Frau Schmitz?“

Eine jüngere Mitarbeiterin des Zeitungsverlages war gekommen und forderte sie per Gesten auf, einzutreten. Nun gab es kein Zurück mehr. Damit hatte sie nicht gerechnet und es verschlug ihr die Stimme. Sie nickte bejahend mit dem Kopf.

„Ich habe den Auftrag von unserem Chef, Sie zu empfangen und zur Preisverleihung zu geleiten. Bitte folgen Sie mir.“

In diesem Moment gab Laura ihren Fluchtplan auf und ohne zu zögern schloss sie sich der jungen Mitarbeiterin an. Aber vor dem Empfangssaal hielt sie noch einmal inne. Sie fuhr mit der Hand über ihre Haare, rückte ihre Umhängetasche zurecht, schaute, ob ihre Kleidung richtig saß und dachte:

‚Da soll ich jetzt hineingehen? Was erwartet mich dort? Sieht so aus, als wäre die gesamte Redaktion hier versammelt. Alle durchbohren mich mit ihren Blicken. Wie peinlich! Aber da muss ich jetzt durch, es gibt kein Zurück mehr. Also Laura sei diesmal stark und gehe hinein, wird schon nicht so schlimm werden!‘

Sie betrat den Raum. Augenblicklich verstummten die Gespräche und alle Blicke richteten sich auf sie. Ja, etwa zwanzig Mitarbeiter der Redaktion hatten sich an diesem Ort versammelt. Sie hatten sich hinter mehreren Stehtischen platziert. An der Fensterfront hatte man ein Büffet mit allerlei Snacks und Getränken aufgebaut. Laura war überrascht von dem Aufwand für eine Preisverleihung. Dabei hatte sie doch nur ein Rätsel gelöst und war unter vielen ausgelost worden.

Die Ruhe vor dem Sturm war vorbei und schon kam ein elegant gekleideter Herr auf sie zu. Offensichtlich der Chef. Er reichte ihr die Hand.

„Einen schönen guten Tag, Frau Schmitz! Herzlich willkommen in der Redaktion des Kölner Tagblatts. Ich bin überrascht, denn mit einer jungen hübschen Frau habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Sie sind also die Gewinnerin? Ich freue mich, dass es Sie getroffen hat und glaube, dass gerade Sie den Gewinn so richtig genießen können.

Ich weiß, man fragt eine Dame nicht nach ihrem Alter, aber darf ich trotzdem erfahren, wie alt Sie sind?“

Laura musste erst einmal schlucken, einen kurzen Moment später war ihre Stimme wieder da, sie sagte:

„22, … ich bin 22 Jahre alt.“

Er ließ ihre Hand nicht mehr los, bis er sie sanft steuernd zur Front des Saales geführt hatte. Er stellte sich ihr gegenüber auf und begann mit der obligatorischen Ansprache.

„Liebe Frau Schmitz, meine Damen und Herren …“

Dabei ließ er keine Sekunde seinen Blick von Laura und sie wurde ganz verlegen, insbesondere als er in übertriebener Weise ihr Wissen herausstellte. Endlich kam er zur Sache und verkündete, dass sie eine vierzehntägige Seereise auf dem Traumschiff MS ‚Aventura Sol‘ für zwei Personen gewonnen habe. Die Überraschung war gelungen, Laura stand eine ganze Weile mit offenem Mund da. Als sie es endlich bemerkte, zwang sie sich dazu, ihn wieder zu schließen. Sie wollte keinesfalls vor dem Publikum blöd aussehen.

Den Preis, den der Chef offiziell angekündigt hatte, hatte sie nicht erwartet. Vielleicht eine Minikreuzfahrt von 2 Tagen in der Nord- oder Ostsee, – aber nicht das. Sie hatte sich gerade wieder gefasst, da überreichte er ihr unter dem Applaus der Anwesenden und unter dem Blitzlicht einer Kamera einen dick gefüllten Briefumschlag:

„Wo es hingeht, wird nicht verraten, aber das steht hier drin. Und außerdem finden Sie darin alle Unterlagen, die Sie für die Reise benötigen. Ich hoffe, dass wir an alles gedacht haben.“

Laura war gerührt, hatte Freudentränen in den Augen und vor lauter Ergriffenheit umarmte sie den Chef.

„Danke, herzlichen Dank, ich weiß noch gar nicht, was ich sagen soll. Ich habe diesmal wirklich das große Los gezogen. Und was für ein Mega-Gewinn – wie cool ist das denn.

Ich habe immer schon von einer Seefahrt auf einem Traumschiff geträumt. Aber ich als kleine Studentin hätte mir das nie und nimmer leisten können. Und nun wird einer meiner geheimen Wünsche wahr. Glauben Sie mir, Sie machen mich mit diesem Preis glücklich, ich freue mich riesig.“

Der Chef löste sich sanft von Laura, wich einen Schritt zurück und sagte zu ihr:

„Somit hat es ja genau die Richtige getroffen. Und denken Sie daran, Ihr Kreuzfahrtticket ist für zwei Personen. Wissen Sie schon jemanden, den Sie mitnehmen möchten?“

Laura zog die Stirn kraus, kriegte mit der freien Hand eine Haarsträhne zu fassen und versuchte, sie zusammenzudrehen:

„Nein, das muss ich mir noch überlegen und der Termin muss auch passen. Ich werde es in den nächsten Tagen entscheiden.“

„Wenn Sie niemanden finden, nehmen Sie mich doch mit“, sagte er mit einem lachenden Gesicht. Anschließend wandte er sich wieder an die Versammlung und verkündete mit lauter Stimme:

„Nun lade ich Sie alle hier zu einem kleinen Umtrunk und Imbiss zu Ehren unserer Gewinnerin ein. Das Büffet ist eröffnet, greifen Sie zu!“

Es gab Sekt, Orangensaft und einige Kanapees. Ungefähr noch eine Stunde lang musste sich Laura mit einem Glas in der Hand den Fragen der Umstehenden stellen. Dann endlich hatte sie es geschafft. Der Empfang war zu Ende. Zum Abschied kam der Chef noch einmal auf Laura zu, schüttelte ihre Hand und sagte:

„Ich wünsche Ihnen viel Freude mit dem Hauptgewinn und eine schöne Seereise. Genießen Sie die Kreuzfahrt.“

Mit einem weiteren Dankeschön verließ Laura den Verlag. Voller Spannung eilte sie nach Hause und bald schon stieg sie wieder die Treppen hinauf zu ihrer Studentenbude. Dort angekommen gab es kein Halten mehr, unbedingt wollte sie wissen, wohin die Reise sie führen würde. Außerdem erregten die Details ihre Neugier. Deshalb öffnete sie den Briefumschlag sofort. Sie zog den Inhalt heraus und dann hielt sie ein Anschreiben sowie alle notwendigen Fahrkarten und Flugscheine in der Hand. Zu ihrer Überraschung fand sie mitten zwischen den Papieren noch einen Scheck über 500 €. Wofür war denn das Geld gedacht? Als Erstes las sie den Text des Anschreibens, anschließend noch einmal und immer wieder neu.

‚Herzlichen Glückwunsch, Sie haben eine vierzehntägige Seereise in den Orient auf dem Traumschiff MS ‚Aventura Sol‘ für zwei Personen gewonnen. Reiseantritt ist am 14. Mai. Sie und Ihre Begleitperson fliegen ab Frankfurt nach Kairo, daraufhin weiter nach Alexandria und werden von dort mit einem Bus zum Schiff gebracht. Selbstverständlich erhalten Sie Fahrkarten für die An- und Abreise zum Flughafen sowie ein angemessenes Taschengeld in Höhe von 500 €.

Ihre Reise gestaltet sich wie folgt:

1. Tag Hinflug nach Alexandria und Einschiffung

2. Tag Erholung während der Passage des Suezkanals

3. Tag Sharm El-Sheikh

4. Tag Safaga/Luxor

5. Tag Erholung auf See

6. Tag Erholung auf See

7. Tag Erholung auf See

8. Tag Erholung auf See

9. Tag Salalah (Oman)

10. Tag Erholung auf See

11. Tag Maskat (Oman)

12. Tag Dubai (Vereinigte Arabische Emirate)

13. Tag Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate)

14. Tag Rückflug.

Bitte sorgen Sie für gültige Reisepässe, die erforderlichen Visa erhalten Sie vom Reiseveranstalter und geben Sie innerhalb von 5 Tagen den Namen Ihres Mitreisenden an. Ihre Redaktion des Kölner Tagblatts‘

Die Überraschung war gelungen. Laura lief in die Küche, warf die Kaffeemaschine an, bereitete sich einen Latte macchiato und sank mit dem Getränk in ihren weich gepolsterten Sessel. Jetzt erst wurde ihr das volle Ausmaß ihres Gewinns bewusst: Sie hatte einen Urlaub vom Feinsten gewonnen und das, weil sie ein läppisches Kreuzworträtsel lösen konnte. Das war mehr! Das war viel mehr, als sie gedacht hatte, selbst ein Taschengeld war dabei. Damit wurde einer ihrer kühnsten Träume erfüllt. Infolgedessen hieß es jetzt für sie, die Reise wohlüberlegt anzugehen. Vor allem musste sie einen klaren Kopf behalten. Demzufolge wollte sie Ruhe finden und ihre Erregung dämpfen. Das gelang ihr aber nicht, ihre Gedanken kreisten immer wieder um den Gewinn, um diese abenteuerliche Kreuzfahrt. Es würde das Aufregendste sein, was sie je erlebt hatte. Und da war noch das Problem mit der zweiten Person.

Wen sollte sie auf die Reise mitnehmen? Ihre Mutter? Ihren Vater? – nein, das ginge auf keinen Fall. Wie sie bereits erfahren hatte, würden die um den vierzehnten Mai Hochbetrieb in ihrem Gasthaus haben. Auch mit ihrem Bruder, Kai, würde das nicht funktionieren, denn der muss sich auf sein Examen im Juni vorbereiten. Außerdem würde der lieber bei Hannah, seiner Freundin, bleiben, als mit seiner Schwester zu verreisen… Nach einer Weile kam ihr folgender Gedanke:

‚Ja, ich habe es, warum bin ich nicht sofort darauf gekommen? Ich werde Rike, meine beste Freundin, fragen, denn zusammen mit ihr wird die Reise noch mal so schön. Wir verstehen uns bestens. Und damit wird es ein bleibendes Erlebnis für uns beide. Rike wohnt und arbeitet jetzt in Siegen. Die rufe ich sofort an. Sie wird sich unsagbar freuen und es wäre nur zu schön, wenn sie mitkommen könnte. Wir kennen uns schon seit der Grundschule. Und unser Klassenlehrer, ein lieber Kerl mit einer riesigen Hakennase, war schuld, dass wir uns annäherten. Er hatte damals in der ersten Schulklasse mich und Rike nebeneinandergesetzt. Wir beiden Mädels mochten uns von Anfang an und das war der Beginn unserer Freundschaft. Wir spielten zusammen, wir machten gemeinsam unsere Hausaufgaben, so manches Mal suchten wir Trost beieinander. Während unserer Kindheit, unserer Jugend waren wir unzertrennliche Freundinnen. Wir haben uns beidseitig unterstützt und uns gegenseitig vertraut. Die Erfahrungen mit unseren ersten Liebschaften haben wir ausgetauscht. Ich glaube, es waren die gleichen Interessen und die gemeinsamen Erlebnisse, die uns verbunden haben. Ich selbst sah mich immer als den coolen, zurückhaltenden Typ, während Rike die Spontanität liebte. Damit haben wir uns bei mancher Gelegenheit ergänzt. Bis zum Abitur waren wir praktisch ständig zusammen, wir haben uns Tag ein – Tag aus – an unserem Pult in der Schule getroffen. Erst die Berufsausbildung hat uns räumlich getrennt. Rike ist Sekretärin geworden und musste wegziehen, da sie in Siegen ihren Arbeitgeber gefunden hat. Und ich bin in Köln geblieben und habe hier mit einem Studium begonnen. Denn ich möchte Lehrerin für Mathematik und Physik werden.‘

Laura kramte in ihrer Handtasche, das Smartphone hatte sich wieder versteckt. Da war es und schon rief sie Friederike Schobert, ihre Freundin, an.

„Hallo Rike, was ich dir jetzt sage, glaubst du mir nicht. Ich kann es selbst kaum fassen. Halte dich fest: Ich habe den ersten Preis in einem Kreuzworträtsel-Wettbewerb gewonnen. Aber nicht so einen Pille-Palle-Preis, sondern es handelt sich um eine geile, 14-tägige Seereise auf einem Kreuzfahrtschiff. Die Reise ist das Märchen von 1001 Nacht. Es geht in den Orient.“

„Du Glückliche, wie angesagt ist das denn. Ich habe schon oft an Wettbewerben teilgenommen, aber nie etwas gewonnen. Und du? Du löst ein Kreuzworträtsel und holst den Großen Preis?“

„Ja, und jetzt kommt das Beste: Eine zweite Person darf ich mitnehmen. Natürlich habe ich da an meine beste Freundin gedacht. Liebe Rike, es würde mich sehr freuen, wenn du mich auf dieser Reise begleiten könntest.“

In diesem Augenblick hörte Laura einen Freudenschrei und unmittelbar danach die mit hoher Stimme gesprochenen Worte:

„Das ist hammermäßig! Ja! Ja doch. Ich würde gern zusammen mit dir verreisen.“

Laura geriet ins Schwärmen:

„Stell dir einmal vor: wir beide auf einem Traumschiff. Dort werden wir uns so richtig verwöhnen lassen. Am Tage werden wir das Morgenland in seiner vollen Pracht erleben und abends gehen wir ins Bordtheater oder zu einer Party. Wir werden viel Spaß haben.“

„Halt ein, liebe Laura! Denn ich kann noch nicht definitiv zusagen, ich muss vor allem mehr über die Reise wissen. Beispielsweise wann geht es los?“

„Das kannst du sofort haben. Hast du was zu schreiben?“ Laura griff nach dem Brief und las ihn Wort für Wort vor. Als sie fertig war, antwortete Rike:

„Alles klar! Die Reise ist bärenstark – und dass du dabei an mich gedacht hast, ist so lieb von dir. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich dir jetzt um den Hals fallen und sofort zusagen.“

„Dann sag doch einfach: Ja! Oder hast du Probleme damit?“

„Ich selbst habe keine Probleme damit, aber ich muss zuerst noch meinen Chef um Urlaub bitten. Und bei dem weiß man ja nie, ob der ihn auch genehmigt.“

Verschollen in Somalia

Подняться наверх