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1. Die Menschen und ihre Sprachen verteilen sich sehr ungleich auf die fünf Kontinente

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Wie verschieden die Bevölkerungszahlen sind, zeigt Tab. 1. 60 % aller Menschen leben in Asien; dort sind auch zuallererst die großen Sprachen zu erwarten. Die Bevölkerungszahlen von Afrika, Amerika und Europa liegen weit abgeschlagen im Bereich zwischen 10 und 15 Prozent, während Ozeanien demgegenüber fast unbewohnt erscheint. (Die Weltbevölkerung steigt bekanntlich kontinuierlich an; Ende Mai 2014 lag sie laut US Census bei 7,169 Mrd.)

Erstaunlich ist, dass der prozentuale Anteil der Kontinente in den vergangenen 2000 Jahren fast gleich geblieben ist. Die Weltbevölkerung im Jahre Null wird auf 170 – 400 Mill. geschätzt, die UNO nimmt 300 Mill. an (s. Tab. 2). Asien dominierte damals noch mehr als heute, Europa hatte den zweiten Rang vor Afrika inne, während Amerika weit hinten lag und Ozeanien (wie heute) beinahe vernachlässigbar war. Nach UNO-Annahmen lag die Weltbevölkerung im Jahr 1000 bei 310 Mill. und im Jahr 1500 (zu Beginn der Kolonialisierung) bei 500 Mill.; sie ist in diesem ganzen Zeitraum nur unwesentlich gewachsen, entsprechend dürfte sich auch die prozentuale Verteilung nur wenig geändert haben.

Tab. 1: Weltbevölkerung Mitte 2013 (nach: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung)


Tab. 3 sieht der Verteilung der Sprachen im Jahre Null verblüffend ähnlich. Die Erklärung dafür ist: Es geht den Autoren des Ethnologue nicht einfach um Bevölkerungszahlen, sondern um die gegenwärtigen Sprecherzahlen für die ursprünglich auf den Kontinenten beheimateten Sprachen. Die beiden Amerikas sind heute zum großen Teil von Nachfahren der Einwanderer besiedelt, die Englisch, Französisch, Spanisch oder Portugiesisch (die heutigen Staatssprachen) mitgebracht haben – dieser Teil der Bevölkerung wurde heraussortiert, da es um die ursprünglichen (indigenen) Sprachen Amerikas geht.

Zu bemerken ist, dass der Ethnologue von 2013 zusammen nur auf gut 6 Mrd. Sprecher kommt, obwohl die 7-Mrd.-Marke doch schon Ende 2011 überschritten wurde. Das liegt daran, dass Bevölkerungszahlen generell höchstens 5 % genau sind, und wenn man sie (wie der Ethnologue) mit den gesprochenen Sprachen verbinden will, muss man mit teilweise veralteten Daten arbeiten.

Tab. 2: Weltbevölkerung um das Jahr Null (UNO-Schätzung)


Tab. 3: Geographische Verteilung der lebenden Sprachen nach ihrem Ursprung 2013 (nach: Ethnologue 2013)


Der Ethnologue erfasst für jede einzelne Sprache die zuletzt bestätigte Zahl der Sprecher. Daraus ergeben sich die Gesamtzahlen der Sprachen und ihrer Sprecher auf den fünf Kontinenten (s. Tab. 4). Das ‘Mittel’ gibt den Quotienten aus Sprecherzahl und Sprachenzahl an. Ordnet man nun die Sprachen, die man zusammenfasst, nach ihrer jeweiligen Sprecherzahl, gibt uns der Median die Sprecherzahl für eine Sprache, die genau in der Mitte liegt: die Hälfte der Sprachen hat mehr, die andere Hälfte hat weniger Sprecher.

Tab. 4: Geographische Verteilung der lebenden Sprachen nach Ursprungsregion (nach: Ethnologue 2013; abgerundet)


Tab. 4 zeigt etwas sehr Verblüffendes: In Ozeanien, der Inselwelt des Pazifiks, werden von 6,6 Mill. Menschen 1311 verschiedene ursprüngliche Sprachen gesprochen, also kann es für diese Sprachen im Mittel nur 5000 Sprecher geben – es handelt sich sämtlich um recht kleine Sprachen. Im Gegensatz dazu sprechen die 1,6 Mrd. Menschen, die Europa zugerechnet werden, nur 284 verschiedene Sprachen, also muss es im Durchschnitt 5,8 Mill. Sprecher für eine europäische Sprache geben – diese Sprachen sind also überwiegend recht große Sprachen. Die Sprachen Europas waren nicht von sich aus so sehr viel größer, vielmehr sind die kleinen Sprachen im Zuge der Nationalsprachenbildung untergegangen.

Tab. 4 ordnet die Kontinente nach der Zahl der dort beheimateten Sprachen; Ozeanien rückt nun auf den dritten Platz vor. Beim Mittelwert rangiert Europa nun deutlich an erster Stelle vor Asien, Afrika, den Amerikas und Ozeanien. Der Medianwert aber erfasst eine ganz andere Schwelle: In Europa haben 50 % der Sprachen weniger als 63.000 Sprecher (Europa bleibt so auf Platz 1), in Amerika aber haben die Hälfte aller indigenen Sprachen weniger als 1200 Sprecher, und in Ozeanien weniger als 1000 Sprecher. Im Medianwert haben Asien und Afrika ihren Rang nun vertauscht. Asien hat einige sehr große Sprachen (Chinesisch, Hindi) und daneben eine große Zahl kleiner Sprachen; deshalb ist der Median im Vergleich zum Mittelwert relativ klein. Afrika ist sehr viel homogener, es gibt viele mittelgroße Sprachen, aber keine wirklichen Ausreißer – deshalb ist der Median relativ groß.

In der Zusammenfassung ergibt sich: Gegenwärtig sprechen etwa 7 Mrd. Menschen 7000 Sprachen, das sind im Mittel 1 Mill. Sprecher pro Sprache, aber die Hälfte aller Sprachen hat weniger als 7000 (!) Sprecher – was der Einwohnerzahl kleiner Ortschaften wie Havelberg oder Seefeld (Oberbayern) entspricht.

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