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2. Die Sprachen mit den meisten Sprechern

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Laut Ethnologue (2013) gibt es 24 Sprachen mit jeweils mehr als 50 Mill. Sprechern (s. Tab. 5). Davon kommen sieben aus Europa, alle anderen stammen aus Asien. Die europäischen Sprachen gehören zusammen mit Persisch und sechs weiteren Sprachen aus dem indischen Subkontinent (Hindi, Bengali, Lahnda, Marathi, Urdu und Oriya) zur indoeuropäischen Sprachfamilie, die somit – trotz der Überlegenheit des Chinesischen als Einzelsprache – die Gruppe der Top-Sprachen dominiert. Neben Chinesisch können sich nur noch Arabisch, Japanisch, Koreanisch, Javanisch, Malaiisch, Vietnamesisch und Türkisch sowie zwei dravidische Sprachen vom indischen Subkontinent (Telugu und Tamil) platzieren. Der indische Subkontinent stellt somit mehr Top-Sprachen als ganz Europa. Der indische Raum war schon immer einer der am dichtesten besiedelten. Die Inder hatten Handelsbeziehungen mit Afrika seit der Antike, sie haben sich als Händler in Südostasien ausgebreitet, waren am afrikanischen Sklavenhandel beteiligt, und ab Mitte des 19. Jhs emigrierten viele als Kontraktarbeiter nach Mauritius, Ost- und Südafrika. Die europäischen Sprachen haben sich vor allem über die Kolonien weltweit ausgedehnt.

Fast ⅔ aller Menschen sprechen eine der 24 Top-Sprachen. Man könnte deshalb meinen, wir bräuchten uns nur für diese Sprachen zu interessieren. Das jedoch wäre – nicht nur aus Sympathie für Minderheiten – völlig verfehlt. Die vielen anderen Sprachen bieten einen so großen Reichtum an menschlicher Kreativität, Einfallsreichtum und Wildwuchs, dass man sie nicht ignorieren kann. Wählt man aus 7000 menschengemachten Systemen nur 24 aus, lässt sich das Phänomen Sprache nicht begreifen – besonders dann nicht, wenn diese Auswahl sehr einseitig eine der Sprachfamilien bevorzugt.

Tab. 5: Die 24 am meisten als Muttersprache gesprochenen Sprachen (nach Ethnologue 2013)


Tab. 5 misst die Sprachen an der Zahl der Muttersprachler. Tatsächlich werden viele dieser Sprachen auch als Zweitsprachen gelernt und verwendet. Entsprechende Daten lassen sich allerdings viel schwieriger erheben, und würde man dann die Sprecherzahlen addieren, käme man auf weit mehr als die Weltbevölkerung. Tab. 6 vergleicht Zweitsprachler mit Erstsprachlern; interessant sind die großen Unterschiede im prozentualen Anteil. Französisch führt mit 66 % vor Englisch (49 %), Russisch (40 %) und Hindi (33 %), während Spanisch (23 %) und Mandarin-Chinesisch (20 %) verhältnismäßig weniger Zweitsprachler haben; Portugiesisch (8,5 %) und Deutsch (5 %) bilden die Nachhut. Darin spiegelt sich eine Reihe von Faktoren: die Rolle der ehemaligen Kolonien, die Schwierigkeit, die entsprechende Sprache zu erlernen, die Sprachenpolitik in den entsprechenden Mutterländern, die wirtschaftliche Anziehungskraft der Länder, in denen diese Sprache gesprochen wird, und der Anteil bilingualer Familien.

Tab. 6: Erst- und Zweitsprachler in den großen Sprachen (in Mill.; Schätzungen von 1999; nach: One World – Nations Online)


Der bedeutende Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855) fand heraus, dass zufallsbedingte Erscheinungen eine Normalverteilung in Gestalt einer Glockenkurve bilden. Auch die Anzahl der Sprachen nach ihrer Größe bildet eine Gauß-Verteilung. In der nachfolgenden Grafik ist in der Waagerechten die Sprecherzahl von Sprachen im Zehnerlogarithmus aufgetragen, in der Senkrechten der prozentuale Anteil der Sprachen. Die meisten Sprachen befinden sich im Bereich zwischen 1000 und 10.000 Sprechern. Das ist wenig gegenüber den ganz großen Sprachen, aber doch auch mehr als die Größe nomadischer Stämme.


Prozentualer Anteil der Sprachen

Die Grafik erfasst die Daten aus Tab. 7. Aus der dortigen Spalte ‘Kumuliert’ geht hervor, dass der Median von 50 % bei einer Sprecherzahl knapp unter 10.000 liegen muss (denn bei 10.000 hat man fast 53 % der Sprachen erfasst). Geht man nun in derselben Zeile weiter nach rechts, findet man die Gesamtzahl der bis dahin kumulierten Sprecher bei 0,13 %. Das Ergebnis ist: Die Hälfte der Sprachen der Welt wird nur noch von 1 Promille der Menschen gesprochen. Zwei Zeilen darunter (‘unter 1 Mill.’) findet man, dass knapp 6 % der Sprecher 94 % der Sprachen sprechen, und das heißt auch: 94 % der Menschen sprechen nur noch 6 % der Sprachen. Das sind Zahlenwerte, die man sich merken sollte.

Tab. 7: Verteilung der Sprachen nach der Anzahl der Muttersprachler (nach: Ethnologue 2013; modifziert)


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