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Kreiskys Boxer und Napoleons Hengst

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Tiere machen Politik

Die Geschichte ist oft und oft erzählt worden, am exaktesten von Hans Werner Scheidl in seinem Standardwerk »Der wahre Kreisky«. Februar 1981. Schon seit Monaten tagt im österreichischen Parlament der Untersuchungsausschuß, der den Finanzskandal rund um den Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses aufklären soll. Die ÖVP will neue Zeugen laden, die SPÖ lehnt ab. Da reißt dem Chef der bürgerlichen Partei, Alois Mock, der Geduldsfaden: Er beschwert sich bei Bundespräsident Kirchschläger über den Starrsinn der Regierungspartei. Darüber gerät nun wieder der Bundeskanzler in Rage: Der Bundespräsident, so wettert Kreisky in einem Interview mit den »Salzburger Nachrichten«, dürfe unter keinen Umständen als eine Art »Justizkanzler« mißbraucht werden.

Beim darauffolgenden Pressefoyer legt Kreisky noch einmal nach: Er sehe die Gefahr einer Wiederkehr der schlimmen Dreißigerjahre. »Ich habe die damaligen Justiztricks genau in Erinnerung, ich kann nicht früh genug warnen vor einer Wiederholung.« Einer der Journalisten in der Runde kontert dem Kanzler, von einer solchen Gefahr könne doch im heutigen Österreich keine Rede sein. Darauf Kreisky: »Und das sagen Sie angesichts des gestrigen Putschversuchs in Spanien?« Der Journalist – es ist der Militärexperte (und spätere Buchautor) Gerhard Vogl – läßt nicht locker: »Aber wir sind hier nicht in Spanien, Herr Bundeskanzler, die politische Situation in Österreich ist doch eine völlig andere.«

Jetzt platzt dem Choleriker Kreisky endgültig der Kragen. Er maßregelt seinen Widerpart mit den Worten: »Lernen Sie Geschichte, Herr Reporter!« Daß er sich dabei nicht dem eigentlichen »Sünder« Gerhard Vogl zuwendet, sondern irrtümlich dem neben diesem stehenden Kollegen Ulrich Brunner (der zu dieser Zeit für das sozialistische Zentralorgan »Arbeiter-Zeitung« (AZ) arbeitet und später die Leitung des ORF-Landesstudios Burgenland übernehmen wird), kann nichts daran ändern, daß es nicht Vogl, sondern Brunner sein wird, der fortan mit dem Vorfall identifiziert werden, ja damit in die österreichische Mediengeschichte eingehen wird.

Die Angelegenheit könnte damit für alle Zeiten erledigt sein, kämen nicht immer wieder unter den Kreisky-Kennern (und Kreisky-Kritikern) Spekulationen auf, die Verwechslung der beiden Journalisten sei keineswegs ein Zufall gewesen, sondern ein ganz bewußter Racheakt des »Sonnenkönigs«. Kreisky könnte sich bei seiner wutschäumenden Zurechtweisung an einen etliche Zeit zurückliegenden Vorfall erinnert haben, in dessen Mittelpunkt AZ-Redakteur Ulrich Brunner gestanden sei. Kreisky hatte die Führungsgarnitur des unter dramatischem Auflagenschwund leidenden Parteiorgans zu einem Gespräch im Garten seiner Döblinger Villa eingeladen. Der Kanzler saß in seiner Hollywoodschaukel, im Halbrund um ihn die versammelten AZ-Redakteure, unter ihnen Ulrich Brunner. Und mittendrin, wie es im Hause Kreisky üblich war, dessen Hunde: die Boxer Goliath und Bianca. Goliath, der schwarze Rüde, machte sich während des Gesprächs, offensichtlich um eine Streicheleinheit bemüht, an Brunner heran, machte sich an dessen Hosenbein zu schaffen und sabberte dabei mit seinen triefenden Lefzen den schönen Anzug des Gastes an. Brunner versuchte, das »lästige« Tier unauffällig wegzuschubsen, und als dies mißlang, wurde es ihm zu bunt, und er herrschte Goliath mit den unüberhörbaren Worten »Schleich dich!« an. Mehr brauchte es nicht, um den in seine beiden Hunde vernarrten Kanzler in Rage zu bringen: Kreisky unterbrach seinen Monolog (über seine Zeit als Kriegsberichterstatter im Finnischen Winterkrieg) und durchbohrte Brunner mit einem giftigen, strafenden Blick. Ob es nun in den Bereich der gut erfundenen Anekdoten fällt oder aber tatsächlich der Wirklichkeit entspricht: Ulrich Brunner war von Stund an bei Kreisky in Ungnade gefallen und mußte darauf gefaßt sein, daß dieser eines Tages mit dem vermeintlichen »Hundefeind« abrechnen würde …

Ja, Kreisky und seine Hunde – eine lange Geschichte! Schon im Wiener Elternhaus in der Schönbrunnerstraße lernt der Heranwachsende mit Vierbeinern umzugehen. Ein Foto aus jener Zeit zeigt den Sechzehnjährigen mit einem der Dobermänner, die im Haus des Generaldirektors der Österreichischen Wollindustrie AG, Max Kreisky, die bevorzugte Rasse sind. Auch während der Sommerferien, die die Familie in der Villa der Großeltern im mährischen Trebitsch verbringt, sind die dortigen Hunde Brunos liebste Spielgefährten. Köchin Julie und Dienstmädchen Marie, ein böhmisches Geschwisterpaar, mit denen die Eltern tschechisch sprechen, kümmern sich, wenn man wieder in Wien ist, um die verwöhnten Vierbeiner. So ergeben sind sie den beiden Dobermännern, daß sie ihnen auch die verwegensten Streiche durchgehen lassen – so etwa, als sich diese während eines Opernbesuchs der Eltern in deren Bett legen und, vom Hauspersonal entdeckt und aus dem Schlafzimmer verjagt, vor Schreck (oder aus Protest?) darauf vergessen, daß sie streng erzogen und selbstverständlich stubenrein sind. Geht das Kindermädchen mit den Hunden in den Beserlpark nahe der Mollardschule, die Klein-Bruno seit September 1916 besucht, darf sich der knapp Sechsjährige der Äußerlpartie anschließen und das »Kommando« übernehmen. Die bildhübsche Julie hat Wichtigeres zu tun: Sie hält auf einer der Parkbänke nach Kavalieren Ausschau, meistens tschechischstämmigen Soldaten, die zwecks Rekonvaleszenz im nahen Militärspital einquartiert sind.


Der junge Kreisky – damals noch mit Dobermann

Mit Jagdhunden bekommt es Jüngling Bruno regelmäßig zu tun, wenn er bei Onkel Rudolf in Böhmen zu Besuch ist und dieser mit seinen Kumpanen auf die Pirsch geht. »Die Ausfahrt mit kleinen Jagdwägelchen«, so wird er Jahrzehnte später in seinen Memoiren schreiben, »war für mich das Schönste, das Jagen selbst das am wenigsten Spannende und die Heimfahrt das Ekelhafteste. Die nassen Jagdhunde haben fürchterlich gestunken. Die kleineren Beutestücke, zum Beispiel Rebhühner, bekamen lederne Bänder um die Brust gelegt, und auf diese Weise mußten wir sie nach Hause tragen. Die langsam auskühlenden kleinen Vogelkörper, die glasigen Augen – das läßt sich in seiner ganzen Widerlichkeit gar nicht beschreiben. Noch heute habe ich eine Abneigung gegen die Jagd und esse sehr ungern Wild.«

Machen wir nun einen großen Sprung – vom adoleszenten Bruno Kreisky zum Mittvierziger, der sich nach den Jahren der Emigration wieder in seiner Geburtsstadt Wien eingerichtet hat und dem Gipfel seiner Politikerkarriere zustrebt. Die vierköpfige Familie – neben Gattin Vera die Kinder Eva und Peter – bezieht 1954 eine einstöckige Villa im Nobelbezirk Döbling, die im Eigentum der Wiener Städtischen Versicherung steht. Der neue Mieter in der Armbrustergasse 15 schätzt an seinem Domizil die kluge Raumaufteilung des Hauses, dessen unprätentiös-behagliche Innenausstattung und nicht zuletzt den schönen Garten mit dem alten Baumbestand. Was noch fehlt, sind die Hunde, die Kreisky seit seinen Kindertagen liebt.

Waren es früher Dobermänner, so sind es nun zwei Boxer, die er sich ins Haus holt. Ihre Namen kennen wir schon: Goliath und Bianca. Es sind extrem gutartige Tiere, deren Anhänglichkeit mit einem Höchstmaß an Freiheit belohnt wird. Sie dürfen tun, was sie wollen, würden wahrscheinlich sogar einen Einbrecher freundlich begrüßen. Wenn hoher Besuch ins Haus steht, stellt die Servierhilfe Schalen mit Salzmandeln und Nüssen bereit, an denen sich nicht nur die Gäste bedienen, sondern auch die Hunde herumschnüffeln.

Goliath ist ein großer schwarzer Rüde, Bianca das jüngere, kleinwüchsigere und weiße Gegenstück. Letztere hat die Aufgabe, einen gerade verstorbenen dritten Boxer zu ersetzen; Kreisky hat das Jungtier bei einem Besuch in der Innenstadtwohnung der mit ihm befreundeten Burgschauspielerin (und späteren Opernballorganisatorin) Lotte Tobisch kennengelernt. Schon bei der ersten Begegnung der beiden freunden sich der Welpe und sein künftiger Besitzer an, Bianca schleckt Kreisky von oben bis unten ab, man läßt sich auf dem Parkettboden nieder und spielt miteinander. »Wie die Kinder«, wird Frau Tobisch später in ihren Lebenserinnerungen die Szene beschreiben. Bei der Übergabe Biancas an ihr künftiges Herrl erbittet sich »Hundemutter« Tobisch lediglich ein Besuchsrecht, was dazu führt, daß die fünfzehn Jahre Jüngere fortan häufig zum Frühstück in der Armbrustergasse eingeladen wird. Kreisky, dem die »Gesundheitsapostel« seiner Partei strenges Diätverhalten »verordnet« haben, begnügt sich mit »Grünzeug«; nur die übrigen Familienmitglieder, Gast Tobisch und die Hunde werden »normal« verköstigt.

Groß ist die Zahl der Fotos, die im Lauf der Zeit vom hundestreichelnden Bundeskanzler geschossen werden; ein ganzes Album ließe sich damit füllen. Daß seine Tierliebe jedoch nicht auf Vierbeiner beschränkt bleibt, illustriert eine Episode, die ebenfalls Kreisky-Kenner Hans Werner Scheidl in seinem Anekdotenband festhält. Es ist Sommer 1974, Kreisky, seit vier Jahren Kanzler, trifft zu einem Gedankenaustausch mit Oppositionschef Karl Schleinzer zusammen. Nach dem Vieraugengespräch der beiden Politiker schlägt Schleinzer seinem Kontrahenten zur Entspannung – nun in größerer Runde – eine Angelpartie in einem nahegelegenen Fischteich vor. Der Erste, der einen kapitalen Karpfen aus dem Wasser zieht, ist Schleinzer. Alle spenden Beifall. Nur, als der geübte Angler seine Beute totschlägt, hört man aus dem Kreis der Umstehenden den Ausruf »Mörder!«. Dann gelingt auch Kreisky ein Fang. Doch was tut er mit »seinem « Karpfen? Er löst ihn vom Haken, streichelt liebevoll das verängstigte Tier und wirft es zurück ins Wasser.

Soviel zur Tierliebe des österreichischen Bundeskanzlers der Jahre 1970 bis 1983, die Kammerschauspielerin Lotte Tobisch mit den Worten kommentiert: »Nichts Besseres konnte einem passieren, als Hund bei Bruno Kreisky zu sein.« Die Art, wie Nachnachnachfolger Viktor Klima seinen kaukasischen Hirtenhund Grolly zur persönlichen Imagewerbung einsetzte, ja zum »First Dog« der Republik Österreich zu stilisieren versuchte, war demgegenüber eine allzu durchsichtige Strategie, die nicht allen Leuten gefiel. Der glücklose Kurzzeitkanzler folgte darin allerdings nur dem Beispiel der US-Präsidenten George Bush und Bill Clinton, die beide den Kult um ihre Haustiere gezielt zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion machten. Jeder amerikanische Staatsbürger sollte zu jeder Zeit über das Befinden des Bush-Spaniels Millie beziehungsweise des Clinton-Katers Socks im Bilde sein. Die Bushs verschickten sogar alljährlich Weihnachtskarten, auf denen auch die einstige Hundewaise abgebildet war, und ein eigener Mitarbeiterstab im Weißen Haus war mit der Beantwortung der an Socks adressierten Fanpost sowie dem Versand von Pfotenabdrücken des Cat Nr. 1 betraut. Rundbriefe aus dem Weißen Haus informierten laufend über die neuesten Streiche des schwarzen Katers mit den weißen Pfoten, und obwohl bekannt war, daß Mister President eigentlich an einer Katzenallergie litt, ließ sich das Pariser Musée Grévin nicht davon abhalten, bei der Anfertigung einer Clinton-Wachsfigur dem mächtigsten Mann der Welt eine Nachbildung seines Katers auf die Schulter zu setzen.

Bleiben wir noch einen Augenblick im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wie Karen Duve und Thies Völker in ihrem 750seitigen »Lexikon der berühmten Tiere« berichten, bekam US-Präsident Franklin D. Roosevelt Schwierigkeiten mit der exzessiven Zurschaustellung seiner Liebe zu dem Scotchterrier-Rüden Fala, indem die oppositionellen Republikaner dem Demokraten im Wahlkampf von 1944 vorwarfen, er habe zur Wiederauffindung des auf einer Reise zu den Aleuten-Inseln verlorengegangenen Tieres nicht davor zurückgeschreckt, einen Zerstörer der US-Navy einzusetzen und somit hohe Summen Steuergeldes zu vergeuden. Als sich Roosevelt in einer dramatischen Radioansprache mit dem Hinweis verteidigte, Fala sei – als gebürtiger Schotte – im Gegenteil ein äußerst sparsames Tier, hatte der Präsident die Lacher auf seiner Seite, und seine Wiederwahl war gesichert.

Erst recht in die Geschichte eingegangen ist Roosevelts Namensvetter Theodore, der zwischen 1901 und 1909 Amerikas Geschicke lenkte. Der vierundzwanzig Jahre Ältere hatte sich im zweiten Jahr seiner Präsidentschaft bei einem Jagdausflug im Staat Mississippi geweigert, auf einen in die Enge getriebenen, möglicherweise sogar festgebundenen kleinen Bären zu schießen. Der Vorfall drang an die Öffentlichkeit, der Karikaturist Clifford Berryman zeichnete von da an den von ihm verehrten und auch von vielen seiner übrigen Anhänger »Teddy« genannten Präsidenten nie anders als mit dem geretteten Bären an seiner Seite, und ein Papierwarenhändler in Washington verfiel gar auf die Idee, zwei von First Lady Rose Roosevelt angefertigte Stoffbären ins Schaufenster seines Ladens zu stellen, denen er – mit »allerhöchster« Erlaubnis aus dem Weißen Haus – den Namen »Teddy’s Bears« gab. Wie es damit weiterging, schildert das Autorenpaar Duve/Völker in dem erwähnten Lexikon wie folgt:

»Zur selben Zeit stellte die deutsche Firma Steiff einen freundlichen, gelenkigen Plüschbären auf der Leipziger Messe vor, den der Neffe der Firmenleiterin Margarethe Steiff entworfen haben soll. Der Bär stieß zuerst auf wenig Interesse, bis – der Legende nach im letzten Augenblick, als die Messestände bereits abgebaut wurden – der amerikanische Großeinkäufer Hermann Berg sie entdeckte und gleich 3000 Stück für das New Yorker Kaufhaus George Borgfeldt & Co. orderte. Ein Teil dieser Bären landete, in Jägerkleidung gesteckt, als Tischdekoration auf der Hochzeit von Theodore Roosevelts Tochter. Die Jagdbären fanden viel Beifall, so daß am nächsten Tag auch ›Teddy’s Bears‹ in den Gesellschaftsspalten der Zeitungen erwähnt wurden.«

Eines der berühmtesten und langlebigsten Spielzeuge der Welt war damit kreiert: der Teddybär. Und wie wir aus den Kinderzimmern von Washington bis Wladiwostok, von Kapstadt bis zum Nordkap wissen, hat der wuschelige kleine Kerl nach wie vor überall (und wohl auch noch in ferner Zukunft) seinen festen Platz. Mister President sei Dank.

Ein Beispiel dafür, wie Haustiere sogar in die hohe Politik eingreifen können, wird von Richard Nixon berichtet. Dem 1974 an der sogenannten Watergate-Affäre gestrauchelten US-Präsidenten wurde viele Jahre davor – noch als Senator für Kalifornien und Kandidat für die Vizepräsidentschaft unter Eisenhower – von den gegnerischen Demokraten vorgeworfen, er habe unversteuerte Spendengelder vermögender Parteifreunde eingestreift. Mit seiner von allen Radio- und Fernsehstationen übertragenen Verteidigungsrede rettete er sein Fell, indem er beteuerte, nie auch nur einen Dollar aus öffentlichen Mitteln abgezweigt zu haben; das einzige Geschenk, das er jemals angenommen habe, sei ein kleiner Cockerspaniel gewesen, den ihm ein Mann aus Texas als Spielgefährten für die Nixon-Tochter Tricia überlassen habe, und die, zu dieser Zeit sechs Jahre alt, werde sich um nichts in der Welt von Checkers, wie sie ihren Liebling – seines schwarzweiß gefleckten Felles wegen – genannt hatte, trennen. Das amerikanische Volk war gerührt, Nixons Kandidatur außer Gefahr.

Um beinahe 2000 Jahre älter und dennoch (oder gerade deshalb?) bekannter ist die Geschichte vom verschwenderischen römischen Kaiser Caligula, der seinem Lieblingspferd Incitatus einen eigenen Palast samt marmornem Stall und elfenbeinerner Futterkrippe errichten, für dessen Betreuung eine eigene Sklaventruppe anheuern und das edle Tier, um den empörten Senat noch weiter zu provozieren, mit dem Titel »Konsul« ehren ließ.

An die Kamele, die der österreichische Bundespräsident Thomas Klestil von einem Staatsbesuch in Saudiarabien als Gastgeschenk mitgebracht und zur weiteren Betreuung an die Stallungen im (einst für Prinz Eugen errichteten) Marchfeld-Gut Schloßhof übergeben hat, mag man erinnert werden, wenn man sich in die abenteuerliche Geschichte des Elefanten Abul Abaz vertieft, den Kalif Harun al-Raschid anno 800 seinem »Kollegen« Karl dem Großen zu dessen Kaiserkrönung nach Europa schicken ließ. Es war leider eine unglückliche Entscheidung: Die fränkischen Stallknechte hatten keinerlei Ahnung, wie mit dem exotischen Koloß umzugehen sei: Der arme Abul Abaz ging binnen kurzem ein. Da trafen es Klestils Kamele um einiges besser.

Im Londoner Armeemuseum sind die Knochen eines berühmten Reitpferdes zur Besichtigung freigegeben. Die Rede ist von Marengo, Napoleons in Ägypten erbeutetem Araberhengst, der vermutlich auch im Krieg gegen Österreich im Einsatz gewesen, aber jedenfalls bei der Schlacht von Waterloo umgekommen ist. Von den Truppen des siegreichen Feldmarschalls Wellington skelettiert, wurden die sterblichen Überreste des Pferdes als Trophäe nach England geschafft.

Eine zweite Napoleon-Geschichte betrifft dessen erste Ehefrau, Josephine Beauharnais: Als der Noch-nicht-Kaiser nach erfolgter Trauung das Ehebett besteigen wollte, wurde dieses von Josephines Pudel energisch verteidigt. Ja, auch scheinbar Allmächtige stoßen an ihre Grenzen, können es mit Rivalen zu tun bekommen, mit deren Widerstand sie wohl kaum gerechnet haben.

Preußenkönig Friedrich der Große liebte seine Soldaten und seine Hunde – letztere so sehr, daß er sie, um ihnen über ihren Tod hinaus nahe zu sein, auf dem Gelände seiner Potsdamer Residenz Sanssouci bestatten ließ. Von den Domestiken verlangte er, daß sie die verwöhnten Windspiele »siezten« und ihnen jeglichen Unfug durchgehen ließen. Alcmene, Biche und Arsinoe durften an der Tafel ihres Herrn Platz nehmen und wurden von diesem eigenhändig gefüttert (laut Überlieferung mit lauter ungesunden Leckerbissen). Das jeweilige Lieblingstier durfte sogar zum »Alten Fritz« ins Bett.

Von Adolf Hitler ist bekannt, daß der Deutsche Schäferhund (wer sonst?) seine bevorzugte Rasse war. Zu jedem der Tiere, deren Anhänglichkeit, Schönheit und Tapferkeit er nicht genug preisen konnte, gehörte allerdings immer auch eine Peitsche. Der Letzte in dieser Reihe, die Hündin Blondi, ließ Hitler vor seinem Selbstmord am 30. April 1945 vom Hundepfleger töten – es war als »Test« gedacht, der den »Führer« von der Wirksamkeit jener Blausäurekapseln überzeugen sollte, deren er sich Stunden später selbst »bediente«.

Eines natürlichen Todes starb François Mitterrands Labradorhündin Baltique, unter deren Namen wenig später sogar ein Buch mit ihren »Memoiren« erschien. Wir wissen daher, daß das gute Tier in den acht Jahren, die es im Elysée-Palast zugebracht hat, nur Mineralwasser trank, von kostbarem Porzellangeschirr der Marke Sèvres fraß und in einem Körbchen zu schlafen pflegte, das am Fußende des Präsidentenbettes stand. Daß Baltique auch dem Begräbnis ihres Herrn beiwohnte, rührte ganz Frankreich zu Tränen. Alle, ob Anhänger oder Gegner, hatten an diesem Tag den Fernseher aufgedreht, um zu verfolgen, wie die Hündin, neben der Staatskarosse einhertrottend, Mitterrand auf dessen letztem Weg begleitete.

Geliebtes Geschöpf

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