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Vorwort

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Ich schwor es mir zu, nicht zu vergessen euch,

Nichtige Tierchen ihr, deren Geschick mich traf.

Wenn meine Seele einst nichts als Gedächtnis sein wird,

Will ich euch beide vor unsern Schöpfer tragen.

Franz Werfel. Ein Gedenkblatt des Dichters für seine geliebten Katzen. Ein schöner, für manches Ohr vielleicht auch etwas pathetischer Vers. Aus seiner Biographie wissen wir, daß Werfel zu Gelübden neigte. Hatte er nicht nach seinem Lourdes-Erlebnis vom Sommer 1940 das Versprechen abgegeben, im Falle seiner Rettung vor den deutschen Invasionstruppen einen Roman über die Marienerscheinungen in dem südfranzösischen Wallfahrtsort zu schreiben? Schon ein Jahr nach der geglückten Flucht über die Pyrenäen erschien »Das Lied von Bernadette«. Man darf also annehmen, daß der Gefühlsmensch und Glaubensfanatiker Werfel auch das Gelöbnis eingelöst hat, in seiner Zwiesprache mit Gott der geliebten Haustiere zu gedenken.

Und nun, nach dem feierlichen Schwur des österreichischen Dichters, die nüchterne Stimme des britischen Realpolitikers: Winston Churchills. Der große Staatsmann geht das Thema Mensch und Tier gänzlich anders an – locker, heiter, mit einem kräftigen Schuß Sarkasmus: »Katzen blicken auf dich herab, Hunde schauen zu dir auf, nur Schweine betrachten dich als ihresgleichen.«

Im vorliegenden Buch gehen wir einen Schritt weiter, belassen es nicht bei individuellem Treueschwur oder generalisierender Bewertung, sondern wenden uns – im Blick auf eine Reihe großer Namen aus der Kulturgeschichte – jenen Geschöpfen zu, die es im Umgang mit dem Menschen »zu etwas gebracht haben«: zu einem Namen, zu Ruhm, vielleicht gar zu literarischer Verewigung.

Die Liste ist lang: Sie reicht von Sigmund Freuds »Sprechstundenhilfe«, der Chow-Chow-Hündin Jofie, über das Urbild von Marie von Ebner-Eschenbachs Romanfigur Krambambuli bis zu Meister Loriots Mops- und Kanzler Kreiskys Boxer-Kult, von den Schmetterlingsjagden des »Lolita«-Autors Vladimir Nabokov über die hochpoetische Entstehungsgeschichte des Musicals »Cats« bis zu der Frage, wieso der heilige Antonius von Ägypten auf seiner Stele im Wiener Stephansdom nicht von einem Raben, einem Lamm oder einem Kamel begleitet ist, sondern – von einem Schwein. Auch das Schicksal des »Turms der blauen Pferde« wird uns beschäftigen: Franz Marcs Meisterwerk gilt seit 1945 als verschollen, ist eines der berühmtesten Beispiele unter jenen Millionenschätzen, die wie vom Erdboden verschwunden sind. Und auch die eigenen »tierischen« Erfahrungen des Autors sollten in einem Buch wie diesem ihren Platz haben – vom »Maikäfer flieg«-Erlebnis des Schulbuben bis zum Fernsehkonsumenten unserer Tage, der noch mit achtzig bei der »Sendung mit der Maus« sein Gerät einschaltet. Doch bevor sich die Tore öffnen zu unserer Menagerie, noch ein letztes Mal die Stimme Franz Werfels: »Nichtige Tierchen ihr, deren Geschick mich traf.«

Dietmar Grieser

Geliebtes Geschöpf

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