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1.4.3 Gelernte Potenziale: Flow-Antriebe
ОглавлениеGottlob jagen wir Menschen nicht mehr ausschließlich den Motiven unserer Erbantriebe hinterher. Wir sind mehr als nur die Marionetten unserer Gene. Es geht uns nicht mehr nur um Sex, Völlerei, Macht oder den Schlüssel zu all dem: Geld.
Das Leben vieler Menschen wird teilweise oder sogar überwiegend von primär kulturellen Motiven geprägt. Forscher basteln mit Begeisterung an wissenschaftlichen Theorien, Schriftsteller, Maler oder Komponisten nahmen für ihre künstlerische Besessenheit Hunger und andere Entbehrungen auf sich, und politische Aktivisten ließen gar für politische Ideale ihr Leben.
Wie kann man das nun wieder erklären?
Motivation aus kulturellen Inhalten
Nun, Leben ist Lernen. Mehr oder weniger gezielt formen wir ständig neues Wissen und neue Kompetenzen in unser Selbst hinein (»Gedächtnisbildung«). Sobald wir diese Inhalte mit einer gewissen Meisterschaft handhaben, spricht unser Synergieohr auf sie an: Wir empfinden während des Tuns eine motorische und /oder mentale Funktionslust und geraten oft in Flow. Wenn diese perfekt beherrschten Inhalte eine gewisse Komplexität überschritten haben, dann kann aus ihnen ein eigenständiges Bedürfnis, ein eigenständiger Antrieb erwachsen, der darauf gerichtet ist, diese Inhalte im Tun öfter zu aktivieren und immer weiter auszubauen. Wer gelernt hat, mit drei Bällen zu jonglieren, der bekommt Lust, auch einen vierten und fünften Ball mit ins Spiel zu nehmen. Wer über die Anfangsgründe des Klavierspiels hinausgelangt ist, möchte sich immer neue Stücke seiner Lieblingskomponisten aneignen. Bei einem Physiker, der die wichtigen Teilgebiete der Physik beherrschen gelernt hat, entsteht wie von selbst der Wunsch, sie durch die »Weltformel« zusammenzufassen.
Flow-Antriebe
Lassen Sie uns diese Form der erworbenen, der gelernten Potenziale unseres Selbst als Flow-Antriebe bezeichnen.
Flow-Antriebe sind der Kern unseres Flow-Potenzials. Je mehr Flow-Antriebe wir im Laufe unseres Lebens aufbauen, desto häufiger und länger werden wir im Flow sein, desto intensiver werden wir das Gefühl genießen können, auf den Wellen des Seins zu surfen.
Flow-Antriebe können wir in vielen Lebensbereichen entwickeln, vom Sport- oder Hobbybereich bis hinein ins Berufsleben – wir werden darauf im Zusammenhang mit dem Thema inneres Wachstum noch genauer zu sprechen kommen (siehe S. 130ff.).
Übereinstimmung mit den Werten herstellen
Ein Teil des Wissens, das wir uns aneignen oder uns durch eigenes Denken erarbeiten, betrifft aber nicht die äußeren Tätigkeiten, sondern bezieht sich auf Dinge wie: Lebensmaximen, Werte, Welt- und Menschenbild. Auch wenn wir über diese Themen nachdenken, hört natürlich unser Synergieohr mit. Es sagt uns, wie gut die Gedanken, Erinnerungen oder Zukunftsvorstellungen, die wir gerade im Kopf haben, zu unseren Werten und Lebensmaximen passen. Vielleicht erinnern Sie sich gerade an etwas, das Sie gestern getan haben. Wenn das zu Ihren Werten im Widerspruch steht, dann werden Sie jenes Unstimmigkeitsgefühl empfinden, das wir schlechtes Gewissen nennen. Gibt es dagegen eine Übereinstimmung, fühlen Sie sich im Einklang mit sich selbst.
Einen starken Persönlichkeitskern schaffen
Die meisten von uns befinden sich in einem ständigen inneren Dialog mit sich selbst. Was passiert da? Ein wichtiger Aspekt ist folgender: Angestachelt durch Unstimmigkeitsgefühle arbeiten wir an einer ständigen Harmonisierung unserer inneren Strukturen. Wir versuchen, Widersprüche zu entdecken und auszuräumen, wir rechtfertigen unser Verhalten vor unseren Werten, oder wir verändern unsere Werte aufgrund neuen Wissens oder neuer Erfahrungen. Wenn wir dies systematisch und intensiv betreiben, dann wächst in uns ein komplexes und harmonisch integriertes System aus Erfahrungen, Wissen, Werten und Weltanschauung. Dies ist der Kern unserer Persönlichkeit.
Verinnerlichung von Werten und Prinzipien
Je komplexer und harmonischer Sie diesen Kernantrieb bei sich ausbauen, desto charismatischer und durchsetzungsstärker werden Sie als Mensch wirken können. Wissen und Werte werden auf diesem Wege verinnerlicht und damit verhaltenswirksam: Sie werden zu Überzeugungen, die zu Taten antreiben. Gleich erstarkenden Magnetfeldern in der Tiefe des Selbst sorgen sie dafür, dass wir immer öfter auch spontan im Sinne dieser Werte empfinden und handeln.
Während uns Erbantriebe dazu drängen, bestimmte Objekte zu beschaffen oder sinnliche Situationen herzustellen, drängen uns Flow-Antriebe dazu, bestimmte Tätigkeiten auszuführen und auszubauen. Sie vermitteln uns die Freude am Tun selbst, an einem Tun, das wir um seiner selbst willen ausführen.
Erbgefühle: beschränktes Spektrum
Entsprechend unterschiedlich ist auch die Bewertungsfunktion der dazugehörigen Arten von Gefühlen: Erbgefühle bewerten Objekt- oder Zustandseigenschaften vor dem Hintergrund eines genetisch fixierten Soll-Musters. Jedes Erbgefühl hat im Erleben eine unverwechselbare »Farbe«. Wenn zum Beispiel Nahrung viel Fett enthält, entsteht ein gewisser Wohlgeschmack und diese Empfindung fühlt sich deutlich anders an als etwa sexuelle Befriedigung. Erbantriebe gibt es nur in genetisch begrenzter Zahl. Entsprechend lassen sich Erbgefühle zwar durch Lernen verfeinern und differenzieren, nicht aber in ihrer Zahl vermehren.
Synergiegefühle: grenzenlos entwickelbar
Die Synergiegefühle als Grundlage der Flow-Antriebe dagegen bewerten inhaltsneutrale Prozesseigenschaften. Je mehr Momente und Teilelemente bei einem Tätigkeitsprozess ineinandergreifen und je reibungsloser und perfekter dieses Zusammenwirken ist, desto positiver ist das Synergiegefühl. Es handelt sich um allgemeine Harmoniegefühle, die sich auf alle denkbaren Inhalte beziehen können: Was immer wir uns differenziert aneignen oder kreativ erschaffen – wenn wir diese Inhalte perfekt beherrschen, dann spenden sie inneren Lohn in Form von positivem Harmonieerleben. Diese allgemeinen Harmoniegefühle behalten unabhängig vom konkreten Inhalt eine gewisse Ähnlichkeit. So vergleichen Wissenschaftler das Erleben schöner Theorien oft mit musikalischen Symphonien. Synergiegefühle lassen sich unbegrenzt entwickeln und ausdehnen. Über eine intensive Aneignung der Welt können wir deshalb eine umfassende Liebe zum Sein entwickeln.