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1.9 Die Lücke zwischen Reiz und Reaktion: die kognitive Modulation unserer Erbgefühle

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Gedanken verändern Gefühle

Offenbar reagieren wir Menschen nicht mehr mit reflektorischer Zwangsläufigkeit auf Empfindungen oder Wahrnehmungen. Zwischen Reiz und Reaktion hat sich das Denken geschoben. Von dessen Art und Inhalt hängt es nun entscheidend ab, welche Gefühls- und Verhaltensreaktion auf den Reiz erfolgt. Natürlich betrifft das nicht nur Innenreize (wie im Beispiel in Form von Schmerz), es betrifft ebenso alle Außenwahrnehmungen.

Stellen Sie sich vor, Sie hängen über einer tiefen Schlucht. Sind Sie als reiner Freizeitkletterer bei einer Bergwanderung abgerutscht und schweben frei, dann wird die Angst Sie überwältigen. Sind Sie aber Profikletterer, kennen Ihre Kompetenzen und wissen sich gut angeseilt, dann wird es Ihnen leichtfallen, die Angst zu beherrschen. Oder: Sollte Sie Ihr Chef auf einmal nicht mehr grüßen, dann wird das Maß der aufkeimenden Sorge entscheidend davon abhängen, wie Sie Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt einschätzen.

Kognitive Modulation

Selbst wenn sie durch real vorhandene angeborene Auslöser hervorgerufen werden – wie stark unsere Erbgefühle im Erleben wirklich werden, hängt von unserer Sichtweise, von unserer gedanklichen Interpretation und Bewertung der Situation ab. Diesen Vorgang der gedanklichen Beeinflussung wollen wir als kognitive Modulation unserer Erbgefühle bezeichnen. Vorstellbar sind verschiedene Situationen:

Varianten

• Wir können real begründete negative Erbgefühle abschwächen und unter Kontrolle halten.

• Wir können völlig unbegründete negative Gefühle erzeugen und in ihrer Bedeutung steigern.

• Wir können positive Gefühle von innen heraus quasi aus dem Nichts erzeugen – z.B. durch bewusstes positives Tagträumen.

• Wir können uns das Genießen von außen induzierter positiver Gefühle vermiesen (z.B. wenn wir während eines Essens in einem Sterne-Restaurant negative Erinnerungen zulassen).

Der am theoretischen Hintergrund interessierte Leser kann sich zu den Themen Konditionierung, Gewöhnung und kognitive Modulation im Exkurs I näher informieren.

Wenn das Denken eine so wichtige Rolle bei der Regulation unseres Befindens spielt, müssen wir uns mit Natur, Möglichkeiten und Grenzen von Denken und Erkenntnis genauer auseinandersetzen.

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