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Werner Skrentny

»Sim Leiser« – die Berliner Fußball-Legende Leiserowitsch

Es gibt Fußballer, deren Glanz, auch wenn sie längst vergessen sind, nach wie vor gegenwärtig ist – zumindest, wenn man alte Vereinschroniken durchblättert. Der HSVer Rudi Noack gehört dazu, genannt »der schwarze Zigeuner«, der im Zweiten Weltkrieg umgekommene Mittelstürmer August Klingler vom kleinen FV Daxlanden aus dem Badischen, und für Berlin Simon Leiserowitsch, gelegentlich schlicht »Sim Leiser« genannt.

Als Siegmund Kaznelson 1934 den Band »Juden im Deutschen Kulturbereich. Ein Sammelwerk« herausgab, waren darin zwar noch keine Sportler enthalten. In der Neuauflage von 1959 allerdings wurde dieses Kapitel von Willy Meisl und Felix Pinczower mit der ausdrücklichen Bemerkung nachgereicht, es seien ausschließlich jüdische Sportgrößen vor 1933 berücksichtigt. Als Fußballer gewürdigt wurden die Nationalspieler Gottfried Fuchs und Julius Hirsch, Hans Ringel, Alfred Bernstein (München) und später Goldmann und Vollweiler (Letzterer Ulmer FV 94) – und eben Simon Leiserowitsch.

»Der eleganteste Alleskönner, den ich je gesehen habe«, schwärmt Otto Wiese in der Chronik der 50-jährigen Tennis Borussia Berlin im Jahre 1952 von diesem Spieler. Und »Hanne« Sobek, Berliner Fußballidol von Hertha BSC, hielt damals fest: »Schon als kleiner Junge, der noch über die Zäune der Berliner Fußballplätze kletterte, nahm ich mir einen Borussen zum Vorbild. Es war Simon Leiserowitsch. Nicht nur sein spielerisches Können, auch seine moralischen Qualitäten haben mir damals sehr imponiert. Bis auf den heutigen Tag ist ›Sim‹ mein leuchtendes Vorbild geblieben.« Hans Bunke lobte ebenfalls 1952 »die Art Sim Leiserowitschs, herrliche Kopfbälle zu ›timen‹«.

Sportliches und gesellschaftliches Engagement für Tennis Borussia

Ein Mythos umgibt diesen Leiserowitsch, und auch die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen von TeBe im Jahr 2002 hat ihm ein Extra-Kapitel gewidmet. Dabei war der Fußballstar nur zeitweise Berliner, denn geboren wurde er am 18.8.1891 im Haus Blochmannstr. 10 (das nicht mehr existiert) in Dresden. Sein vollständiger Name lautet Joseph Simon Leiserowitsch. Die Familie, Vater Jacob Movschovitsch Jeduah Leiserowitsch (später trägt er den Vornamen Julius; von Beruf ist er Tabakschneider), Mutter Basse, die Geschwister Luise (geb. 1881), Leopold (geb. 1883) und Bertha (geb. 1886) waren um 1887 aufgrund der Pogrome in Minsk in Weißrussland in die Elbstadt geflüchtet. Es ist anzunehmen, dass Simon Leiserowitsch als Fußballer erst einmal beim SC Dresdenia 1898 in Dresden aktiv war, zumal er sich dort später in den 1920er Jahren als Funktionär betätigte.

1913 jedenfalls, er war mit 22 Jahren im besten Fußballalter, wechselte der Stürmer vom Berliner FC Hertha 1892 zu Tennis Borussia nach Niederschönhausen im Osten der Reichshauptstadt und stand schon bald in der Auswahl von Berlin-Brandenburg. Mitten im Krieg, am 16. November 1916, debütierte Leiserowitsch auf der für ihn ungewohnten Position des Linksverteidigers im Kronprinzen-Pokal gegen Norddeutschland (0:4). Wieder auf Rechtsaußen wie bei TeBe, gewann er 1918 mit Berlin-Brandenburg den Pokal und steuerte einen Treffer beim 6:2 im Halbfinale gegen Südostdeutschland bei. Auch bei den dramatischen Viertelfinals des Bundespokals 1919/20 sah man Leiserowitsch erneut in Aktion, diesmal als Mittelstürmer: Das Berliner Hinspiel gegen Südostdeutschland im Oktober 1919 wurde beim Stande von 6:5 in der Verlängerung wegen hereinbrechender Dunkelheit abgebrochen. Im Breslauer Rückspiel, dem letzten Auftreten von »Sim« in der Auswahl, ergab sich ein 3:4 n.V.

Ab 1921 fungierte Simon Leiserowitsch bei TeBe als Mittelläufer und stand bis in die Saison 1924/25 an der Cicerostraße und anderswo in der 1. Mannschaft der »Veilchen«. Dann gab es 1922 den Abstieg in die Kreisklasse und 1923 den Wiederaufstieg in die Oberliga, womit »Sim« die Laufbahn zumindest in der »Ersten« beschloss. Neben ihm spielte noch ein Leiserowitsch II als Läufer, das war sein Bruder Fritz (geb. 1898 in Dresden), 1922 bis 1925 Mitglied bei der ersten Garnitur der Lila-Weißen und für den Klub, nachdem er wegen einer Verletzung seine Laufbahn beenden musste, auch als Schiedsrichter aktiv.

Als der »Berliner Tennis-Club Borussia« am 19. Oktober 1924 Sportgeschichte schrieb und als erster deutscher Fußballverein nach dem 1. Weltkrieg in Frankreich beim Club Francaise Paris vor 15.000 Zuschauern auf der Buffalobahn antrat und 3:1 gewann, stand Leiserowitsch I zwar nicht im Team, schickte aber ein Telegramm. Die »Clubnachrichten«, Nr. 8/9 1924, berichteten von der Depesche von »Sim Leiser, dem alten Internationalen, der in begeisterten Worten den jungen Tennis-Borussen die Schwere und Verantwortung ihres Handelns vor Augen führte« und »vollen Beifall auslöste«.

Die Franzosen kamen am 19. November 1924 zum Rückspiel nach Berlin, ein Bankett im Spiegelsaal des Hotel Bristol bildete den Höhepunkt. »Kapellmeister Leiserowitsch hatte günstige Bedingungen erreicht«, liest man in den »Clubnachrichten« – gemeint war Simons älterer Bruder Leopold, in Berlin ein bekannter Konzertmeister und ebenfalls bei Tennis Borussia als Funktionär engagiert. Sogar DFB-Präsident Linnemann war beim Bankett Redner, der Reichstagsabgeordnete Ernst Lemmer (DDP, Deutsche Staatspartei, später CDU-Bundesminister) als Vereinsmitglied Gast. Es sprach Dr. Hirschowitz, dessen Name ebenso auf jüdische Vorfahren schließen lässt wie die anderer TeBe-Mitglieder: Ernst Salinger, ein Bankier und früherer Spieler, der die Mannschaft nach Rückkehr aus Paris im Bahnhof Friedrichstraße begrüßt hatte und 1926 verstarb; Karl Selig, Kaufmann; Adler, Kaufmann; Gustav Hirsch; Paul Baruch, Kaufmann; Siegwart Goldstein, Reisender; K. Lippmann, Bankier in Fa. R. Landauer Nachflg.; Hermann Katz, Bankier; Herbert Baruch; Israel Merel; Kurt Lewinsohn; Hugo Loewi; Georg Grünberg; Walter Goldfeld; Alfred Isaacsohn, Kaufmann; Georg Samuel, Kaufmann; Ludwig Rosenblatt. Außerdem Erich Seelig, der spätere Profibox-Champion, der Deutschland verlassen wird und in Paris und New York Weltklasseleute vor die Fäuste bekommt. Der Davidstern und ein hebräischer Schriftzug schmücken übrigens heute die Website des »Ostberliner Fankollektivs von TeBe« (www.scheunenviertel1902.de), denn: »Die Wurzeln von TeBe sind 1. im Osten und sind 2. jüdisch.«

Simon Leiserowitsch wirkt seit 1924 ebenso wie Bruder Fritz als Beisitzer im Spielausschuss von Tennis Borussia mit; der jüngere Bruder vertritt den Verein beim Berliner Verband. 1925 wird die Wahl bestätigt, man tagt im »Nordischen Hof«, »dem Treffpunkt aller Tennis-Borussen«, gegenüber dem Stettiner Bahnhof. In dem Jahr hat TeBe 150 Mitglieder, davon 40 fördernde Mitglieder, und weitere 100 jugendliche Aktive. Weil etliche Spieler wegen Sperren ausfallen, muss Leiserowitsch I beim 3:4 im Heimspiel gegen


Simon Leiserowitsch (2. von rechts) mit der Berliner Stadtauswahl 1920 in Hamburg.

»NNW« (Norden-Nordwest Berlin) noch einmal ’ran. »Leiserowitsch könnte bei regelmäßigem Training immer noch ein erstklassiger Mann sein. So aber fehlte es am Schluss dort, wo es meistens fehlt: an der Kraft und an der Lust!«, berichten die »Clubnachrichten«.

»Sim« ist weiterhin in der Klubfamilie präsent, fotografiert hat man ihn z.B. im Mommsen Stadion anlässlich der internationalen Partie gegen Car-diff City. Man trennt sich 3:3 von Hakoah Wien, das ausschließlich mit Spielern jüdischen Glaubens besetzt ist, und man hat ihn auf dem Preußen-Platz abgebildet, der Trainer des Teams mit Leiserowitsch ist Professor Nerz, später Reichstrainer und noch später für antisemitische Hetztiraden verantwortlich. In den so genannten »Goldenen Zwanzigern« stehen Simon Leiserowitsch und seine Brüder bei Tennis Borussia im Rampenlicht, denn der Verein inszeniert sich immer wieder eindrucksvoll auf gesellschaftlichem Parkett. Beim Bankett nach dem Spiel gegen die berühmten Corinthians aus London sitzen an den langen Tischen auch Boxmeister Kurt Prenzel samt Ehefrau Fern Andra, ein Stummfilmstar, die Chansonette Trude Hesterberg und der Schauspieler Hans Albers. Und Simon Leiserowitsch, so erinnern sich Zeitgenossen, beherrscht grandios den Krakowiak, einen polnischen Tanz im 2/4-Takt, der im Berliner Taumel gerade in Mode ist.

Als Kaufmann ist Leiserowitsch offensichtlich reichsweit unterwegs. Die Wohnung Badensche Str. 15 in Wilmersdorf, einem gutbürgerlichen Viertel, in dem nahe dem Kurfürstendamm viele Juden leben, hat er vermietet und residiert mit Bruder Fritz in Dresden-Altstadt, wo er 1927 als Kartonagenfabrikant registriert wird. Die Kartonagenfabriken sind ein wichtiger Zulieferer in der Zigarettenindustrie-Metropole an der Elbe, man ist um luxuriöse und fantasievolle Verpackungen für die Glimmstengel bemüht. Weitere Wohnsitze hat Simon Leiserowitsch im Bezirk Mitte und im Bezirk Prenzlauer Berg in Berlin, wo auch sein Vater und die Tante Luise leben; Simons Mutter ist 1917 verstorben und auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beerdigt worden. Der ältere Bruder Leopold lebt in der Güntzelstr. 55, gleichfalls in Wilmersdorf, das Haus hat er gemeinsam mit Vater Julius um 1918 gekauft. Auch in Hannover muss »Sim« beruflich zu tun gehabt haben, jedenfalls freut er sich beim Spiel Arminia gegen Tennis Borussia, »viele alte Freunde begrüßen zu können«. Ist er in Berlin, spielt er für die Alten Herren seines Vereins: »Eine große und vor allen Dingen recht willkommene Unterstützung bringt uns das Wiedererscheinen unseres lieben Sim, der immer noch der beste Vertreter unseres wichtigen Mittelläuferpostens ist. Durch sein prachtvolles Aufbauspiel bekommt der Sturm die notwendige Unterstützung« (»Clubnachrichten«).

Am 15. Oktober 1928 meldet die Nr. 10 derselben Zeitschrift, Simon Leiserowitsch sei aus der Fußball-Abteilung ausgetreten. In der Spielzeit 1927/28 hat er noch 27 von 32 AH-Begegnungen bestritten. Was der Grund für den Vereinsaustritt gewesen sein mag, wird man niemals erfahren. Danach engagiert er sich beim SC Dresdenia 1898 in der sächsischen Stadt als Funktionär. Wenn Sportgrößen an der Elbe sind, dann trifft sie Leiserowitsch, so den legendären Langläufer Paovo Nurmi, und Rudolf Harbig wird er auch gekannt haben.

Unstetes Privatleben und Emigration

Privat verläuft sein Leben eher unstet. Aus der Verbindung mit Margarete Doempke geht 1917 der nicht-eheliche Sohn Günter Simon hervor. Manfred, geboren 1921 in Dresden, ist das Kind der Ehe mit der Jüdin Herta Revy, die 1923 in Berlin geschieden wird. Im Jahr darauf heiratet Simon Leiserowitsch erneut, diesmal Waleska Schulmann in Dresden, deren jüdische Familie die »Xanthí Cigarettenfabrik A. Schulmann – Dresdner Hoflieferant« (A. steht für Aron) besitzt. Für »Xanthí« arbeitet der Ehemann als Vertreter oder auch als Zulieferer von Kartonagen. 1925 wird in Dresden Sohn Erich geboren. Bei den Schulmanns erfreut sich der Vater offensichtlich keiner großen Beliebtheit, denn 1927 wird auch diese Ehe auf Betreiben der Schwiegereltern geschieden.

Simon kehrt nun nach Berlin zurück, dort heiratet er 1931 Marta Martinu, die später zum jüdischen Glauben konvertiert und in der Folge den Vornamen Miriam trägt. Er arbeitet als Geschäftsführer im »Zentral-Hotel« Unter den Linden und im »Café Trautenau«, Nikolsburger Str. 1, das sein Bruder Leopold, der Konzertmeister, besitzt.


Ein Foto aus dem Familienalbum. Simon Leiserowitsch sitzt ganz rechts.

1933 wird Leiserowitsch noch einmal als Fußballer aktiv, genau am 7. Mai, im jüdischen Sportverein Bar Kochba-Hakoah Berlin, der gegen den Verein ehemaliger Schüler (VES) Berlin antritt, der sechs frühere Tennis-Borussia-Akteure aufbietet. Bei seinem letzten Auftritt auf einem deutschen Fußballfeld erzielt Simon Leiserowitsch zwei Tore. Noch im selben Jahr wandert er nach Palästina aus. Dort arbeitet der Emigrant als Trainer von Makkabi Tel Aviv und als Jugendbetreuer bei Hapoel Tel Aviv. Ein Foto aus jener Zeit zeigt ihn, wie er vor dicht gedrängten Rängen und unter Palmen in kurzen Hosen und Sporthemd eine Mannschaft junger Israelis aufs Feld führt. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse hat Leiserowitsch keine großen beruflichen Perspektiven, er findet Beschäftigung als Lagerarbeiter, mehr ist nicht bekannt. Nach dem Tod seiner Ehefrau Miriam im Jahr 1959 wohnt er bei einem Neffen. Simon Leiserowitsch stirbt am 11. November 1962 in Tel Aviv.

In Deutschland zurückgeblieben sind Leiserowitschs Vater, die vier Geschwister, zwei Ex-Frauen, die Mutter seines ersten Sohnes und zwei weitere Söhne. Waleska Schulmann, die zweite Gattin, zieht sich mit Sohn Erich Leiserowitsch in den kleinen sächsischen Ort Stenz bei Königsbrück zurück, wo sie eine Gärtnerei besitzt. Der junge Erich besucht für anderthalb Jahre die Jüdische Reform-Gemeinde-Schule in Berlin und wohnt bei Onkel Fritz Leiserowitsch, der für ihn zur Vaterfigur wird. Über Frankreich, Spanien und Portugal entkommen Mutter Waleska und Sohn Erich noch 1941 auf einem US-Frachter. Geschwister von Waleska, die in den USA leben, haben die Flucht ermöglicht. Beide amerikanisieren ihre Namen; die Mutter nennt sich nun Valesca Leiseroff, der Sohn Eric Leiseroff.

Eric Leiseroff tritt nach nur dreieinhalb Jahren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten der US-Army bei: »Es war für mich eine große Genugtuung, als junger Mann, der gerade 19 Jahre alt geworden war, nach Deutschland zurückzukehren und gegen die Nazis zu kämpfen.« Seine Lebensgeschichte hat er für das Buch »Liberation Day« erzählt.

»Grauenhafte Tage«

Der Corporal Leiseroff des 353rd Infantry Regiment der 89th Infantry Division der US-Army beginnt, in Deutschland nach den Angehörigen zu forschen. »Ich wurde in diesen Tagen bitter enttäuscht. Ich forschte nach meiner Familie und damit meine ich nicht Cousins vierten Grades. Ich meine Onkel, Großväter und Cousins ersten Grades und zweiten Grades. Aber überall, wohin ich ging, fand ich heraus, dass sie ermordet worden waren. Es waren grauenhafte Tage. Aus meinen Briefen nach Hause an meine Mutter sprach der Hass. Sehe ich mir heute die Briefe an und begegne diesem Hass, dann sage ich mir: ›Mein Gott, das bin nicht ich.‹«

Was der 20-jährige GI erfährt: Julius Leiserowitsch, der Vater von Simon und sein eigener Großvater, ist 1943 im KZ Theresienstadt umgekommen. Fritz Leiser (er hat den ursprünglichen Familiennamen verkürzt), ehemals Außenläufer und im Spielausschuss von TeBe, ist 1943 mit seiner Frau Amalia (geb. 1909) und Tochter Baschewa (geb. 1939), genannt »Schäfchen« bzw. »Schäfelein«, in Auschwitz ermordet worden. Für Ehefrau und Kind gilt das Todesdatum 7.3.1943, Fritz wird letztmals im August 1943 auf der Krankenstation gemeldet, dann verliert sich die Spur. Bertha, die Schwester von Simon, ist im Februar 1943 in Auschwitz vergast worden. Luise, die Schwester des Berliner Fußballstars, kam 1944 im KZ Theresienstadt ums Leben.

Die Flucht hat die Familie Leiserowitsch in viele Länder der Erde geführt. Miriam F. Leiseroff, Jahrgang 1944, nicht-eheliche Tochter von Simons erstem Sohn Günter (der als so genannter Halbjude Miriams Mutter Frieda in der NS-Zeit nicht heiraten darf), heiratet in die USA, tritt 1988 zum Judentum über und trägt seit 1998 in Anbetracht ihrer jüdischen Ursprünge den Nachnamen Leiseroff. Sie hat sich angeschickt, die Fäden der Familie wieder zusammenzuführen und war uns eine ausgezeichnete Informantin. »Es gelang mir, die Überlebenden der Leisero-witsch-Familie in verschiedenen Teilen der Welt zu finden«, sagt die Kali-fornierin.

Simon und Miriam Leiserowitsch überstehen die NS-Zeit wie geschildert in Palästina bzw. Israel. Simons Bruder Leopold, der Konzertmeister, hat die NS-Zeit im Versteck in Berlin überlebt. 1951 ist er in Berlin verstorben. Seine Tochter Ruth lebt heute in Italien. Simon Leiserowitschs zweiter Sohn, Manfred, wird vom zweiten Ehemann der Mutter, einem polnischen Katholiken, verborgen und mit der Mutter nach England gebracht, wo er sich Matthews nennt. Berthold, Sohn von Luise Rodmann, geb. Leiserowitsch (den Nachnamen Radmann musste man auf NS-Weisung ablegen, da er an einen »arischen« Beruf erinnere), emigriert nach Palästina. Er lebt anfangs bei seinem Onkel Simon Leiserowitsch, was darauf schließen lässt, dass dieser noch Kontakte zu den Geschwistern nach Berlin hatte. Nach dem Tod seiner Frau verbringt Simon den Lebensabend bei ihm. Siegmund, zweiter Sohn von Simons Schwester Luise, findet als »Staatenloser« mit Ehefrau Margot 1939 Asyl in Shanghai. Von China führt der Weg 1950 über Kanada nach Kalifornien, wo Sigi Rodman, wie er sich dort nennt, 1993 in Los Angeles verstirbt. Seine Frau Margot stirbt im Alter von 96 Jahren am 14.1.2003 in Las Vegas.

Und irgendwann schließt sich dann der Kreis zu den Fußball spielenden Leiserowitsch-Brüdern aus Berlin: Eric Leiseroffs Enkelin Emma nämlich, heute zwölf Jahre jung, spielt in den USA begeistert – Fußball!

Literatur

Berliner Tennis Club Borussia (Hrsg.): 50 Jahre Tennis Borussia. Berlin 1952.

Berliner Tennis Club Borussia (Hrsg.): Clubnachrichten vom Berliner Tennis-Club »Borussia« 1924-1928.

100 Jahre Tennis Borussia Berlin. Eine Chronik. Berlin 2002

Ticher, Mike: Jews and Football in Berlin, 1890-1933

Dank für Informationen an: Staatsbibliothek Berlin, Tennis Borussia Berlin, Jan Buschbom (Berlin), Eric Leiseroff (White Plains, USA), Miriam F. Leiseroff (San Jose, USA)

Das Buch »Liberation Day« ist nachzulesen als »A German/American Story« im Internet unter www.89infdivww2.org/ohrdurf/gram.htm. Im KZ Ohrdruf bei Gotha, einem Außenlager von Buchenwald, sah Eric Leiseroff die Verbrechen der Nazis mit eigenen Augen. Ohrdruf ist auch deshalb bekannt, weil dorthin die US-Generäle Eisenhower, Patton und Brad-ley kamen. Die Bilder gingen um die Welt.

Davidstern und Lederball

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