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Einwohnerdichte

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Zusätzlich zur Angabe und Bezeichnung der Bezugsfläche ist ein einheitlicher Dichtewert für die angestrebte internationale Vergleichbarkeit essentiell. Die gegenüber der Mehrzahl der Industrieländer zumeist sehr viel höheren Einwohnerdichten der „Dritte“ Welt-Metropolen (USA: Indien!) lassen die für eine Abgrenzung künftig zugrunde gelegte Untergrenze von 1000 E./km2 für einen globalen Vergleich wenig praktikabel erscheinen. Bei diesem Dichtequotienten würde die Bezugsfläche bei vielen von ihnen bis weit in das überwiegend agrarisch strukturierte Umland reichen. Die Megastädte Shanghai, Kolkata und Jakarta kämen auf mehr als 80 Mio. E. Der Schwellenwert sollte deshalb nicht unter 2000 E./km2 liegen.

Diese Untergrenze hat zur Folge, dass die beiden größten Ballungsgebiete Europas, die „Europäische Metropolregion Rhein-Ruhr“ und die „Randstadt Holland“ tatsächlich nicht als Metropolen bzw. Megastädte berücksichtigt werden können: Gemessen an ihren Dichtewerten von 1084 bzw. 1027 E./km2 würde die „Dhaka Metropolregion“ 147.570 km2 mit 160 Mio. Einwohnern umfassen, identisch mit dem Staat Bangladesh! (Kasten 7)

Die – im Hinblick auf den weltweiten Vergleich – „mehrfache“ Relevanz dieses so formal erscheinenden Kriteriums sei am Beispiel der USA erläutert: In der Fachliteratur wird das Land mit einem Anteil von über 80 % zu den höchsten verstädterten Gebieten der Erde gezählt. Tatsächlich verteilen sich die in den „Metropolitan Statistical Areas (MSAs)“ lebenden 232,6 Mio. „Stadtbewohner“ (Cenus 2000) auf knapp 2,5 Mio. km2, woraus sich eine Bevölkerungsdichte der „Metropolitangebiete“ von 93 (!) E./km2 errechnet. Im Vergleich dazu wären Zentral-, West- und Südeuropa – ganz zu schweigen von großen Teilen Indiens, Chinas, Japans oder Indonesiens – zu über 90 % „urbanisiert“. Im Falle der US-Megastädte und Metropolen wurde deshalb auf das Abgrenzungskonzept der „Urbanized Area“ zurückgegriffen (Tab. 19).

Vollends relativiert werden Aussagen wie „Metropolitanregionen sind heute die wichtigsten Wirtschaftsräume der USA. Sie erzeugen über 80 % des amerikanischen BIP …“ (Schneider-Sliwa 2005: 81) – bei einem tatsächlichen Bevölkerungsanteil von 82,7 % (2006) ist dies nichts Ungewöhnliches.

Allerdings: Die weltweit existenten außerordentlichen Unterschiede in der metropolitanen Siedlungsstruktur – Los Angeles: Kolkata! – bringen es mit sich, dass unser Dichtewert von 2000 E./km2 im Falle des nordamerikanischen (und australischen) Kulturkreises nur selten durchzuhalten ist.

Eine Reihe von Autoren lehnt daher Bevölkerungsdichtezahlen als Abgrenzungsmerkmal (auch) für metropolitane Gebiete ab – und das selbst innerhalb der alten Bundesländer (Nellner 1976; 1982; Paesler 1984 u.a.). Sicherlich sind die deshalb des Öfteren herangezogenen Geschossflächenzahlen als Indikator aussagekräftiger. die für ihre Berechnung erforderlichen Daten sind jedoch nicht weltweit verfügbar. Man wird sich daher trotz der Bedenken mit den „einfachen“ Dichtewerten begnügen müssen. Deshalb wurde, soweit möglich, eine metropolitane Fläche für die Berechnung zugrunde gelegt, die aus dem „Kerngebiet“ zusammen mit der „verstädterten Zone“ zusammengesetzten Metropolitanen Agglomeration (s.u. Abb. 19) einer „truebounded city“ im Sinne von Davis (1959: 6ff.) entspricht (s.u. Kasten 9)

Zusätzlich zu den drei genannten strukturellen (formalen) Kriterien sollte noch ein funktionales hinzukommen, nämlich ein Fortgeschrittener funktionaler Verflechtungsgrad.

Zumindest im quantitativ bestimmbaren Sinne ist dieses – erstmalig berücksichtigte (Bronger 2006: 17) – Kriterium unscharf und deshalb nur unter Vorbehalt anwendbar. In der Tat existiert, je nach erreichtem Entwicklungsstand, eine fast unüberschaubare Anzahl von Intensitätsstufen. Dafür seien (nur) drei Beispiele angeführt:

die Metropolitane Agglomeration Tokyo bildet auf Grund ihres hohen infrastrukturellen Entwicklungsstandes und, daraus resultierend, engen Verflechtung der einzelnen „Stadtteile“ ohne Zweifel eine funktionale Einheit.

für den Großraum Jakarta – Bandung hingegen ist dieses Kriterium auf Grund seiner bis heute vergleichsweise sehr geringen Verflechtungsintensität (noch) nicht erfüllt, obwohl sein Dichtewert den von Tokyo M. A. bereits deutlich übertrifft (14.207 km2 mit 48.001 Mio. E. – 2010; Dichte: 3379 E./km2). In 15 bis 20 Jahren, wenn Jakarta und Bandung demographisch wie funktional zusammengewachsen sein dürften, entsteht hier eine Megametropole von etwa 60 Millionen Einwohnern. Es wäre dann wahrscheinlich die größte Megastadt der Erde.

Eine Mittelstellung nimmt das südchinesische Perlflussdelta (mit Hong Kong) ein. Aufgrund seines stürmischen Wirtschaftswachstums und gleichzeitig infrastruktureller Entwicklung in den vergangenen 25 Jahren hat es hier Berücksichtigung gefunden. Mit seinen heute (Census 2010) 49,16 Mio. E. ist es derzeit die größte Megastadt der Erde (Kasten 6)

Die Einbeziehung dieses Parameters aber bedeutet, dass wir die polyzentrischen Ballungsräume mit in die Analyse einbeziehen sollten, wenn sie denn die Kriterien Größe, Dichte und fortgeschrittener funktionaler Verflechtungsgrad erfüllen. Bis dato sind dies noch Einzelfälle: Außer dem Perlflussdelta erfüllt gegenwärtig nur noch der Ballungsraum Osaka – Kobe – Kyoto alle vier Kriterien – dies sogar seit mehreren Jahrzehnten. Die Nichtberücksichtigung der o. g. größten europäischen Ballungsräume gilt erst Recht für die bereits 1961 von J. Gottmann in die Diskussion gebrachte Megalopolis. „Boswash“: Trotz ihrer über 50 Mio. E. bleibt ihr Dichtewert deutlich unter 500 E./km2. Dagegen dürfte das Städteband Shanghai – Suzhou – Wuxi in naher Zukunft mit zu berücksichtigen sein: Mit ca. 30 Mio. E. (2010), einer Einwohnerdichte von heute schon über 1.500 E./km2, sowie einem rasant wachsenden wirtschaftlichen und infrastrukturellen Entwicklungsstand wird es aller Voraussicht nach bereits zu Beginn des neuen Jahrzehnts zum Kreis der Megastädte gehören.

Tab. 3: Millionenstädte in Deutschland


Fazit: Erst bei Anwendung aller vier Parameter ist die Erfassung der Bevölkerungsgrößen – und damit auch die Rangfolge – der Metropolen der Gegenwart möglich. Naturgemäß sehr viel schwieriger (und problematischer) gestaltet sich dies für die Vergangenheit – tatsächlich potenzieren sich hier die Probleme. Das beginnt damit, dass für die Mehrzahl der heutigen Metropolen und Megastädte für die Zeit vor 1900 nur Schätzungen vorliegen. Dieser Problematik wollen wir uns im folgenden Kapitel zuwenden.

Hinsichtlich der Kennzeichnung und quantitativen Erfassung des Ausmaßes wie der Dynamik der demographischen Dominanz einer Metropole/Megastadt finden sich in der Literatur folgende Auffassungen:

Metropole/Megastadt als „Primate City“: Darunter wird seit Jefferson (1939) ihre demographische Stellung gegenüber den nächstgrößeren Städten des betreffenden Landes verstanden. Das Größenverhältnis wird als „Primacy Index“, die für die überwiegende Mehrheit der Entwicklungsländer so typische, aber erst in den letzten 40–50 Jahren verstärkt herausgebildete Dominanz der Metropole/Megastadt als „primate pattern of city-size distribution“ bezeichnet.

Metropole/Megastadt als demographische Primacy: Als solche wird demgegenüber der auf die zumeist einzige Metropole entfallende Anteil der Bevölkerung an der des gesamten Landes bezeichnet und als Metropolisierungsquote (MQ) gemessen (Bronger 1984). In der Stadtforschungs-Literatur wird die demographische Primacy irrtümlicherweise häufig mit der o. g. „primate pattern“ assoziiert. Eine solche inhaltliche Reduzierung des Begriffs „primacy“ findet sich sowohl in weit verbreiteten Lehrbüchern als auch in der Fachliteratur jüngeren Datums.

Zur demographischen Dimension des Metropolenbegriffs einschließlich der Bestimmung seiner Größe (Einwohnerzahl plus Dichte) muss an dieser Stelle ausdrücklich festgestellt werden, dass die genannten Abgrenzungskriterien nur ein Minimalkonsens sein können, aus dem sich in der Praxis noch immer zahlreiche Probleme ergeben, auf die später noch eingegangen wird.

Eine befriedigendere und wirklichkeitsnähere Raumabgrenzung der metropolitanen Bezugsregion vom „Umland“, die gleichzeitig die funktionale Dimension mit einbezieht, ist von der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR) 1995 erarbeitet worden: Neben der Fläche und Bevölkerung wird hier die Intensität der Pendlerverflechtung als Abgrenzungskriterium (auf Gemeindebasis) einbezogen (Kasten 8). Neben den drei polyzentrischen (mehrkernigen) Stadtregionen „Rhein-Ruhr“ (32 Kernstädte), „Rhein-Main“ (6) und „Rhein-Neckar“ (3) sind danach aus der Gesamtzahl von 62 „Stadtregionen“ mit einem Anteil von 70 % an der Gesamtbevölkerung sechs monozentrische „Stadtregionen“ als „Metropolen“ zu klassifizieren: Außer Berlin, Hamburg und München sind dies noch Köln, Frankfurt und Stuttgart, deren Kerngebiete bereits über 500.000 Einw. zählen und die gleichzeitig das Dichtekriterium (fast) erfüllen (Tab. 3).

Kasten 6 „Wer hat die größte Stadt in seinem Land?“

Die Frage ist fast so alt wie die Geschichte selbst. Sicher ist, dass eine politische und wirtschaftliche Hegemonialstellung, insbesondere in den Fällen, bei denen die Bildung eines bevölkerungsreichen Großreiches mit ihr einherging, stets „Megastädte“ hervorgebracht hat. Babylon und Rom sind Belege für diese These ebenso wie Pataliputra und Chang’an, später Beijing für den indischen bzw. chinesischen Kulturkreis.

Die größte Stadt der Erde des vergangenen Jahrhunderts hervorzubringen war Japan vorbehalten. Das Land war selbst zwar nur bedingt eine politische und wirtschaftliche Großmacht, aber aufgrund seiner zentralistischen Struktur mit (nur) einer Primate City ausgestattet. Folgerichtig blieb Tokyo als Hauptstadt der zweitgrößten Wirtschaftsmacht für fast das gesamte 20. Jahrhundert die größte Stadt der Erde und darüber hinaus, wie New York, eine Global City von Weltgeltung (s.u. These 10).

Seit Ende des abgelaufenen Jahrhunderts hat der Ballungsraum Perlflussdelta Tokyo als die größte Stadt der Erde abgelöst (s. Tab.1 u. 4) – eine Bezugsfläche von ähnlicher Größe für die Metropolitane Agglomeration (M. A.) macht den unmittelbaren Vergleich der beiden größten Städte möglich. 20 Jahre zuvor (1990) hatte die Einwohnerzahl Tokyo noch um 13,5 Millionen höher gelegen; im Jahre 1980 war Tokyo noch mehr als doppelt so groß. Heute (2010) liegt die Bevölkerungszahl um 40 % über der der Tokyo M. A. (s. Tab. 19). Dieser Befund bedarf einer Erklärung.

Tab. 4: Welche ist die größte Stadt der Erde? Tokyo/Perlflussdelta: Demographische Entwicklung 1980–2010


Sowohl seine demographische Größe als auch seinen respektablen Entwicklungsstand verdankt der Ballungsraum in besonderem Maße der massenhaften Zuwanderung der Migranten aus den wirtschaftlich stark zurückgebliebenen West- und Zentralprovinzen des Reiches der Mitte. Im Jahre 2010 lag die Anzahl registrierten Migranten im Perlflussdelta bei über der Hälfte der Gesamtbevölkerung (Tab. 5); das Millionenheer der illegalen Migranten ist dabei nicht berücksichtigt.

Allerdings: In ihrer Siedlungs- wie funktionalen Struktur existieren bis heute grundlegende Unterschiede zwischen Tokyo und dem Perlflussdelta: Die Megastadt Tokyo ist bis heute in beider Hinsicht ein monozentrisches Gebilde geblieben. Der (heutige) Ballungsraum Perlflussdelta war, ebenfalls in beider Hinsicht, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Hong Kong und Guanzhou bipolar angelegt. Heute präsentiert sich der Ballungsraum als eine zwar polyzentrische, aber sowohl hochverdichtete, als auch funktional eng verflochtene Region, die im Realeinkommen pro Kopf Taiwan und Südkorea eingeholt hat. Tendenz: (stark) steigend.

Auch in seiner globalen Bedeutung hat der Ballungsraum stark aufgeholt: Seit 2009 ist er in die erste Kategorie der Global Cities aufgestiegen: inzwischen rangiert er auf Platz vier, hinter New York, Tokyo und Paris, aber vor London (s. Tab. 60). Im Flugverkehr sowohl Passagiere als auch Fracht, sowie im Hafenumschlag nimmt das Perlflussdelta inzwischen den ersten Platz unter den Global Cities unserer Erde ein (näheres These 10).

Tab 5: Wachstum der registrierten Migrantenbevölkerung in Beijing, Shanghai und im Perlflussdelta 1982–2010 (Angaben in Tsd.)


Leider ist dieses Modell aufgrund der Datenlage nicht weltweit umsetzbar. Bereits für Deutschland erwies sich die Beschaffung einer Pendlerstatistik der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (die im Übrigen erst seit Anfang der 1990er-Jahre existiert!) „mehr als schwierig“ (Göddecke-Stellmann/Kuhlmann 2000:1).

Ohne Zweifel stellt die demographische Dominanz einer Metropole, noch dazu bei ihrer für die „Dritte“-Welt-Länder so charakteristischen Dynamik ein ganz wesentliches Raumstrukturelement gerade dieser Länder dar. Die bloße Bevölkerungszahl kann jedoch nicht das einzige Kriterium für die metropolitane Bedeutung einer Stadt sein. Im Hinblick auf die Entwicklungsperspektiven der „Dritte“-Welt-Länder ist die gegenüber der demographischen Primacy noch ungleich ausgeprägtere funktionale Dominanz der Metropolen noch gravierender. Mit dieser als funktionale Primacy bezeichneten hegemonialen Stellung wird die Konzentration sowohl der politischen und administrativen (Hauptstadtfunktion) als auch der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aktivitäten, kurz sämtlicher wichtiger Daseinsfunktionen in der (mit Ausnahme der Subkontinentalstaaten) zumeist einzigen Metropole verstanden.

Die so definierte „funktionale Primacy“ ist somit durch zwei Hauptmerkmale gekennzeichnet (Bronger 1984: 148f.):

1. die Überzentralisierung, besser Überkonzentration der wichtigsten Funktionen – hier als Primacy Indices bezeichnet – in nahezu allen Lebensbereichen;

2. wird die bereits besonders hohe Bevölkerungskonzentration von den Werten der Indices aller übrigen Bereiche, d.h. des ökonomischen (naturgemäß mit Ausnahme des primären Sektors), sozialen, kulturellen und politisch-administrativen Sektors weit übertroffen.

Das Verhältnis zwischen dem betreffenden Primacy-Index (P. I.) und dem demographischen Primacy-Index (M. Q.) wollen wir die Primacy Ratio (P. R.) oder die reale Primacy nennen. Es gilt demnach: P. R. = P. I.: M. Q. Das Axiom P. I. > M. Q. bzw. P. R. > 1 ist als das entscheidende Merkmal der metropolitanen Primacy anzusehen.

Bei der vergleichenden Gegenüberstellung der beiden „Dritte“-Welt-Metropolen Shanghai und Mumbai mit Paris wird offenkundig, dass die „Primacy Ratio“ bei den ersteren in fast allen Lebensbereichen gegenüber Paris sehr viel stärker ausgeprägt ist (Bronger 1989: Tab. 2). So beläuft sich beim Indikator „Telefonanschlüsse“ die Primacy Ratio (P. R.) von Mumbai auf 6:1, bei Shanghai auf 4,4:1 (bzw. für die Metropolitane Region auf 3,1:1), während sie im Falle der Metropolitanen Region Paris nur einen P. R.-Wert von 1,1 aufweist, mithin nur knapp über dem Landesdurchschnitt liegt. Bei der Mehrzahl der übrigen Indikatoren ergibt sich ein ähnliches Bild.

Kasten 7 Los Angeles – Rhein-Ruhr: Zwei Megastädte?

Die Einbeziehung der „Großmetropole Los Angeles“ auf der einen und die Nichtberücksichtigung der „Stadtregion Rhein-Ruhr“ als größter städtischer Agglomeration Europas, ist in der Tat diskutabel.

Zweifellos ist die strukturelle wie funktionale Abgrenzung von El Pueblo de la Reina de Los Angeles besonders problematisch. Das traditionelle Urteil über den immer noch nach allen Seiten wuchernden Siedlungspilz L. A. gipfelt in dem Spruch: „Hunderte Vororte auf der Suche nach einer Stadt“. Dennoch verfügt L. A. entgegen diesen geläufigen Vorurteilen über ein eigenes Stadtzentrum, das nicht nur in seiner Größe, sondern auch in seiner funktionalen Bedeutung die übrigen Zentren der metropolitanen Agglomeration, wie Long Beach, Anaheim, Sta. Ana, Pasadena usw., klar dominiert und sich von den polyzentrisch angelegten und deshalb als „Ballungsräume“ zu bezeichnenden Gebilden, wie z.B. von „Rhein-Ruhr“ oder das „Ruhrgebiet“, eindeutig unterscheidet. Das Argument der extremen politischen Zersplitterung der Metropolitanen Agglomeration L. A. in mehr als 250 „cities“, „towns“ und „villages“ trifft auf die Rhein-Ruhr-Region im Prinzip ebenso zu. Und nicht nur das: Ihr „Kerngebiet“, das Ruhrgebiet (2000: 4434 km2 mit 5,44 Mio. Einw.) verfügt sogar über keinerlei zentrale Verwaltung, sondern wird von außen (Münster, Arnsberg, Düsseldorf) regiert. Ein Vergleich der demographischen Daten der beiden Regionen bestätigt obige Entscheidung (Tab. 6):

Die demographische Dominanz der „City of Los Angeles“ ist erdrückend eindeutig: eine mehr als 8-fache Einwohnerzahl gegenüber der nächstgrößeren Stadt (Long Beach) und fast so groß wie die nächsten 22 „cities“ mit mehr als 100.000 Einw. zusammengenommen. Köln dagegen weist gerade einmal die 1,6-fache Bevölkerungszahl wie Essen, der nächstgrößten Stadt, auf.

Für eine im internationalen Vergleich sinnvolle Abgrenzung der Großmetropole Los Angeles wird man die „L. A.-CMSA“ der Wirklichkeit entsprechend eingrenzen müssen, d.h. die ausgedehnten, bis an die Grenze zu Arizona reichenden, Wüstenareale unberücksichtigt lassen und Teile der beiden counties LA und Orange als M. A. ausweisen (zur funktionalen Dimension s. Kap. 7.4 u. Tab. 42).

Tab. 6: Siedlungsstruktur Los Angeles – Rhein-Ruhr


Kasten 8 Wie viele Millionenstädte hat Deutschland?

„Wie stark geographische Betrachtungsweisen und die scheinbar so gesicherten quantitativen Angaben der Statistik auseinander klaffen, sei an einigen wenigen Beispielen aus dem deutschen Raum erläutert. München hatte Mitte 1978 1.293.000 Einw., Stuttgart dagegen nur 584.000, also weniger als die Hälfte. Diese Vorstellung dürfte weithin in der deutschen Bevölkerung verankert sein. Sie wird aber bestimmt durch den Verlauf der Verwaltungsgrenzen und die Ausdehnung der administrativen Stadtfläche: München 311 km2, Stuttgart 207 km2. Schlägt man aber um das Stadtzentrum von München einen Kreis von 25 km Radius und tut das Gleiche bei Stuttgart, dann ergibt sich, dass auf einer gleich großen Flächeneinheit (1963,5 km2) im Raum München heute rund 1,80 Mio. Menschen leben, im Raum Stuttgart aber 1,86 Mio. Entsprechend dürfte auch die wirtschaftliche Potenz, das Bruttosozialprodukt usw. im Stuttgarter Raum eher etwas höher sein. Die Statistik verschweigt dabei völlig die bekannte Tatsache, dass München als Solitärstadt nur von einem engen Kranz von kleineren „Schlafstädten“ umgeben ist, während in enger Nachbarschaft von Stuttgart ein dichter Kranz von industriereichen Mittelstädten zwischen 20.000 und 100.000 Einwohnern liegt, der aber ganz auf das baden-württembergische Landeszentrum konzentriert ist – kaum anders, als dies bei München für Bayern der Fall ist. In solchen Fällen besteht also eine große Lücke bei rein statistischen Informationen, die durch geographische Hinweise kommentiert werden muss … Oder denken wir an Brüssel, das als Gemeinde nur 152.700 Einw., als Agglomeration aber weit über 1.000.000 Einw. hat, wobei diese Tatsache die geographisch weitaus wichtigere sein dürfte“ (Thauer 1980: 194).

Wie nachfolgende Untersuchung nachweist, erscheint Stuttgart tatsächlich größer als München – allerdings gilt dies nur für die Metropolitane Region (s. Tab. 3).

In Ergänzung und Weiterentwicklung des Boustedt’schen Stadtregionenmodells sind in dem BfLR-Modell die Indikatoren „Tagesbevölkerungsdichte“ (Tagesbevölkerung = Bevölkerung – Auspendler + Einpendler) sowie „Einpendler-Auspendler-Relation“ herangezogen worden. D. h., mit der Kombination eines Dichte- und eines Struktur- und gleichzeitig Verflechtungs- (= funktionalen) Indikators sollen Verzerrungen bei einem der beiden Merkmale ausgeglichen werden (Göddecke-Stellmann/Kuhlmann 2000: 2). Für die Untersuchung wurden konkret folgende Indikatoren herangezogen:

Kriterien zur (Neu-)Abgrenzung der Stadtregionen (Stand Modell 2000):

Datenbasis: Pendlerstatistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf Verbandsgemeindeebene (6/1996)

Kernstadt: 80.000 oder mehr Einwohner (Bezugsjahr 1996)

Kerngebiet:

1. Tagesbevölkerungsdichte > 500 Einw. je km2

2. Einpendler-Auspendler-Relation > 1 (Einpendlerüberschuss) und mind. 50 % Auspendler in eine Kernstadt

3. flächenmäßiger Zusammenhang

engerer Einzugsbereich:

mind. 50 % der Auspendler pendeln in das Kerngebiet von Stadtregionen

weiterer Einzugsbereich:

25 % bis unter 50 % der Auspendler pendeln in das Kerngebiet von Stadtregionen

Zuordnung zu einzelnen Stadtregionen:

Zuordnung erfolgt aufgrund der stärksten Verflechtung mit einem stadtregionalen Kernbereich

Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind nach diesem Abgrenzungsmodell und dem zusätzlichen Dichtekriterium von 2000 Einw./km2 von den 62 Stadtregionen 5 als „Metropolen“ (in der Untersuchung als „Kerngebiet“ bezeichnet) zu klassifizieren (die Boustedt’schen Bezeichnungen wurden beibehalten: s. Tab. 3).

Es sei hier aber abschließend ausdrücklich betont, dass die demographische Primacy und die funktionale Primacy einer Metropole, schon weil sie sich kausal gegenseitig bedingen (s. a. „Pull“-Faktor), zusammen als das bestimmende, integrale Merkmal der Phänomene „Metropole“ und „Metropolisierung“ anzusehen sind.

Metropolen, Megastädte, Global Cities

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