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Vorwort
ОглавлениеAls Nachwort gibt das Vorwort dem Verfasser letztmals die Gelegenheit, das vorliegende Ergebnis zu reflektieren. Dieses Buch über die Metropolen und Megastädte unserer Zeit beinhaltet im Wesentlichen (leider nur) eine Zustandsbeschreibung: Der Darstellungszeitraum bezieht sich in erster Linie auf das 20. Jh., primär sogar auf dessen zweite Hälfte. Dabei ist die Analyse fokussiert auf die Unterschiede zwischen den Metropolen der „Ersten“ Welt und denen der „Dritten“ Welt – die Frage ist hier bereits, ob wir bei Letzterer nicht wirklichkeitsnäher von „Zweiter“ bis „Vierter“ oder gar „Fünfter“ Welt sprechen sollten.
Dieser Blickwinkel, und jeder Autor hat mehr oder weniger „seinen“ Blickwinkel, lässt bedeutende Aspekte der historischen Dimension außer Acht: Waren die Zustände der heutigen „Dritten“ oder gar „Vierten“ Welt, die wir mit Armut, Wohnungselend gepaart mit mangelhafter Hygiene in Bombay oder Calcutta, Lagos oder Kinshasa gedanklich assoziieren (und medienwirksam anprangern), bei uns, den Metropolen der „Ersten“ Welt, niemals Realität?
In erster Linie war es die Industrialisierung, die die Wohnsituation in den großen Städten dramatisch verschärfte: „Während es im 16. Jahrhundert in vielen englischen Städten strafbar war, Abfälle auf die Straße zu werfen, wurde dies in den Städten der industriellen Frühzeit üblich. Der Unrat blieb dort liegen, so übel und dreckig er auch sein mochte, bis die Haufen irgend jemand dazu veranlassten, sie als Dünger wegzuschaffen … Die unbeschreiblich widerwärtigen Aborte lagen gewöhnlich im Keller … Es herrschte bitterer Mangel an Toiletten. Der ‚Bericht über den Zustand großer Städte und dicht bevölkerter Bezirke‘ von 1845 stellt fest, dass ‚in einem Teil von Manchester den Bedürfnissen von über 7000 Menschen nur 33 Aborte dienten – also eine Toilette für jeweils 212 Menschen’“ (Mumford 1961: 462). Ob sich hierin Manchester von dem seinerzeit gleich großen Calcutta – mit je 350.000 Einw. zählten beide zu den seinerzeit 20 größten Städten der Erde – wirklich unterschied?
Hier gibt es in der vergleichenden (Groß-)Stadtforschung künftig noch viel zu tun.
Unter der Prämisse, dass Theorie und Empirie in der Forschung interdependent sind, ist es sicherlich ein Schwachpunkt der Theorieforschung, dass sie ihre Hypothesen leider nur sehr selten empirisch in den Ländern selbst überprüft hat. Beispiel: Die sozialökonomische Polarisierung der Megastadtbevölkerung „in Wohlstandsenklaven einerseits und sich rasant vergrößernde Armutsinseln andererseits“ (aus: „Internationale Konferenz Megacities III“, Bonn 24. – 26. Nov. 2003) trifft für viele Megastädte der „Dritten“ Welt, insbesondere der „Vierten“ Welt, zweifellos zu. Im internationalen Kontext ist die These jedoch sehr in Zweifel zu ziehen, denn „Armut“ in der South Bronx/New York oder East Compton/Los Angeles hat eine völlig andere Dimension als „Armut“ in großen Teilen Bombays. Eine weltweite Gültigkeit, wie in dem o. g. Text suggeriert, ist geradezu abwegig. Die Megastadt gibt es ebenso wenig wie es die „Eine Welt“ gibt (wir sollten sie als solche begreifen – Stichwort „Ozonloch“ usw. – bis heute ist sie jedoch, immer noch, eine Utopie). Die Ursache vieler Forschungsdefizite liegt in der einfachen Tatsache begründet, das handfeste Belege: Kriterien, Daten, Zeitreihen für solche Aussagen selten geliefert werden. Deshalb erschien es mir als eine Verpflichtung, nicht nur die wichtigsten Begriffsdefinitionen zu liefern, sondern die gemachten Aussagen auch quantitativ zu belegen. Das erklärt die größere Zahl der oft sehr arbeitsreichen Tabellen und Abbildungen, von denen Erstere als Dokumentation im Anhang zusammengefasst sind.
Die Beschaffung des umfangreichen Datenmaterials wäre in der vorliegenden Form ohne die Hilfe einer Reihe von Kollegen nicht möglich gewesen. Für Seoul, seit Ende der 80er Jahre die zweitgrößte Stadt der Erde, war Prof. E. Dege mit Daten und Anregungen sehr behilflich – tatsächlich stammt ein großer Teil der Abbildungen und Fotos aus seiner Datenbank. Für Rio de Janeiro stellte Martin Pöhler und für Bombay Johannes Wamser wichtiges Material zur Verfügung; Frau Karina Wang half mit zusätzlichem Bildmaterial aus Chicago. Ihnen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.
Nicht zuletzt möchte ich meinem Mitarbeiter Roland Scheebaum für die Gestaltung des Textes sowie etlicher Abbildungen (Diagramme) und den Kartographen des Geographischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum, Herrn Ralf Wieland und Frau Silvia Steinert, für die Hilfe bei der Erstellung der Karten meinen ganz besonderen Dank sagen.
Ich widme dieses Buch in tiefer Dankbarkeit meiner lieben Frau Dörte und meinen Kindern Birte, Boris und Björn.
Bochum, im November 2003
Dirk Bronger