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[4] Auf gute Freunde

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Am nächsten Tag war ich ein wenig verwirrt. Zwar hatte es mich gefreut sie wiederzusehen, doch konnte ich trotz all der Zeichen (welche ich zu der Zeit nicht erkannte), nicht wirklich sagen wohin die Reise gehen würde. Ich war zunächst davon überzeugt wir würden verdammt gute Freunde werden, auch wenn es noch so seltsam und paradox klingen mag.

Ich war mir gar nicht darüber im Klaren, ob sie überhaupt zu mir passte, ob ich mich mit ihrer aufgekratzten Art, ihrer Begeisterung für den Vampirismus, für Reitsport, Edelsteine und das Lesen arrangieren könnte. Ich fühlte mich überfordert und war vorerst der Meinung nicht in ihre Welt zu passen. Doch sollten unterschiedliche Interessen derartig hinderlich sein?

Es war Samstagabend, zusammen mit Katie und ihrem Kollegen Ralf glühten wir für den zweiten Kirmesabend vor. Ich kippte den Jägermeister in die Gläser und griff nach der Cola-Flasche. Ralf lag mit Katie auf dem Sofa und als ich die Flasche öffnete, drückte er ihr passend mit dem Zischen der Flasche auf die Brust. Die gute Stimmung war eingeläutet, ich füllte die Gläser und wir begannen zu trinken. Laute Musik mit drückenden Bässen rundete das Ganze ab.

Zwischen 8 und 9 Uhr machten wir uns auf den Weg. Wir waren mittlerweile gut gefüllt und torkelten schon fast durch die Straßen. Natürlich hatten wir genug Bier im Gepäck und auf dem Weg wollte jemand seine noch geschlossene Flasche Roten loswerden, die wir ihm abkauften.

Am Platz angekommen schlachteten wir die letzten Getränke, da wir damit nicht in den Biergarten des Zeltes durften. Dort trafen wir einige ehemalige Freunde wieder. Ich war auf einige nicht gut zu sprechen, doch aufgrund meines Alkoholpegels machte ich eine gute Miene zum bösen Spiel.

Mit der Zeit bemerkte ich, dass ich ziemlich gut am Limit war und hörte mit dem Trinken auf, doch als ich bemerkte, dass ich mein Portemonnaie verloren hatte, stand ich ziemlich unter Stress, so dass der Alkohol sein volles Potential entfalten konnte. Folglich wollte ich doch gerne nach Hause und Ralf stütze mich beim Laufen. Blöderweise ließ er mich dann aber fallen und ich prallte mit dem Hinterkopf auf dem harten Pflaster auf, was trotz der lauten Musik mit einem ordentlichen Bums zu hören war. Etwa eine Minute lang war ich bewusstlos, wonach ich schwere Mühen hatte mich wach zu halten. Nach dem Aufprall erst war mir wirklich schlecht und ich übergab mich ausgiebig auf dem Parkplatz, so dass dieser ein nettes neues Pflaster bekam. Eine Freundin von Katie und mir rief ihre Mutter an, sie solle mich doch bitte nach Hause fahren.

In meiner Wohnung angekommen kümmerten die beiden sich liebevoll um mich, vor allem Katie rechnete ich das hoch an. Wir hatten schon einiges miteinander durchgemacht, aber noch nie hatte sie einen Absturz von mir miterlebt. Auf eine seltsame Weise stärkte dies unsere Freundschaft, denn auch wenn ich es zuvor wusste, hatte sie mir damit bewiesen, dass ich ihr blind vertrauen konnte.

Auch am Sonntag noch suchte ich nach der verlorenen Brieftasche. Katie half mir teils dabei und Ralf hingegen lachte mich aus, wobei ich zugeben muss, dass ich selbst über so viel Blödheit lachen musste, vor allem wie ich jammernd an der Wand stand; ich hätte selber auch gelacht. Nach einigen Facebook-Posts, sowie nach der Befragung des Sicherheits-personals auf dem Kirmesplatz gab ich es eigentlich schon auf weiter zu suchen.

Am Montag hingegen bat meine Mutter mich nach der Schule ihr ihren Fächer ins Festzelt zu bringen, was mich dazu trieb mich noch einmal zu erkundigen, immerhin hätte der Finder oder auch Dieb mit den persönlichen Dokumenten nichts anfangen können. Mittlerweile musste ich sie für gutes Geld wiederbeschaffen. Während ich sowohl auf dem Platz als auch im Zelt noch herumlief, traf ich dort auf Kai, welcher mir etwas mittteilte, was mir zunächst absurd erschien, da ich es vorerst falsch verstanden hatte. Er kam nun also zu mir und sagte mir, Kathrin sei in mich verliebt. Es fiel mir schwer diese Aussage richtig aufzufassen, denn dort gab es gleich zwei Gegenargumente: Einerseits wusste ich, dass meine beste Freundin Kathrin bzw. Katie, mit welcher ich schon seit Jahren befreundet war, erstens zu dieser Zeit in Ralf verknallt war, zweitens waren wir mittlerweile so lange befreundet, dass eine Beziehung gar nicht mehr in Frage käme, andererseits erinnerte ich mich an das, was Vanessa mir sagte, nämlich dass die Kathrin, welche ich nach langer Zeit wieder traf, lesbisch sei. Letzteres Argument sah ich als gewichtiger an, nachdem ich es erst später überhaupt in Erwägung gezogen hatte.

Ich ging nun also zu Katie und sprach sie darauf an. Wie zu erwarten stritt sie dies ab und verstand es genauso wenig wie ich, somit käme doch eigentlich nur noch Kathrin E. in Frage, doch darauf kam ich schon gar nicht mehr. Wie gesagt, irgendwie schien eine innere Instanz von mir zu versuchen mich daran zu hindern, dass ich ernsthafte Gefühle für sie entwickelte, vielleicht hatte ich einfach Angst davor.

Katie und ich suchten in Folge dessen Kai auf, um ihn auf das, wohlbemerkt von mir selbst induzierte, Missverständnis anzusprechen. Erneute Ironie des Schicksals – er klärte uns auf, indem er mir erzählte, dass er Kathrin E. gemeint hatte. Man mag es kaum glauben, wenn man es nun als Außenstehender betrachtet oder auch ich selbst im Nachhinein, doch ich war allen Ernstes überrascht aber auch irgendwie verunsichert. Wir hatten uns gerade erst wiedergefunden und aus meiner Erfahrung heraus wollte ich nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen, sondern erst einmal abwarten was passieren würde. Ich wollte nicht erneut den Fehler machen mich in eine Beziehung zu stürzen ohne zu wissen, ob es Sinn machen würde. Dies sollte aber kein automatische „Nein“ bedeuten, sondern vielmehr ein „vielleicht“.

Es tat mir auch leid, dass er ihr dies mitteilen sollte, doch interessiert hatte es mich allemal. Ich verschwieg ihm jedoch, dass sie vom Äußerlichen her gar nicht mein Typ war. Das mag jetzt oberflächlich klingen, aber ich denke jeder von uns hat eine Idealvorstellung, welcher man möglichst nah kommen möchte. Vor allem wenn man wie ich die meiste Zeit Single gewesen ist und Beziehungen bisher nicht lang gehalten hatten, manifestiert sich dieses Bild von Perfektion, was zunächst moralisch verwerflich erscheint, aber meines Erachtens im Grunde einfach nur menschlich ist. Einerseits wollte ich nicht mehr alleine sein, aber andererseits sollte sie nicht als mein Notnagel herhalten. Ich dachte an jenem Abend, das Problem habe sich gelöst, als ich sie traf, doch nun würde ich mir zumindest die Zeit nehmen müssen das Ganze auf mich zukommen zu lassen.

Präluzid

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