Читать книгу Die Katholizität der Kirche - Dominik Schultheis - Страница 14
2.2Die Heilsfülle der Kirche in der Pleroma-Theologie
ОглавлениеAusgefaltet wird der Gedanke von der Universalität der Kirche in der deuteropaulinischen πλήϱωμα-Theologie.21 Kolosser- und Epheserbrief bedienen sich des umgangssprachlichen Begriffs πλήϱωμα und verleihen ihm eine soteriologischekklesiologische Bedeutung. Damit wird der Gedanke vom universalen Heilsauftrag der Kirche auf ihre umfassende Heilsfülle ausgeweitet.
Auch wenn sich die jüngere Exegese schwer tut, den in Kol 1,19 verwendeten Terminus πλήϱωμα eindeutig zuzuordnen22, dürfte unumstritten sein, dass Kol 1,15–20 den Kreuzestod Jesu als eine den ganzen Kosmos umspannende Versöhnungstat wertet, die der Kirche als dem „Leib Christi“ (vgl. 1 Kor 12,12–27) wiederum eine kosmische Dimension verleiht. Dadurch kann sowohl die paulinische Völkermission als geschichtliche Antizipation der eschatologischen Sammlung des Volkes Israels verstanden als auch die ἐκκλησία als Verwirklichung bzw. geschichtliche Konkretisierung des in Christus wohnenden Heils interpretiert werden: „Denn in ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes. Durch ihn seid auch ihr davon erfüllt; denn er ist das Haupt aller Mächte und Gewalten“ (Kol 2,9–10; vgl. Kol 1,24–2,5; Joh 1,14–16).
Der Epheserbrief weitet diese soteriologische Sicht der Kirche aus, wenn er dem universellen Heilsgeschehen in Christus eine ekklesiale Bedeutung beimisst. Eph 1,23 gibt dem Begriff πλήϱωμα einen ekklesiologischen Sinn: „Sie [die Kirche] ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht“ (Eph 1,23). Eph 4,13 beschreibt Ideal und Sendung einer im Innern und Äußeren gereiften Gemeinde, die den österlichen Christus abbildet, während Eph 2,14–17 das Erlösungswerk Christi als „Türöffner“ zum himmlischen Jerusalem versteht: Juden wie Heiden werden durch Christi Heilstat zu einem neuen Menschen gestaltet und erhalten „zusammen mit ihm einen Platz im Himmel“ (Eph 2,6) sowie – als „Hausgenossen Gottes“ einen direkten „Zugang zum Vater“ (Eph 2,18f).
Dieser nur äußerst knappe Einblick in die Pleroma-Theologie macht deutlich, wie die Katholizität – wenn auch nicht explizit, so doch implizit – bereits in frühchristlicher Zeit der ἐκκλησία zugeordnet wird:
„Die Kirche wird zum Raum der Heilsfülle (πλήϱωμα), durch den Christus als das Haupt über alles das All erfüllt […] [D]as ekklesiale Sosein [wird] zur bleibenden Aufgabe der geschichtlichen Kirche, die die ihr geschenkte Heilsfülle in erkennender Reflexion, sittlicher Erneuerung und missionarischer Bemühung je erst einholen muss“.23