Читать книгу Zügellos - Dominique Manotti - Страница 10
Dienstag, 25. Juli 1989
ОглавлениеKurz vor Mitternacht, schmale Mondsichel, Wolken, viel Wind, in den Ställen ist es dunkel, fast hundert Boxen im Karree um einen großen Hof zwischen Ebene und Wald. Die Bäume ächzen bei jeder Bö, die Gebäude knarren, die Pferde regen sich, hin und wieder ein Hufschlag. Auf einer der Karreeseiten haben die Stallburschen direkt über den Boxen ihre Zimmer. Zwei Fenster sind noch erleuchtet.
Den Zimmern gegenüber in einem dunklen Winkel eine leise Explosion, kaum mehr als ein Knallfrosch, ein Funkenregen, dann eine leuchtend gelbe Flamme, ein kleines Feuer züngelt am Eingang einer Box, breitet sich aus, klettert knisternd die Tür empor. Die Pferde werden unruhig. Bei den Stallburschen gehen ein paar Lichter an. Angstvolles Wiehern, Hufgetrampel, das Stroh in der Box steht in Flammen. Die Männer sind an den Fenstern, der Wind bläst in kurzen Böen.
Bis sie unten sind, hat das Feuer aufs Dach übergegriffen und frisst sich dröhnend von Box zu Box. Im Hof stürzen die halbnackten Männer zu den Boxentüren, um die Pferde zu befreien, die wahnsinnig vor Angst in den Wald galoppieren. Ein Stallbursche wird umgerissen und niedergetrampelt. Ein Pferd mit brennender Mähne rast panisch wiehernd gegen eine Wand und bricht mit zerschmettertem Schädel zusammen. In einem orangefarbenen Feuerwerk stürzt über dem Großteil des Stalls das Dach ein. Der Wind treibt mit dem Rauch auch den unerträglichen Gestank von verbranntem Fleisch und Fell vor sich her.
Durchnässt, verrußt, verzweifelt, halten die Männer jeden verfügbaren Wasserschlauch umklammert und besprengen das, was noch steht, damit das Feuer sich nicht weiter ausbreitet. Und die ganze Zeit der Wind.
Eine zweite Boxenreihe gerät gerade in Brand, als die Sirene der Feuerwehr ertönt. Deren Leute müssen zwei Pferdekadaver vom Zufahrtsweg räumen, bevor sie auf den Hof fahren und mit Löschschläuchen gegen das Feuer vorgehen können. Nach einstündigem Kampf sind die Flammen gelöscht, die Hälfte der Stallungen völlig zerstört, bloß noch ein Haufen verkohltes Holz und Asche, aus dem schwärzlicher Sud rinnt und vereinzelte Rauchfahnen aufsteigen. Ein Junge mit schwarz verschmiertem nacktem Oberkörper hockt niedergeschmettert neben einem verbrannten Pferdekadaver, dessen Kopf er schluchzend umschlungen hält.