Читать книгу Winterreise nach Alaska - Doris Wiedemann - Страница 15
Schmuddelwetter
ОглавлениеWir haben unsere Sachen im Zimmer in die vorhandenen Koffer und Taschen gepackt. Sjaak musste dann nur noch die zwei Kofferinnentaschen in die Zega-Boxen stellen sowie die Top-Box und seinen Tankrucksack auf dem Motorrad montieren. Ich fummle etwas länger mit meinen Taschen herum. Eigentlich würde ich lieber die rote Ortliebtasche nach unten packen, weil sie schwerer ist. Aber die gelbe Tasche ist größer und lässt sich auf dem runden, roten Sack nur schwer balancieren. Irgendwann erkenne ich, dass ich nicht ändern kann, was nicht zu ändern ist, und finde mich mit den Tatsachen ab.
Auf Teerstraßen ist es mir nicht so wichtig, ob der Schwerpunkt des Gepäcks etwas höher oder etwas tiefer liegt. Ich besitze genug Routine, um das zusätzliche Gewicht zu manövrieren. Außerdem ist die F 800 GS so handlich, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Der Stapel der vier Winterreifen auf der Fahrt von der Spedition zum Hotel und dann zur Post war auf alle Fälle sowohl schwerer als auch höher. Und bevor wir in die Kälte und damit in den Schnee kommen, werden wir unser Gepäck in Seattle sowieso noch einmal neu sortieren.
Momentan tragen wir beispielsweise längst noch nicht alle Klamotten, die wir dabei haben. Das Thermometer zeigt immerhin plus drei Grad Celsius an, und klettert im Laufe des Tages noch auf ganze sieben Grad Celsius. Insofern müsste die Thermo-Unterwäsche mit einem Pulli, sowie dem Motorradanzug mit Thermofutter reichen. Aber es regnet, und Feuchtigkeit ist in Kombination mit Kälte immer unangenehm. Außerdem wird der Motorradanzug nur dreckig, denke ich mir und ziehe die Regenkombi über.
Wir fahren auf die Interstate und bleiben dort bis zum Abend. Es regnet und nieselt fast den ganzen Tag. Wenn es einmal von oben trocken bleibt, dann ist immer noch genug Wasser auf der Straße, dass uns die anderen Verkehrsteilnehmer vollspritzen. Weil ich mich erst einmal an das Motorrad und den amerikanischen Straßenverkehr gewöhnen will, habe ich die Lenkerstulpen in meinen Alukoffern vergraben. Stattdessen freue ich mich während der Fahrt immer wieder über die Griffheizung meiner BMW, die meine Finger angenehm wärmt.
Sjaak bekommt unterwegs mein zweites Paar beheizbarer Handschuhe, weil sich seine so sehr mit Wasser vollgesogen haben, dass er sie auswringen kann. Im Feierabend-Verkehr umrunden wir weiträumig die amerikanische Hauptstadt Washington. Auf dem Highway hält sich der Verkehr glücklicherweise in Grenzen, und wir erreichen am frühen Abend ein Motel im Süden der amerikanischen Hauptstadt. Erst als wir unser Zimmer beziehen, erfahre ich, dass Sjaak bis auf die Haut nass ist. Er hat mir unterwegs kein Sterbenswörtchen davon gesagt. Wie er das ausgehalten hat, ist mir ein Rätsel. Ich wäre garantiert erfroren.
Wir sind uns nicht sicher, ob es ganz einfach daran liegt, dass der Anzug so groß ist und deshalb Wasser zwischen Jacke und Hose sowie am Hals eindringen konnte, oder ob es an einem Produktionsfehler liegt. Wir hatten beide keine Zeit mehr, unsere Kleidung vor der Abfahrt zu testen. Eventuell hat Sjaak einfach Pech gehabt und ein Montagsmodell erwischt.
Da ich meinen Regenkombi ein paar Nummern größer gewählt habe, werde ich beim nächsten Schlechtwettertag ausprobieren, ob meine BMW-Kombi dicht hält, indem ich Sjaak meinen Regenanzug gebe. Aber die Sonne macht uns am nächsten Tage erst einmal einen Strich durch die geplante Testfahrt. Sie lacht von einem strahlend blauen Himmel herab und leckt in Windeseile die dünne Eisschicht von den Sitzbänken unserer Motorräder.
Wenig später begrüßt uns der Bundesstaat Victoria mit frühlingshaften Temperaturen. Wir halten am Willkommens-Zentrum an. In diesen Informationsstellen hatte ich während meiner ersten Tour durch die USA immer Straßenkarten des jeweiligen Bundesstaates bekommen, die überraschend detailliert waren. Erfreut stelle ich fest, dass sie immer noch kostenlos verteilt werden – vielen Dank!
Für die grobe Orientierung hatte ich beim ADAC in Deutschland Übersichtskarten der USA besorgt. Wir werden wohl (leider!) die meiste Zeit auf großen Hauptstraßen unterwegs sein und brauchen deshalb keine Generalstabskarten. Aber in Virginia wollen wir Sjaaks Freund Rusty besuchen, und die Bundesstraße von Richmond nach Danville ist beispielsweise in der Ostküstenkarte des ADAC nicht eingezeichnet.