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I Januar 2010

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Sein Blick klammerte sich an den schwarzen Raben und die beiden Spatzen. „Bloß keine Tränen“, dachte Martin. Er fokussierte die Vögel, die Spatzen in dem kahlen Baum, den Raben unten auf dem Mauervorsprung. Die Spatzen wippten auf und ab, hielten Ausschau nach Nahrung. Unvermittelt flatterten sie davon, mit kleinen, flinken Flügelschlägen. Vielleicht befand sich hinter dem Friedhof ein Getreidefeld, mit keimender Wintersaat unter dem frischen Schnee. Der Rabe verharrte weiter regungslos. Die kleine Ansammlung von Menschen ganz in seiner Nähe schien ihn nicht im Geringsten zu beirren. Martin versuchte, nur an das Leben von Vögeln zu denken. An sonst nichts. Schon gar nicht an die reale Situation. Veränderungen waren ihm zuwider. Ob es Ellas Idee war auszuwandern oder anderes. Veränderungen jedweder Art. Und dazu gehörte auch der Tod von Eleonore Westerholt. Er kämpfte gegen die Tränen. Überwinterung, Paarung, Brut, Aufzucht. Es gelang ihm nicht. „Dein Wille geschehe“. Der Atem des Pfarrers stieß weiße Rauchwölkchen aus. Martin schniefte. In dem Moment erwachte der Rabe zu Leben. Mit seinen großen Schwingen stieg er in die Lüfte hoch. Er krächzte. „Rra Rra Rra“. Je weiter sich der Vogel aus Martins Blickfeld entfernte, umso stärker umfing die Wirklichkeit ihn wieder, hier, an der gefrorenen Endstation eines Menschenlebens.

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