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II.Entwicklungslinien bis zum 20. Jahrhundert

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Einen Markstein in der Entwicklung der neueren orthodoxen Theologie stellt der »Erste Kongress orthodoxer Theologie« dar, der vom 29.11. bis 06.12.1936 in Athen stattfand. Dort fasste der russische Theologe Georges Florovsky in seinem deutschsprachigen Vortrag die Thesen seiner zuvor in russischer Sprache veröffentlichten »Puti russkago bogoslovija« (»Wege der russischen Theologie«) zusammen42. Er trug darin seine kritische Sicht der orthodoxen Theologiegeschichte als Geschichte einer zunehmenden Entfernung und Entfremdung von ihren Ursprüngen vor. Florovsky bezog sich zwar vor allem auf die russische Theologie, viele der von ihm beschriebenen Entwicklungen lassen sich jedoch auch auf die gesamte orthodoxe Theologie übertragen. So ging der Vortrag des Athener Theologen Hamilkar Alivisatos auf dem gleichen Kongress in eine ganz ähnliche Richtung. Er sprach von einer »langen Periode äußeren Niedergangs, die ungefähr bis auf unsere Tage gedauert hat«43. Diese Periode lässt Alivisatos schon mit dem Schisma 1054 beginnen. Sie zeige sich auch in der Entfremdung der verschiedenen orthodoxen Teilkirchen voneinander. Wie Florovsky spricht auch Alivisatos von einer »Überfremdung« der östlichen Theologie durch die westliche. Diese bereits 1936 vorgetragenen Einschätzungen werden später mehr oder weniger zum Allgemeingut kritischer Selbstdarstellungen der orthodoxen Theologie.44 Griechische Theologen sehen insbesondere die griechische Theologie seit der Gründung des modernen griechischen Staates zunehmend kritisch. Florovskys Redeweise von der »Babylonischen Gefangenschaft«, in der sich die orthodoxe Theologie befinde, wird geradezu zum Schlagwort für die negativen Entwicklungen im Laufe ihrer Geschichte. Dennoch kommen Bemühungen, Auswege aus dieser »Gefangenschaft« zu finden, auch nach dem genannten Kongress in Griechenland zunächst nur sehr zögerlich in Gang.

Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas haben sich häufig zu den (Fehl-)Entwicklungen in der neuzeitlichen orthodoxen Theologie geäußert. Sie haben die Ausgangssituation analysiert, prägende Einflussfaktoren benannt und auch Reaktionen und Neuansätze beschrieben, die sie selbst in der Theologie ihrer Zeit wahrnahmen. Unterschiedlich sind allerdings Umfang, Stil und Ziel ihrer Äußerungen. Christos Yannaras setzt sich in nahezu allen seinen Veröffentlichungen intensiv mit dieser Thematik auseinander. Die bewusste Abgrenzung gegenüber westlichem Denken prägt seine theologischen und philosophischen Schriften ebenso wie seine politischen und gesellschaftskritischen. Ioannis Zizioulas schildert diese Entwicklungen vor allem unter theologiegeschichtlichem und ökumenischem Blickwinkel. Bei Panagiotis Nellas erfolgt die Auseinandersetzung eher indirekt und vermittelt im Zuge der Untersuchung einzelner Kirchenvätertexte und deren theologiegeschichtlicher Einordnung oder im Zusammenhang mit gesellschaftlichen oder pädagogischen Fragen seiner Zeit. Da sich also alle drei Theologen intensiv mit den theologiegeschichtlichen Entwicklungen ihrer Tradition auseinandergesetzt haben und diese Analysen den Hintergrund für ihr Denken bilden, wird in der nun folgenden Darstellung vorrangig auf die Darstellungen der drei Theologen selbst zurückgegriffen.45

Die Entwicklung der orthodoxen Theologie bis zum 20. Jahrhundert fasst Joannis Zizioulas im Anschluss an die Thesen Georges Florovskys in vier Punkten zusammen46:

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